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Das „Grüne Haus“ der DDR: Soziale Sicherheit als fragwürdiges Versprechen

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Berlin, Deutschland – Die Deutsche Demokratische Republik, die vor fast 35 Jahren von der Bildfläche verschwand, versprach ihren Bürgern soziale Sicherheit „wie in einem Grünhaus“. Der Staat, das Sozialwesen, Handelsbündnisse und Betriebe kontrollierten weite Teile des Lebens der Menschen. Doch hinter den Garantien eines sozial sicheren Lebens verbargen sich auch massive wirtschaftliche Probleme, fehlende Korrekturfähigkeit und eine „Illusion des Plans“, die das System letztlich zum Scheitern verurteilte.

Das Versprechen der umfassenden Fürsorge
Die Sozialpolitik der DDR durchzog nach eigener Auffassung „alle gesellschaftlichen Bereiche“. Sie beruhte auf dem Verfassungsanspruch von 1968, wonach „der Mensch im Mittelpunkt aller Bemühungen“ stand und jeder Bürger das „Recht auf Schutz seiner Gesundheit und Arbeitskraft“ sowie auf „Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei Invalidität“ hatte. Für viele ehemalige Bürger gehörten dazu der sichere Arbeitsplatz, ein starkes Arbeitskollektiv, kulturelle Beziehungen und ein sozial sicheres Leben.

Einige der konkreten Vorteile waren:

• Bezahlbarer Wohnraum und Wohnungsbauprogramm: Die DDR setzte sich zum Ziel, bis 1990 die Wohnungsfrage als soziale Frage zu lösen. Das Wohnungsbauprogramm wurde als „Kernstück des sozialpolitischen Programms“ betrachtet, da es zutiefst die Familie berührte und auf ein glückliches Familienleben abzielte. Obwohl 3 Millionen neue Wohnungen geplant waren, wurden nur 2 Millionen gebaut, die aber als 3 Millionen abgerechnet wurden.

• Kinderbetreuung und Bildung: Kostenlose Kindergärten und Krippen waren Standard, und der Ausbildungsplatz war sicher. Die Kinder waren in Betriebskindergärten und wurden in Betriebsferienlagern betreut, oft lernten sie später im Betrieb ihrer Eltern.

• Subventionierte Lebensmittel und Dienstleistungen: Essen im Betrieb kostete nur 1,20 Mark pro Tag, der Rest wurde gestützt. Ferienlagerplätze an der Ostsee kosteten für zwölf Tage nur zwölf Mark, bei mehreren Kindern reduzierte sich der Preis weiter, ab fünf Kindern war der Aufenthalt kostenlos. Lebensmittel wie Brot waren „viel zu billig“.

• Gesundheitswesen: Bürger hatten das Recht auf Schutz ihrer Gesundheit und Arbeitskraft. Man konnte mit dem Versicherungsausweis „ohne große Umwege tatsächlich gleich bis in die Facharztbereiche vordringen“ und bekam dort kostenlos Rat und Hilfe. Medikamente und regelmäßige Untersuchungen inklusive Röntgen und Impfungen waren ebenfalls kostenlos. Das Engagement des Personals war trotz materiell-technischer Begrenzungen sehr hoch.

• Kredite für junge Eheleute: Es gab zinslose Kredite von 5.000 Mark, die bei jedem Kind weiter reduziert wurden und ab drei Kindern komplett erlassen wurden. Dies sollte Anreize für Kinder schaffen.

Der allgegenwärtige Einfluss der Betriebe
Die Betriebe spielten eine zentrale Rolle im Leben der Menschen und waren „von der Wiege bis zur Bahre für alles verantwortlich“. Sie halfen bei Familienproblemen, der Wohnungssuche, der Pflege von Angehörigen, der Erfüllung von Wünschen bis hin zum „Trabant“. Wenn es Eheprobleme oder Alkoholprobleme gab, sollte das Kollektiv helfen, „zusammenzuhalten“ oder zu „erziehen“. Wohnungsbaugenossenschaften waren meist betrieblich organisiert.

Schattenseiten der Utopie: Mangel, Kontrolle und Ungleichheit
Trotz der umfassenden sozialen Leistungen stieß das System an seine Grenzen und offenbarte tiefgreifende Widersprüche:

Wirtschaftliche Unsicherheiten: Die Frage, ob die Ökonomie den großen Wohlfahrtsbedarf halten konnte, stand immer im Raum. Die „Einheit von Wirtschaft und Sozialpolitik“ unter Honecker, die auf die Lösung der Wohnungsfrage abzielte, passte nachher nicht mehr mit der Produktion überein. Die Sozialpolitik wurde „immer mehr zulasten der Sozialpolitik“ betrieben, da die Wirtschaftspolitik nicht mehr die Voraussetzungen schuf. Die Verschuldung stieg in den Jahren 1972 bis 1978 um über 10 Milliarden und brachte das Land in den Ruin.

Mangel und Subventionierung: Trotz offiziell verkündeter Planerfüllung und Übererfüllung gab es oft „nichts zu kaufen oder dann schwer was zu beschaffen“. Die Preisstabilität wurde durch massive Subventionen erkauft, was dazu führte, dass Güter wie Gurken billiger verkauft wurden, als sie vom Bauern eingekauft wurden. Diese Subventionspolitik war auf Dauer nicht tragbar; die Zuschüsse für den Wohnungsbau stiegen von 8 Milliarden Anfang der 70er Jahre auf 38 Milliarden zum Ende hin. Viele erkannten die Unlogik dieses Systems.

Fehler und fehlende Korrektur: Trotz des Anspruchs, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, gab es „Fehler, die nicht korrigiert wurden“, auch in der Medizin und anderen gesellschaftlichen Bereichen.

Geringe Renten und Altenpflege: Die Renten waren „sehr niedrig“ und „viel zu niedrig“ für Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet hatten. Rentner arbeiteten oft länger als bis 65 Jahre. Die Plätze in Altersheimen waren extrem begrenzt; für 130.000 Plätze kämpften 3 Millionen Rentner. Oft handelte es sich um alte Kasernen, Schlösser oder Schulen, die umfunktioniert wurden. Ein Großteil der Rente der Bewohner wurde einbehalten, um die Plätze zu finanzieren. Rentner, die in den Westen reisen durften, wurden von der Regierung als Entlastung der eigenen Finanzen betrachtet.

Indoktrination und fehlende Wahlfreiheit: Der „Ausschließlichkeitsanspruch dieser Gesellschaft“ stieß auf Ablehnung. Die gesellschaftliche Einordnung von Frauen, die „nur Kinder großziehen“ wollten, als weniger wertvoll als berufstätige Frauen, wurde rückblickend als „Dummheit“ bezeichnet. Die Pille wurde als „glücksbringend“ angepriesen, was zu einer Überbetonung der weiblichen Sexualität führte, die heute kritisch gesehen wird. Die Arbeit im Gesundheits- und Sozialbereich für Menschen mit Behinderung war völlig neu für die Diakone nach dem Krieg.

Privilegien und ungleiche Behandlung: Entgegen dem propagierten Gleichheitsprinzip gab es im Gesundheitswesen deutliche Bevorzugungen. Mitglieder des Politbüros, hohe Parteifunktionäre, aber auch Opfer des Faschismus genossen „alle erdenklichen Behandlungsvorzüge“. Auch ehemalige Polizisten oder Staatsanwälte sowie Künstler hatten bessere Renten.

Der Preis der Sicherheit
Die soziale Sicherheit in der DDR führte bei vielen zu dem Gefühl, dass Leistungen „geschenkt“ wurden, unabhängig von der eigenen Leistung, was zu einer geringeren Wertschätzung führte. Die „harten Arbeit von Millionen von Menschen“ konnte das System nicht aufrechterhalten, das letztendlich bankrottging [aus vorheriger Konversation]. Der Staat musste sich „woanders wiedererholen“, indem er hohe Preise für Luxusartikel wie Autos und Fernseher verlangte.

