Die Debatte um den Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg spaltet derzeit die Berliner Öffentlichkeit. Während die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen den Umbau des ehemaligen Stadions in einen inklusiven Sportkomplex vorantreibt, protestieren Anwohner und Umweltschützer gegen den fortschreitenden Abriss und die damit verbundenen Eingriffe in das grüne Stadtbild.
Ein politischer Beschluss mit weitreichenden Konsequenzen
In einer aktuellen Senatssitzung wurde der Bericht von Christian Gäbler, dem zuständigen Senator, einstimmig angenommen. Er legt den Fahrplan für die Umgestaltung des Areals dar: Die Schadstoffsanierung des imposanten Stadions wurde bereits im zweiten Quartal 2024 abgeschlossen, der Rückbau der Hochbauten begann im vierten Quartal desselben Jahres und der Abriss der Wallanlagen soll zeitnah im zweiten Quartal 2025 starten. Der Neubau ist ab 2026 geplant – ein ambitioniertes Vorhaben, das den Anspruch verfolgt, einen modernen Inklusionspark zu errichten, in dem Kinder, Jugendliche, Sportvereine und Schulen gleichermaßen auf dem Gelände ihre Zukunft finden sollen.
Widerstand aus der Nachbarschaft und vom Naturschutz
Doch nicht alle begrüßen die Pläne des Senats. Bürgerinitiativen wie der „Jahn-Sportpark“ und der Bürgerverein Gleimviertel üben scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Stadtverwaltung. Sie werfen dem Senat vor, gesetzliche Vorgaben zum Artenschutz und einen bereits existierenden Gerichtsbeschluss zum Abrissstopp zu missachten.
Kritiker monieren insbesondere die jüngsten Rodungen, bei denen 30 Bäume und Hecken auf dem Gelände entfernt wurden. Die Vegetation sei jedoch nicht nur ästhetisch wertvoll, sondern diene als Rückzugs- und Nahrungsraum für zahlreiche Vogelarten, darunter auch der schützenswerte Haussperling. Ein vom Senat in Auftrag gegebenes Gutachten hatte bereits vor Jahren die Bedeutung dieses Areals als geschütztes Habitat bestätigt.
„Hier wird nicht nur ein Gebäude abgerissen – hier wird ein Stück Natur und Lebensraum zerstört“, kritisieren Vertreter der Initiativen. Für sie steht die Maßnahme beispielhaft für einen zu einseitig auf ökonomische und sportliche Interessen ausgerichteten Stadtumbau, der den Erhalt historischer und naturnaher Strukturen vernachlässigt.
Sportliche Bedürfnisse versus Naturschutz
Auf der anderen Seite steht der Landessportbund Berlin, der das Projekt als dringend notwendig erachtet. Zahlreiche Sportvereine, Schulen und sogar namhafte Institutionen wie Alba Berlin und Pfeffersport setzen auf eine moderne Sportinfrastruktur, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Für die Befürworter des Projekts hat der Umbau auch einen sozialen Aspekt: Der geplante Inklusions-Sportpark soll barrierefrei gestaltet sein und Menschen mit und ohne Behinderung die gleiche Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen.
Die Herausforderung besteht jedoch auch in der finanziellen Umsetzung. Mit einem Budget, das deutlich unter 250 Millionen Euro bleiben soll, steht die Planungsgruppe vor der schwierigen Aufgabe, zwischen einer verkleinerten Stadionkonstruktion oder einer Reduktion der vorgesehenen Sportstätten zu wählen. Beide Optionen bergen Risiken: Eine geringere Stadiongröße würde dem sportlichen Anspruch widersprechen, wohingegen ein eingeschränkter Funktionsumfang des Parks die inklusive Komponente des Projekts gefährden könnte.
Blick in die Zukunft
Die Entwicklungen am Jahn-Sportpark sind exemplarisch für einen größeren Trend in der urbanen Entwicklung: Einerseits wächst der Anspruch, historische und grüne Stadträume zu erhalten, andererseits drängen moderne Anforderungen und soziale Bedürfnisse auf eine Neugestaltung vor. Die Entscheidung, ob der Jahn-Sportpark zu einem Symbol für städtebauliche Innovation oder zu einem Mahnmal für den Verlust urbaner Lebensqualität wird, liegt in den Händen der Verantwortlichen – und in dem Widerstreit zwischen Fortschritt und Bewahrung.
Während der Abriss der alten Strukturen unvermindert fortschreitet, bleibt abzuwarten, ob und wie die Konflikte zwischen Naturschutz, Denkmalschutz und den Interessen der Sportgemeinschaften gelöst werden können. Die Spannung in Prenzlauer Berg steigt, und die öffentliche Debatte verspricht, in den kommenden Monaten noch hitziger zu werden.