Das Erbe der DDR-Sozialpolitik ist komplex. Während viele die Vorteile der sozialen Absicherung schätzten, wurde der Preis – der Mangel, die Kontrolle und die fehlende Nachhaltigkeit – von anderen als unerträglich empfunden. Die „Illusion des Plans“ und die „Lüge über sich selbst“ (aus vorheriger Konversation) führten dazu, dass die umfassenden sozialen Versprechungen auf einem Fundament gebaut wurden, das dem Druck der Realität nicht standhalten konnte.

Die Illusion des Plans: Warum die DDR-Wirtschaft eine „gescheiterte Utopie“ war

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Berlin, Deutschland – Fast 35 Jahre nach dem Ende der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bleibt die Erinnerung an ihre Planwirtschaft ein komplexes und oft schmerzhaftes Kapitel. Was in den Köpfen vieler ehemaliger Bürger haften geblieben ist, lässt sich mit einem einzigen Wort zusammenfassen: „Scheiße“. Die ehrgeizige Vision einer sozialistischen Wirtschaft, die das Individuum vom „Lohnsklaven“ zum „Kern seines eigenen Schicksals“ machen sollte, scheiterte letztlich an ihrer mangelnden Realitätstauglichkeit und ideologischer Verblendung. Es war der Versuch einer „Utopie“, die nicht „geklappt hat“.

Die Geburt einer Zwangswirtschaft im Schatten Moskaus
Die Weichen für die ökonomische Sonderentwicklung der DDR wurden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gestellt. Obwohl die Potsdamer Konferenz 1945 Deutschland als einen „einzigen ökonomischen Bereich“ definierte, zerstörte der Kalte Krieg schnell diese Ansätze einer gesamtdeutschen Wirtschaftsverbindung. Im Osten wurden Privatbanken, Sicherheitsfirmen und die Großindustrie verstaatlicht, und die Agrarreform führte zur Enteignung großer Landwirte. Dies war der entscheidende Schritt zur Übernahme des sowjetischen Wirtschaftssystems.

Die DDR wurde gezwungen, eine Schwerindustrie ohne die traditionellen Zugänge zu Rohstoffen und Energieressourcen aufzubauen. Stattdessen musste sie sich auf die „ökonomisch schwächeren Partner“ des 1949 gegründeten Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW/COMECON) stützen.

Bis 1953 hemmten drastische Konfiskationen von Werkzeugen und hohe Reparationszahlungen den wirtschaftlichen Aufschwung erheblich. Die Abhängigkeit von der Sowjetunion war allgegenwärtig: Wirtschaftspläne mussten zur Genehmigung nach Moskau geflogen werden, und die „Sowjetische Kontrollkommission“ gab „Unterweisungen“, wie sich die DDR in Zukunft entwickeln sollte. Die Wismut AG, die Uran für die sowjetische Atomindustrie förderte, blieb vollständig in sowjetischer Hand. Die DDR hatte weder eine eigene „externe noch interne Wirtschaftspolitik“, sondern war von Anfang an ein „vollständig integrierter Teil des Sowjetischen Imperiums“.

Der Plan als Dogma: Mangelwirtschaft und Realitätsverlust
Das Herzstück der DDR-Wirtschaft war die zentrale Planwirtschaft mit staatlich festgelegten Preisen. Diese Preise spiegelten jedoch nicht den tatsächlichen Wert der Produkte wider und führten zu massiven Verzerrungen. Die Ost-Mark war außerhalb der Landesgrenzen wertlos, und es herrschte ein chronischer Mangel an Devisen.

Der Alltag war geprägt von „Bückware“ und der Schwierigkeit, begehrte Güter zu erhalten. Produktivität und Leistung sollten durch Vorbilder wie den Bergarbeiter Adolf Hinniker, der die Erfolge des sowjetischen Stachanow übertraf, gesteigert werden. Doch die Realität sah anders aus: Fritz Schenk, ein späterer Staatssekretär für Wirtschaft, erlebte 1952 in der Staatlichen Plankommission, wie Minister und Behördenchefs täglich über Materialmangel und fehlende Investitionen klagten. Bruno Leuschner, der Leiter der Plankommission, erklärte ihm, dass diese Briefe nur dazu dienten, die Minister „zu decken“. Er selbst wisse, dass weder Material noch Geld vorhanden sei, aber der Plan sei „Gesetz“, und er werde nicht geändert. Viele dieser schwerwiegenden Sorgen blieben unbeantwortet oder landeten im Reißwolf.

Die kollektive Landwirtschaft, die 1960 abgeschlossen wurde, wurde in den Wochenschauen als Erfolg dargestellt, während Tausende von Bauern in den Westen flohen und die Ernteausfälle des Folgejahres verschwiegen wurden. Die Produktion orientierte sich an den Planvorgaben statt an den Bedürfnissen der Menschen: So wurden Miniröcke weiter produziert, auch wenn längere Säume gefragt waren, weil man aus einer gegebenen Stoffmenge mehr Miniröcke herstellen konnte. Dies zeigt, wie ideologisierte Planung dazu führte, dass die Verantwortlichen lediglich „aufgeschrieben“ haben, „was zu tun ist“, aber niemand sagte, „wie es zu tun ist“.

Gescheiterte Reformen und die Ära Honecker
In den 1960er Jahren, nach dem Bau der Berliner Mauer und der Stabilisierung der Wirtschaft, gab es unter Walter Ulbricht überraschende Reformversuche. Das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ (NÖSPL), dessen Architekt Professor Herbert Wolf war, sollte die Planwirtschaft „demokratisieren“ und „Regulatoren des Marktmechanismus“ einbeziehen. Ulbricht, bekannt als „alter Bolschewik“ und „Stalinist“, begann Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre selbst zu zweifeln, ob das bestehende System zum Ziel führen konnte, und war „durchaus fähig zur Veränderung“, um sein sozialistisches Ziel zu erreichen.

Doch diese Öffnung war nur von kurzer Dauer. Mit dem Machtwechsel von Ulbricht zu Erich Honecker im Jahr 1971 war die Losung „keine Experimente“. Professor Wolf wurde von seinen Aufgaben entbunden und zum Schweigen gebracht. Das „Prager Frühling“ hatte die politischen Konsequenzen von Wirtschaftsreformen aufgezeigt, und die Partei wollte eine solche Entwicklung in der DDR verhindern. Gunther Mittag, ursprünglich ein Reformer, wurde zum „Diktator einer nunmehr streng zentralisierten Wirtschaft“.

Die Honecker-Ära sah 1972 die Nationalisierung der letzten 11.000 privaten und semiprivaten Industriefirmen sowie 1.500 Handelskooperativen. Werbetreibende wie Werner Muck, dessen Polstermöbelfabrik 200 Mitarbeiter hatte und erfolgreich war, erlebten die Nationalisierung als persönlichen Verlust. Honecker wollte aus ideologischen Gründen, im Einklang mit Lenins These, dass Kleinwarenproduktion immer wieder Neukapitalismus hervorbringe, einen „reinen Sozialismus“ erreichen. Doch die Nationalisierung führte nicht zu einer schnelleren Entwicklung, sondern im Gegenteil zum Stillstand. 1976 wurden Industrieunternehmen zu riesigen „Kombinaten“ zusammengefasst, was die zentrale Planung zwar erleichterte, aber Wettbewerbsfähigkeit und die Bekämpfung des Devisenmangels nicht verbesserte.

Der Abstieg: Ölkrise, Umweltzerstörung und die Lügen der Führung
In den 1980er Jahren verschärften sich die Probleme dramatisch. 1981 kürzte die Sowjetunion unerwartet ihre jährlichen Öllieferungen von 19 auf 17 Millionen Tonnen. Honecker sah die Existenz der DDR in Gefahr. Die Sowjetunion brauchte dringend Devisen und verkaufte Öl an den Westen. Die DDR musste schnell auf Braunkohle umstellen, was zu enormen Umweltbelastungen und der höchsten Schwefeldioxidproduktion Europas führte.

Ein zweiter Schock folgte 1981, als internationale Banken aufgrund der polnischen und rumänischen Insolvenz alle DDR-Vermögen einfroren. Um Devisen zu sparen, wurden westliche Importe „unter die Schmerzgrenze“ reduziert. Eine wichtige Lebensader war der Handel zwischen den beiden deutschen Staaten, der ohne Devisen verrechnet wurde und durch Millionenzahlungen der Bundesrepublik ab den 70er Jahren ergänzt wurde. Franz Josef Strauß vermittelte in den Jahren 1983 und 1984 sogar Kredite in Höhe von 2 Milliarden Mark, die die DDR vor einem drastischen Absinken des Lebensstandards bewahrten und ihre internationale Kreditwürdigkeit wiederherstellten.

Die Arbeitsproduktivität sank rapide und erreichte 1983 nur noch 50 % des Westniveaus. Wirtschaftsdaten wurden zunehmend als Verschlusssache behandelt. Als 1986 der Ölpreis auf dem Weltmarkt abstürzte, verlor die DDR ein Drittel ihrer wichtigsten Deviseneinnahmen aus Erdölprodukten. Trotzdem hielt die Führung an einer „extravaganten Subventionspolitik“ für Prestigezwecke fest, die über 40 % des Staatshaushalts verschlang. Dazu kamen die Kosten für Militär und die „absurde Überwachung der Menschen und die Mauer“.

Konsumenten hatten Geld, aber kaum etwas Lohnenswertes zu kaufen. Der Intershop entwickelte sich zum „Abfluss- und Entsorgungssystem“ für Westwährung. Absurde Projekte wie ein nicht funktionierendes Warmbandwalzwerk in Eisenhüttenstadt, das 600 Millionen Mark verschlang, oder ein teures, aber letztlich erfolgloses Mikroelektronikprogramm, das durch Spionage gestützt wurde, demonstrierten das Scheitern.

Die „Lüge über sich selbst“ war das Kernproblem [Quelle aus vorheriger Konversation]. Führungspersönlichkeiten wie Gunther Mittag glaubten seit Mitte der 1960er Jahre nicht mehr an den Sieg des Sozialismus, verkündeten aber noch Wochen vor dem Mauerfall dessen Fortschritt. Dieses „betrügerische“ und „kriminelle Verhalten“ gegenüber den Bedürfnissen der Bevölkerung ist „unerhört“.

Die DDR, das „Kind des Kalten Krieges“, brach zusammen, als der „Kampf der Systeme“ entschieden war. Trotz der „harten Arbeit von Millionen von Menschen“ ging die Planwirtschaft bankrott, und ihre „laut verkündeten Leistungen fanden meist nur auf dem Papier statt“. Das Erbe ist das einer Nation, die mit „zwei Seelen“ in der Brust die Erinnerung an eine „gescheiterte Utopie“ weiterträgt.

Der geteilte Weg: Eine Nation im Schatten der Sowjetunion

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Berlin, Deutschland – Die Gründung zweier deutscher Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg markierte den Beginn einer Ära, die für Millionen Menschen im Osten Deutschlands von tiefgreifenden Hoffnungen, aber auch von bitteren Enttäuschungen und systematischer Kontrolle geprägt war. Fast 35 Jahre nach dem Fall der Mauer blicken wir zurück auf die Ursprünge und die prägenden Jahre der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), die als „antifaschistisch-demokratische Republik“ entstehen sollte, jedoch schnell den Weg in ein eng von der Sowjetunion gesteuertes System fand.

Die Geburt eines sozialistischen Staates unter sowjetischem Einfluss
Nach der Zerstörung Nazideutschlands und der Teilung in Besatzungszonen waren es die sowjetischen Kräfte, die rasch damit begannen, ihr eigenes politisches System zu installieren. Schon wenige Wochen nach der bedingungslosen Kapitulation erließ die sowjetische Militäradministration die Order Nr. 2, die den ersten Schritt zu einem traditionellen Parteiensystem in ihrer Zone darstellte. Prominente deutsche Kommunisten wie Walter Ulbricht, aus dem Moskauer Exil zurückgekehrt, hatten klare Anweisungen: Berlin sollte mit kommunistischen Schlüsselpositionen besetzt werden, während das Ganze „demokratisch aussehen“ sollte.

Die Gründung einer überkonfessionellen Partei, die schließlich zur Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) am 21. und 22. April 1946 führte, war von großen Hoffnungen begleitet. Viele, wie ein damaliger Dozent der SED-Parteihochschule, erhofften sich eine „neue, eigenständige, demokratische, sozialistische Partei“, die die „militante Kampfbereitschaft der Kommunisten mit den demokratischen Traditionen der Sozialdemokraten“ vereinen sollte. Doch diese Hoffnungen wurden schnell zunichtegemacht.

Schon 1949 floh der Dozent, da er erkannte, dass die SED „genau das Gegenteil geworden von dem, was ich mir bei der Gründung erhofft hatte“. Die SED entwickelte sich „unbedingt zu dem sowjetischen Modell eingeschränkt“, geprägt von einem „unerträglichen Stalin-Kult“ und der „Verfolgung aller Menschen, die irgendeinen selbstständigen Gedanken hatten“.

Repression, Schauprozesse und der 17. Juni 1953
Der Antifaschismus, einst ein Gründungsimpuls, wurde zu einem „ideologischen Instrument für stalinistische Politik“. Nicht nur Kriegsverbrecher, sondern auch „jeder, der eine wirkliche oder potenzielle Opposition traf“, wurde verhaftet. Deutsche Kommunisten denunzierten bereitwillig Personen, die in das „Schema passten“. In Lagern wie Mühlberg wurden Tausende ohne Haftbefehl festgehalten, isoliert von der Außenwelt, viele ohne je ein Tribunal gesehen oder verurteilt worden zu sein. Ein Zeitzeuge beschreibt ein solches Urteil als „Fernurteil aus Moskau“, bei dem Gruppen zum Tode verurteilt und später zu langjährigen Zuchthausstrafen begnadigt wurden.

Eine „seltsame Mischung aus Furcht und Faszination, aus Opportunismus und Optimismus“ prägte die Atmosphäre. Während auf der einen Seite Angst vor der sowjetischen Besatzungsmacht herrschte, entstand auf der anderen die Hoffnung auf ein neues Weltbild, befreit vom Nazismus.

Die Spannungen entluden sich am 17. Juni 1953. Proteste von Arbeitern gegen „überdrehte Ziele“ eskalierten in ganz Ost-Berlin und anderen Wirtschaftszentren. Die SED-Führung, „führerlos“ und „nicht in der Lage, ihrer Aufgabe gewachsen“, suchte Rettung bei den sowjetischen Verteidigern. Justizminister Max Fechner, der die Demonstrationen als verfassungskonform erklärte, wurde verhaftet und von Hilde Benjamin verantwortlich gemacht. In dieser Zeit der Isolation und Schwäche des Regimes wurde „Paranoia“ zur Norm, und es entstand ein ausgedehntes Sicherheitsnetz: die Umwandlung der Volkspolizei in eine paramilitärische Truppe, die Schaffung des Staatssicherheitsdienstes (Stasi) und der Arbeiter-Kampfgruppen, die darauf trainiert wurden, „auf den europäischen Feind zu kämpfen“. Für manche Zeitzeugen führte all dies zur Vision einer „uniformierten Gesellschaft“.

Der „Antifaschistische Schutzwall“: Die Mauer
Ein einschneidendes Ereignis war der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961. Nur wenige Jahre zuvor hatte Walter Ulbricht öffentlich beteuert: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer aufzurichten“. Doch die Realität sah anders aus. Seit ihrer Gründung hatten 2,7 Millionen Menschen die DDR verlassen. Die Mauer sollte diesen Abfluss stoppen und die Wirtschaft stabilisieren. Für viele bedeutete sie das „Anfang von einem Leben in einer Gefängnisgesellschaft“. Das Land war nun „architektonisch abgeschnitten“.

Dennoch führte der Mauerbau paradoxerweise zu einer gewissen Stabilisierung der DDR. Die Menschen mussten sich auf ein Leben in diesem Staat einrichten, was sich in Arbeitsmoral und -produktivität niederschlug. Es entwickelte sich ein „Staatsbewusstsein“ – die DDR als ein deutscher, selbstständiger Staat.

Auf dem Weg zur internationalen Anerkennung
Trotz oder gerade wegen der Isolation strebte die DDR nach internationaler Anerkennung. Bei der Genfer Konferenz 1959 saß die DDR-Delegation erstmals, wenn auch „am Katzentisch“, mit den Außenministern der Großmächte zusammen – ein „besonders hohes Gefühl des Erreichten“. Sportliche Erfolge spielten eine große Rolle, um die DDR „ins größere Gespräch und in Sichtweite“ der internationalen Gemeinschaft zu bringen und die Hallstein-Doktrin zu untergraben.

Ab 1969 kam es mit der Ostpolitik zu einer Annäherung zwischen den beiden deutschen Staaten. Der Grundlagenvertrag von 1972 regelte „das Verhältnis der beiden deutschen Staaten grundsätzlich“ und legte die Basis für menschliche Erleichterungen. 1973 wurden beide deutschen Staaten, die BRD und die DDR, schließlich als 133. und 134. Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen. Trotzdem betonte die Bundesrepublik die Idee von „zwei Staaten, einer Nation“, während die DDR auf ihre volle Souveränität pochte.

Erich Honecker, der nach einer Absprache im sowjetischen Botschaftsgebäude 1971 Ulbricht als Generalsekretär ablöste, ließ 1974 die Phrase „deutsche Nation“ aus der Verfassung entfernen, ein weiterer Schritt zur Abgrenzung und Festigung der eigenständigen Identität der DDR.

Die Geschichte der DDR ist eine Geschichte von Gegensätzen: Von anfänglichen Hoffnungen auf eine gerechte Gesellschaft bis hin zur harten Realität eines Überwachungsstaates, von der erzwungenen Isolation durch die Mauer bis zum erfolgreichen Streben nach internationaler Anerkennung. Sie bleibt ein komplexes Kapitel deutscher Geschichte, das bis heute nachwirkt.

Zwei Seelen in einem Land: Ein Blick auf das Erbe der DDR

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Berlin, Deutschland – Fast 35 Jahre nach ihrem Ende ringt die ehemalige Deutsche Demokratische Republik (DDR) weiterhin mit ihrer komplexen und oft widersprüchlichen Geschichte, die in den Herzen vieler ihrer ehemaligen Bürger nachlebt. Das Gefühl, in sich „zwei Seelen“ zu tragen – eine tiefe Verbundenheit mit dem einstigen Vaterland und gleichzeitig die Erkenntnis seiner Schattenseiten – prägt das Gedächtnis einer ganzen Generation.

Die Geburt einer Nation im Schatten der Besatzung
Die Gründung der DDR im Jahr 1949 war die Folge eines verlorenen Zweiten Weltkriegs, der Deutschland in Ruinen hinterließ. Nach der Zerstörung Nazideutschlands und der Besetzung durch die Siegermächte – insbesondere die Sowjetunion, die einen hohen Preis bezahlt hatte – entstand auf ostdeutschem Boden ein sozialistischer Staat. Anfänglich hegten viele große Hoffnungen, Teil einer Weltbewegung zu sein, die eine gerechtere Gesellschaft anstrebte. Doch von Anfang an war die DDR tief in sowjetische Strukturen eingebunden; Entscheidungen wurden oft in Moskau getroffen, und die Wirtschaft war eng an die Bedürfnisse der Sowjetunion geknüpft.

Wirtschaftliche Zwänge und politische Repression
Die Vision eines planmäßigen Aufbaus des Sozialismus stieß schnell an Grenzen. Trotz der Bemühungen, eine Schwerindustrie aufzubauen, wie in Eisenhüttenstadt, war die DDR wirtschaftlich nicht selbstständig lebensfähig und litt unter geringer Arbeitsproduktivität und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland. Der forcierte Gigantismus und die Missachtung ökonomischer Gesetze führten zu gefälschten Bilanzen und einem wachsenden Schuldenberg.

Parallel zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten entwickelte sich ein System der politischen Unterdrückung. Die Hochphase des Stalinismus prägte die frühen 1950er Jahre. Der 17. Juni 1953, als Unzufriedenheit in Aufstände mündete und sowjetische Panzer intervenierten, zeigte die Grenzen der Toleranz des Regimes auf. Kritische Stimmen, selbst aus den eigenen Reihen wie die Anhänger des reformorientierten Karl Schirdevan und Industrieminister Selbmann, wurden als „Revolutionisten politischer Unkultur“ oder „Kontra-Revolutionäre“ abgestempelt und verfolgt.

Ein markantes Beispiel ist der Fall Richard Bayer, der 1955 in einem Schauprozess wegen angeblicher Spionage für den amerikanischen Radiosender RIAS zu 13 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Die Urteile wurden dabei oft bereits vor dem Prozess festgelegt, bis hin zu Todesurteilen, die in politischen Prozessen gefällt und ausnahmslos vollstreckt wurden. Die Staatssicherheit, unter anderem repräsentiert durch Hilde Benjamin, spielte eine zentrale Rolle bei der Überwachung und Disziplinierung der Bevölkerung.

Der „Antifaschistische Schutzwall“ und seine Folgen
Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 war für viele ein Wendepunkt und das „Anfang von einem Leben in einer Gefängnisgesellschaft“. Aus Sicht der DDR-Führung war die Mauer eine „Notwendigkeit“, um den Abfluss von „Leitern, Intelligenz, Ingenieure, Ärzte, Wissenschaftler“ zu stoppen und die Wirtschaft zu stabilisieren. Für Familien wie die von Thorsten, dessen lebensnotwendige Medikamente aus West-Berlin plötzlich unerreichbar wurden, bedeutete sie eine brutale Trennung und die Zerstörung von Existenzen. Wer zu fliehen versuchte, riskierte Gefängnisstrafen oder den Freikauf durch die Bundesrepublik.

Dennoch empfanden viele, die in der DDR aufwuchsen, die Mauer als Normalität und hinterfragten sie nicht immer direkt. Der Stolz auf das eigene Land zeigte sich bei sportlichen Erfolgen, wenn die DDR-Flagge gehisst und die Nationalhymne gespielt wurde. Ein NVA-Offizier bekräftigte, er hätte im Ernstfall für seinen Staat gekämpft und „den Finger krumm gemacht“, da er von der Feindseligkeit der Systeme überzeugt war.

Alltagsleben und versteckte Kritik
Das Leben in der DDR war von einer Mischung aus sozialer Absicherung und Mangelwirtschaft geprägt. Billiges Wohnen, kostenlose Kindergärten und Schulen sowie eine gute medizinische Versorgung wurden von vielen als Vorzüge empfunden. Doch es fehlte an Gütern. „Bückware“ wie Schweinefilet oder bestimmte Wurstsorten waren begehrt und nur mit „Beziehungen“ oder viel Glück erhältlich.

Künstler fanden Wege, innerhalb der strengen Grenzen Kritik zu äußern. Die Bildende Kunst genoss oft größere Freiheiten, und auch in der Musik wurden „verschlüsselte Botschaften“ in die Werke gelegt, die vom Publikum verstanden wurden. Der satirische „Ziegenbart“-Spruch in einem Verlagskalender, der Walter Ulbricht verspottete, führte jedoch zu Druckgenehmigungsentzug und damit zur praktischen Einstellung der Produktion.

Die offizielle Jugendpolitik verlangte Solidarität mit Partei und Regierung. Doch die jungen Leute sehnten sich nach Demokratie, Meinungs- und Reisefreiheit.

Der Fall der Mauer und das Ende einer Ära
In den 1980er Jahren verschärften sich die Probleme. Die Rohöllieferungen aus der Sowjetunion wurden gekürzt, und immense Umweltschäden durch die Verbrennung schlechter Kohle trugen zur Krise bei. Gleichzeitig genossen die Politprominenz in Orten wie der Waldsiedlung Wandlitz Privilegien, die für die normale Bevölkerung unerreichbar waren – von bewachten Wohnanlagen bis zu ständig verfügbaren Luxusgütern.

Die „Ausreisewelle“ eskalierte 1984, und die Schikanen gegen Übersiedlungswillige nahmen zu. Die Forderung nach Beendigung der deutschen Zweistaatlichkeit wurde lauter. Schließlich zerfiel das System: „Die DDR ist an der Lüge über sich selbst zugrunde gegangen“. Der 9. November 1989 markierte das dramatische Ende, als „Befehle im Grunde genommen aus dem Westfernsehen“ kamen und die Grenzübergangsstellen geöffnet wurden.

Das Erbe der DDR bleibt vielschichtig. Viele ehemalige Bürger tragen das Gefühl in sich, „missbraucht worden“ zu sein, nicht für die Sache, an die sie glaubten, sondern „um die Macht Einzelner zu erhalten“. Während einige die Sicherheit und die sozialen Leistungen vermissen, sehen andere die Freiheit als unbezahlbar an. Die „Mahn- und Versöhnungsstätte an die deutsche Einheit“ fordert: „Schaut auf die Vergangenheit, sie darf sich niemals wiederholen“. Das Land bleibt eine Reise wert, doch die Erinnerung an seine Geschichte ist eine mit „zwei Seelen“ in der Brust.

Kuba: Wo die Zeit stehengeblieben ist – Leben im „gelebten Sozialismus“

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Havanna, Kuba – Rostige Oldtimer aus den 1950er Jahren, zerfallene Ruinen und tägliche Stromausfälle prägen das Bild Kubas, einer Insel, auf der die Zeit seit 60 Jahren fast völlig stillzustehen scheint. Zwischen Traumstränden und lebensfrohen Menschen entfaltet sich hier eine Realität, in der der staatliche Monatslohn von etwa 15 Euro kaum für Grundnahrungsmittel reicht und Ladenregale oft leer bleiben. Kuba gilt als eine der letzten großen Bühnen des real existierenden Sozialismus, regiert von der Kommunistischen Partei als einziger zugelassener Partei, die fast alle Lebensbereiche kontrolliert.

Ein Alltag voller Mangel und Improvisation
Die 10 Millionen Einwohner der größten Karibikinsel, mit der Hauptstadt Havanna, leben in einer Umgebung, die wie aus einem anderen Jahrhundert wirkt. Häuserfassaden sind verbarrikadiert, Gebäude sind Ruinen, in denen noch Menschen wohnen, und abgebrochene Gebäudeteile werden kreativerweise als Balkone genutzt. Die Kunst des Improvisierens ist tief in der kubanischen Mentalität verankert, erkennbar an fehlenden Autoteilen, Tauschhandel mit Lebensmitteln oder selbstgebauten Lampen aus Autobatterien.

Der Großteil der Autos sind Oldtimer – sowohl amerikanische als auch sowjetische Marken wie Lada oder Moskvich – die oft mit platten Reifen und offenen Fenstern am Straßenrand stehen. Moderne Autos sind eine Seltenheit und können sich nur die Allerreichsten leisten. Tanken ist extrem kompliziert: Für die breite Masse gibt es Benzin nur nach Terminreservierung, während an „Reichentankstellen“ in US-Dollar bezahlt wird und der Liter Benzin drei- bis viermal so viel kostet. Viele Autos bleiben mitten auf Kreuzungen liegen, weil der Tank leer ist oder es andere Probleme gibt.

Wirtschaftliche Herausforderungen und Schwarzmärkte
Ein Großteil der Kubaner arbeitet für den Staat, wobei der durchschnittliche Monatslohn im Jahr 2024 bei etwa 5800 Pesos lag, umgerechnet knapp 15 Euro. Dieser Lohn reichte früher zum Leben, heute kaum noch für ein paar Kilo Fleisch. Viele suchen sich daher Nebenverdienste im Tourismus; so verdient ein Taxifahrer mit einer einzigen Fahrt vom Flughafen in die Stadt mehr als ein Arzt im Monat. Überleben sichern auch Geldsendungen von ausgewanderten Kubanern.

Der offizielle Wechselkurs zwischen US-Dollar und kubanischem Peso wird künstlich stabil gehalten und ist nahezu wertlos. Auf dem Schwarzmarkt hingegen erhält man fast das Vierfache des offiziellen Kurses, weshalb fast jeder sein Geld dort wechselt, oft bei Taxifahrern oder Hotelpersonal.

Die Ladenregale stehen leer, und die Schlangen vor Apotheken, Banken und Tankstellen sind endlos. Das US-Embargo, das seit über 60 Jahren besteht, lähmt Kubas Wirtschaft massiv und trägt maßgeblich zu den leeren Apothekenregalen bei. Viele Medikamente sind nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich.

Auch der Kauf von Lebensmitteln ist schwierig. Die staatlichen „Bodegas“ geben Essen zu symbolischen Preisen aus, wie Reis für 6 Pesos, während er auf dem Schwarzmarkt 300 Pesos kostet – das Fünfzigfache. Jeder Bewohner hat ein „Libreta“ (Heftchen) mit festgelegten monatlichen Mengen zum Abholen, doch diese reichen kaum zum Überleben. Viele weichen auf teure Importshops oder kleine private Läden aus. Sogar Coca-Cola wird aufgrund des Embargos offiziell nicht verkauft; stattdessen gibt es die kubanische Eigenmarke „TuKola“.

Infrastruktur und Information im Wandel
Die Stromausfälle passieren täglich, oft ohne Vorwarnung. Viele Kraftwerke sind alt und unzuverlässig, Öl und Ersatzteile fehlen. Im März 2025 kam es zu einem landesweiten Totalblackout, der Fabriken stilllegte, Wasserpumpen, Ampeln und Tankstellen ausfallen ließ, Krankenhäuser auf Notstrom reduzierte und Medikamente verderben ließ.

Mobiles Internet wurde erst 2018 eingeführt. Zuvor war der Zugang zum Internet über „El Paquete“ möglich: USB-Sticks, wöchentlich auf dem Schwarzmarkt mit neuesten Filmen, Nachrichten und YouTube-Videos gefüllt, die offline landesweit von Boten verteilt wurden – ein „Internet ohne Internet“, das vom Staat stillschweigend toleriert wurde. Einer der ersten WLAN-Hotspots für die breite Bevölkerung wurde erst 2015 in einem Park eröffnet.

Armut und menschlicher Zusammenhalt
In vielen Ecken der Städte sieht man viel Müll auf den Straßen, und Pfützen sind grün. Ein Großteil Kubas lebt in extremer Armut; 2024 gaben nur 15% der Kubaner an, regelmäßig drei Mahlzeiten am Tag essen zu können. Viele Menschen betreiben „Buseo“, das spanische Wort für „tauchen“, was bedeutet, dass sie den Müll nach Essensresten oder verkaufbaren Gegenständen durchsuchen.

Trotz der schwierigen Lebenssituation sind die Menschen oft super offen, haben eine gute Energie und suchen den Kontakt. Die Fähigkeit zur Improvisation ist eine Notwendigkeit: So bauen Manuel und seine Freunde Sperrfischpistolen mit einfachsten Mitteln, um Fische zu fangen. Ein Beispiel für die prekären Wohnverhältnisse zeigt sich in Havanna, wo in einer riesigen Hausruine über 40 Familien leben, während auf der anderen Seite des Gebäudes bereits Böden durchgebrochen und Schutt liegt.

Historische Wurzeln der Gegenwart
Die Ursachen für die heutige Situation liegen tief in der Geschichte des Landes. Nach der Kolonialisierung durch Spanien ab 1492 und der Auslöschung der indigenen Bevölkerung wurden afrikanische Sklaven zur Zucker- und Tabakproduktion nach Kuba verschleppt. Nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 wurde Kuba zwar offiziell unabhängig, die USA diktierten jedoch die Regeln, amerikanische Konzerne kontrollierten die Zuckerexporte und US-Mafiosi den Tourismus, was zu extremer Ungleichheit führte.

Diese Ungleichheit eskalierte in den 1950er Jahren unter Diktator Batista, bis Fidel Castro und Che Guevara mit ihren Guerillatruppen 1959 das Regime stürzten. Castro übernahm die Macht und läutete 1961 die sozialistische Ära ein: Unternehmen wurden verstaatlicht, Großgrundbesitzer enteignet, Bildung und Gesundheitsversorgung kostenlos, während Reisen ins Ausland kaum mehr möglich und die Medien staatlich kontrolliert waren.

Kuba wurde Partner der sozialistischen Sowjetunion und damit Gegner der USA. Dies führte 1962 zur Kubakrise, bei der sowjetische Atomraketen nur 150 km vor Florida stationiert wurden und die Welt am Rande eines globalen Atomkriegs stand.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 war ein harter Schlag für Kuba, da der Hauptsponsor mit jährlichen Milliardenhilfen wegfiel. Fabriken standen still, Stromausfälle und Hungerkrisen wurden Alltag, was die heutige Situation maßgeblich prägt.

Inmitten dieses Alltags voller Mangel und Stillstand sind es die Menschen, die ihr Lachen nicht verlieren. Wann die Uhr in ihrem Land wieder richtig anfängt zu ticken, kann nur die Zukunft zeigen.

Stasi-Archiv enthüllt: NVA probt den atomaren Ernstfall auf Schienen

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Ein bisher wenig beleuchteter Einblick in die militärische Bereitschaft der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR kommt durch einen Film aus dem Stasi-Archiv ans Licht. Das detaillierte Filmmaterial zeigt eine Atom-Alarmübung auf einem Militärzug, der die Ernsthaftigkeit und die spezifischen Protokolle im Falle einer nuklearen Bedrohung während eines Transports veranschaulicht.

Die Aufnahmen dokumentieren einen Militärzug, gezogen von einer Dampflok der Baureihe 42, auf dem Weg zu einem unbekannten Ziel. Die Bedrohung durch Massenvernichtungsmittel des Gegners ist während solcher Militärtransporte eine stets präsente Erwartung. Dies erklärt die umfassenden Schutzmaßnahmen, die bei dem plötzlichen Atomalarm sofort eingeleitet werden.

Der Ernstfall wird geprobt
Der Film beginnt mit dem Einsteigen der Soldaten, wobei der Transportleiter als Letzter den Zug betritt. In den Mannschaftswagen bereiten sich die Soldaten auf die Überwindung eines „aktivierten Raumes“ vor, während die Besatzungen der gepanzerten Fahrzeuge ihre Plätze einnehmen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Strahlungsaufklärer, dessen Verantwortung in dieser kritischen Phase erhöht ist. Selbst auf der Lokomotive darf während der Vorbereitung der Schutzmaßnahmen die Beobachtung nicht unterbrochen werden.

Reaktion auf die nukleare Gefahr
Als der Alarm ausgelöst wird und der Zug einen sogenannten „aktivierten Raum“ erreicht, wird die Geschwindigkeit des Transporters umgehend erhöht, um möglichst schnell aus der Gefahrenzone zu entkommen. Diese schnelle Reaktion und das koordinierte Vorgehen sind entscheidend, um die Sicherheit der Mannschaft und des Materials zu gewährleisten.

Nach einer Phase der Anspannung gibt Hauptmann die Entwarnung, und die Kontrolle durch die Strahlungssoftware bestätigt, dass keine Gefahr mehr besteht. Auf Befehl des Transportleiters wird anschließend die teilweise Deaktivierung durchgeführt, bevor ein Offizier den Transport schließlich zum Anhalten bringt.

Ein Blick in die Vergangenheit
Der Filmausschnitt, der als „sehr gut gemacht“ beschrieben wird, stammt aus dem Stasi-Archiv und bietet einen wertvollen historischen Einblick in die Übungspraktiken der NVA während des Kalten Krieges. Er unterstreicht die ständige Vorbereitung auf eine potenzielle atomare Auseinandersetzung und die komplexen Abläufe, die bei solchen Bedrohungen auf Schienen vorgesehen waren. Die Übung verdeutlicht die detaillierte Planung und die Disziplin, mit der die NVA der atomaren Bedrohung begegnen wollte.

Vom Müllberg zum Wildnisrefugium: Ein verstecktes Paradies am Griebnitzsee

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Potsdam/Berlin – Der Griebnitzsee, bekannt für seinen malerischen Uferweg und die idyllische Landschaft nahe Potsdam, birgt ein kaum entdecktes Naturjuwel: oberhalb seines Nordufers erstreckt sich ein Gebiet, das sich von einer ehemaligen Mülldeponie zu einem einzigartigen Naturschutzgebiet entwickelt hat. Dieses „Wildnisrefugium“ ist nicht nur ein „landschaftliches Juwel“, sondern auch ein Paradies für die Tierwelt und ein „Geheimtipp“ für Naturliebhaber, die das Abenteuer suchen.

Frank Stilke, ein leidenschaftlicher Wanderer und Filmemacher, nahm uns kürzlich mit auf eine außergewöhnliche Tour durch dieses „traumhaft schöne“ Gebiet. Ausgestattet mit einem professionellen Fotoapparat, zwei Action Cams – eine mit Ultra-Weitwinkel-, die andere mit Makroobjektiv – machte sich Frank auf den Weg, um die verborgenen Seiten des Griebnitzsees zu erkunden. Seine Route führte ihn bewusst zunächst über die Höhenwege, da das Ufer am Morgen noch im Schatten lag und er optimale Lichtverhältnisse für seine Aufnahmen suchte.

Die Metamorphose der Müllberge
Das Herzstück dieses „überwiegend unbekannten“ Refugiums bilden der Hirschberg und der Moritzberg, ehemalige Mülldeponien, die bis 1980 in Betrieb waren. Was einst ein „riesen Ding“ war, wurde von der BSR in einem aufwendigen Prozess renaturiert. Mit Investitionen von rund 15 Millionen wurden drei Millionen Bäume gepflanzt, und verschiedene Erdschichten – teils wasserundurchlässig – aufgetragen, um Giftstoffe daran zu hindern, ins Grundwasser zu gelangen. Das Ergebnis ist eine heute „wunderschöne“ und vielfältige Naturlandschaft, die besonders im Sommer nach Regenfällen eine „tolle Flora und Fauna“ offenbart. Unter dem Moritzberg verlaufen zudem Gasleitungen, die Metangas abpumpen, welches in den kälteren Jahreszeiten sichtbar wird, wenn das Gebiet nicht so stark begrünt ist.

Begegnungen mit Wildschweinen und unberührte Pfade
Besucher dieses Gebiets sollten keine Angst vor Wildschweinen haben, denn hier trifft man „tatsächlich mehr Wildschweine als Wanderer“. Frank erlebte auf seiner Tour hautnah, wie eine „Riesenrotte“ von „mindestens 15 Tieren“ seinen Weg kreuzte. Trotz der beeindruckenden Anzahl betont Frank, dass Wildschweine grundsätzlich Fluchttiere sind. Nur verletzte Tiere oder Bachen, die ihre Frischlinge schützen, könnten potenziell aggressiv werden, wobei Frank keine bekannten Fälle von Zwischenfällen erwähnt. Die Wolfschlucht, ein Abschnitt der Wanderung, beschreibt er als „traumhaft schön wie in einem Märchen“, wo der Geruch von Wildschweinen „extrem“ ist, was in dieser Gegend jedoch nichts Neues sei.

Die Wanderung führte Frank auch über einen „etwas versteckten ziemlich crazy Trail mit einer minimalen Aussichtsplattform“, der sich zu einem „reinen Wildpfahrt“ entwickelt hatte. Stürme haben hier deutliche Spuren hinterlassen, Bäume wurden entwurzelt oder abgebrochen. Diese „wilden Gebiete“ machen die Tour „unglaublich abwechslungsreich“ und empfehlenswert, auch wenn sie für Erstbesucher aufgrund ihrer Verschlungenheit zu einem „kleinen Irrgarten“ werden kann.

Technik im Dienste der Naturbegeisterung
Für seine Filme nutzt Frank unter anderem ein DJI Mic 2 Funkmikrofon, das er auch als Fernbedienung in Verbindung mit der Sprachsteuerung seiner Kamera einsetzt. Diese technische Raffinesse ermöglicht ihm eine flexible Aufnahme in der Natur. Die Ultra-Weitwinkelobjektive bieten den Vorteil, dass sie mehr Licht aufnehmen und man dichter an Motive herangehen kann als mit Standardobjektiven. Allerdings verzerren sie auch die Distanz, was die Wildschweine auf Franks Aufnahmen weiter entfernt erscheinen ließ, als sie tatsächlich waren.

Ein Aufruf zum Entdecken
Frank Stilke genießt die Zeit in der Natur sichtlich und sieht in den positiven Reaktionen seiner Zuschauer – Likes und Abonnements – eine große Motivation, immer wieder neue Filme zu erstellen und seine Entdeckungen zu teilen. Er empfiehlt die kombinierte Tour über die „ehemaligen Müllberge“ und entlang des Griebnitzsees als „sehr, sehr schöne Tour“ und einen „Geheimtipp“. Für alle, die das „unglaublich abwechslungsreiche“ Naturerlebnis suchen und keine Scheu vor der Wildnis haben, ist dieses verborgene Paradies am Griebnitzsee definitiv einen Besuch wert.

Zwölf neue Hochhäuser für Tempelhof?

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Berlin könnte bald eine radikale Veränderung am Rande des geschichtsträchtigen Tempelhofer Feldes erleben, wenn es nach den Plänen des renommierten Architekten Christoph Langhof geht. Langhof, bekannt für das „Upper West“ am Breitscheidplatz, hat eine Vision vorgestellt, die zwölf Wohntürme entlang des Columbiadamms und des Tempelhofer Damms vorsieht, mit genügend Platz für bis zu 5.000 Wohnungen.

Keine Bebauung des Feldes, sondern davor
Der Architekt betont, dass seine Pläne das Tempelhofer Feld selbst nicht berühren würden. Stattdessen sollen die Hochhäuser an der Stadtseite, vor das sichelförmige Flughafengebäude und an den Treppenturm gesetzt werden, jedoch mit ausreichend Abstand. Langhof sieht dies als ein „ideales oder ein klassisches Potenzial, was gehoben werden muss“. Die geplanten Wohnungen sollen eine Mischung aus Eigentums- und Sozialwohnungen sein, und Investoren stünden bereits bereit.

Gemischte Reaktionen und Denkmalschutz-Hürden
Eine nicht-repräsentative Umfrage am Tempelhofer Feld zeigte geteilte Meinungen zur Vision. Während einige Passanten den Entwurf auf den ersten Blick „richtig super“ fanden und meinten, er würde „für Berlin was bringen“, äußerten andere, insbesondere Kleingartenbesitzer, Angst vor Randbebauung.

Eine der größten Hürden könnte der Denkmalschutz sein. Das Flughafengebäude steht unter Denkmalschutz. Ein konsultierter Architekturhistoriker sieht darin jedoch kein Problem, da die Pläne „in keiner Weise in die physische Substanz und Struktur dieses Gebäudes eingreifen“. Berlins oberster Denkmalbehördenchef wird jedoch eine andere Einschätzung erwartet: „Wir persönlich gehen davon aus, dass er sagen wird, das geht gar nicht, grundsätzlich, das sagt er eigentlich immer“. Der Landeskonservator bezeichnet Langhofs Vision bereits als „störende Fremdkörper“.

Ablehnung von Behörden, aber Offenheit für „ergänzende Baukörper“
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat sich zu dem ungefragten Entwurf bisher nicht geäußert. Die Tempelhof Projekt GmbH, die für die Entwicklung des Flughafengebäudes zuständig ist, hält die geplanten Hochhäuser für „zu dominant“. Allerdings zeigt sich die GmbH offen für die Idee von „ergänzenden Baukörpern“, die das bestehende Gebäude in seiner Nutzung unterstützen könnten. Es wird betont, dass Tempelhof keineswegs leer steht: Zwei Drittel der Flächen sind in Nutzung, ein Hangar wird von der Komischen Oper bespielt, und aktuell leben 1.400 Geflüchtete dort.

Langhofs Optimismus: Ein Déjà-vu zum „Upper West“
Christoph Langhof selbst bleibt trotz des Widerstands optimistisch. Er erinnert sich an die Skepsis vor 24 Jahren, als er das „Upper West“ entwarf, und ihm gesagt wurde: „Jetzt fangen Sie an zu spinnen“. Doch das Gebäude stehe heute da. Geht es nach ihm, so werden am ehemaligen Flughafen Tempelhof bald noch zwölf weitere Hochhäuser hinzukommen. Ob seine neue Vision jedoch über „bunte Bilder und ein kleiner Text“ hinaus zu einem „wirklichen Projekt“ wird, bleibt abzuwarten.

Erich Mielke verteidigt Stasi in turbulenter Volkskammer: „Ich liebe doch alle, alle Menschen“

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Berlin, 1989 – In einer aufgeheizten Debatte vor der Volkskammer der DDR hat Erich Mielke, der langjährige Minister für Staatssicherheit, die Arbeit seiner Behörde vehement verteidigt. Mitten in seiner Rede, die von Zwischenrufen begleitet wurde, äußerte Mielke den vielzitierten Satz „Ich liebe doch alle, alle Menschen“. Seine Ausführungen erfolgten in einem Kontext, in dem die Volkskammer gleichzeitig die Bildung eines zeitweiligen Ausschusses zur Überprüfung von Amtsmissbrauch und Korruption vorschlug.

Mielke betonte eingangs die Verpflichtung der Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gegenüber dem Volk. Er erklärte, sie seien „Söhne und Töchter der Arbeiterklasse der Werktätigen“ und kämen aus allen Schichten. Ihr oberster Auftrag sei es gewesen, die Interessen der Werktätigen zu vertreten, und diesem Auftrag seien sie „unter schweren Bedingungen“ immer bemüht gewesen gerecht zu werden. Mielke behauptete zudem, das MfS habe einen „außerordentlich hohen Kontakt mit allen werktätigen Menschen“ gehabt.

Der Minister führte zwei Hauptaufgaben des MfS an:

1. Die Aufdeckung alles dessen, „was gegen den Frieden sich richtete“, wobei das MfS „hervorragende Information geliefert“ habe, nicht nur für die DDR, sondern für das gesamte sozialistische Lager.

2. Die „Stärkung unserer sozialistischen Wirtschaft“, auf welchem Gebiet die Mitarbeiter des MfS ebenfalls „hervorragendes“ geleistet hätten.
Darüber hinaus schilderte Mielke eine weitere Rolle des MfS: das Aufzeigen von „Unzulänglichkeiten“. Er berichtete, dass Bürger, von einfachen Menschen bis zu Direktoren, dem MfS „vieles mitgeteilt“ hätten, selbst Dinge, für die das Ministerium nicht direkt zuständig gewesen sei.

Diese Informationen, manchmal von „ganz kleinen Dingen nur bis zu den größten“, seien entgegengenommen und an die zuständigen Stellen weitergeleitet worden. Mielke nannte hierbei explizit die „Republikflucht“ und die Abwanderung von Ärzten und Lehrern. Das MfS habe demnach auch Vorschläge an die zuständigen Stellen gemacht, um auf Missstände aufmerksam zu machen.

Mielke äußerte jedoch auch seine Frustration darüber, dass vieles, was gemeldet wurde, „nicht immer berücksichtigt wurde und nicht eingeschätzt wurde“. Er betonte, dass sie sogar auf Konferenzen aufgetreten seien, um zu fordern, dass ihre Informationen ernst genommen und ausgewertet würden, um Veränderungen zu schaffen. Er versicherte, das MfS habe stets versucht, „nach der Verfassung und nach den bestehenden Gesetzen einwandsfrei zu arbeiten“.

Als direkte Reaktion auf die Gesamtthematik und die anstehenden Problematiken unterbreitete das Präsidium der Volkskammer im Anschluss an Mielkes Rede einen umfassenden Vorschlag. Dieser sah vor, auf der Grundlage von Anträgen verschiedener Fraktionen sowie des Generalstaatsanwalts der DDR, die Bildung eines zeitweiligen Ausschusses der Volkskammer vor. Dieser Ausschuss sollte gemäß Artikel 61 der Verfassung der DDR und Paragraph 28 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Volkskammer eingerichtet werden.

Die Kernaufgabe des Ausschusses wäre die Überprüfung von Fällen des Amtsmissbrauchs, der Korruption, der ungerechtfertigten persönlichen Bereicherung und anderer gesetzwidriger Handlungen, bei denen der Verdacht einer Verletzung des Strafgesetzes besteht. Sollten die Vorwürfe Abgeordnete der Volkskammer betreffen, müsste zudem über die Aufhebung ihrer Immunität gemäß Artikel 60 Absatz 2 der Verfassung entschieden werden. Alle Fraktionen wurden aufgefordert, je zwei Vorschläge für die Mitarbeit in diesem Ausschuss zu benennen, dessen Zusammensetzung dann auf der 12. Tagung der Volkskammer beschlossen werden sollte. Parallel dazu sollen sich auch die zuständigen Ausschüsse mit der Problematik beschäftigen. Die Sitzung endete mit der Frage, ob diese Verfahrensweise Zustimmung finde.

Das vergessene Schicksal der DDR-Prominenz nach der Wende

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Die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik ist gespickt mit Widersprüchen, Heldenbildern und tragischen Schatten. Für viele Schauspieler, Schriftsteller und Künstler, die einst vom Applaus eines ganzen Landes getragen wurden, verwandelte sich der Fall der Berliner Mauer nicht in das ersehnte neue Leben, sondern in einen langsamen, schmerzlichen Abstieg. Ruhm wich Vergessenheit, Sicherheit wich Unsicherheit, und die lauten Ovationen wurden durch eine lähmende Stille ersetzt. Hinter den großen Namen verbargen sich oft Schicksale voller Ernüchterung, Armut und Einsamkeit. Wir blicken heute auf das Leben jener Prominenten, die nach der Wende alles verloren, die einst Idole waren und doch im Schatten verarmten, vergessen und verlassen starben.

Die De-Professionalisierung und der Verlust der Bühne
Ein prägnantes Beispiel ist Erwin Geschonek (1906-2008), einer der größten Schauspieler der DDR, bekannt für Hauptrollen in Klassikern wie „Nackt unter Wölfen“ und ein Symbol des antifaschistischen Selbstverständnisses des sozialistischen Staates. Jahrzehntelang war er das Gesicht der DEFA und auf unzähligen Bühnen geehrt. Doch nach der Wende fand der einstige Volksheld kaum noch Rollen im vereinigten Deutschland. Sein Name verschwand aus den Spielplänen, und ihm blieben nur Erinnerungen und eine kleine Wohnung in Berlin. Geschonek verstarb 2008 im hohen Alter, beinahe unsichtbar, verarmt und vergessen – ein stilles Ende für einen Mann, der einst Millionen bewegt hatte.

Ähnlich erging es Helger Göring (1922-2010), einer der bekanntesten Schauspielerinnen der DDR, beliebt als warmherzige Mutter und resolute Frau in DEFA-Filmen. Ihr Gesicht war in nahezu jedem Haushalt bekannt. Nach 1990 brach ihre Welt zusammen; Rollenangebote blieben aus, und die neuen Produzenten im Westen kannten ihren Namen kaum. Sie lebte zurückgezogen in Mecklenburg-Vorpommern, und Freunde berichteten von stiller Resignation. Helger Göring starb 2010 in Einsamkeit, ohne große Schlagzeilen, ein bitterer Kontrast zu den Applausstürmen ihrer früheren Jahre.

Vom Intendant zum Vergessenen – Eine ganze Generation von Kulturschaffenden
Hans-Dieter Mäde (verstorben 2009) war nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseur und Intendant und prägte unter seiner Leitung das kulturelle Leben im Osten. Er gehörte zur Elite des DDR-Fernsehens. Doch nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems verlor Mäde fast über Nacht seine Position. Seine Arbeit wurde als Relikt einer vergangenen Epoche betrachtet, Aufträge und Förderungen versiegten. Freunde beschrieben ihn als gebrochenen Mann, der nicht mehr an die Kraft seiner Kunst glauben konnte und seine letzten Jahre zurückgezogen und wirtschaftlich eingeschränkt verbrachte. Er starb 2009, vergessen von der Öffentlichkeit, in bescheidenen Verhältnissen.

Auch Dieter Mann (1941-2016), lange Ensemblemitglied am Deutschen Theater und später Intendant, prägte mit seiner Stimme und Ausstrahlung zahlreiche Klassikerinszenierungen. Nach der Wende blieben die großen Rollen aus, und viele westdeutsche Kritiker sahen in ihm nur den Star eines untergegangenen Systems. Er zog sich zunehmend zurück, kämpfte mit gesundheitlichen Problemen und erlebte die Entwertung seines Lebenswerks als Kränkung. Dieter Mann starb nach langer Krankheit in materiell bescheidenen Verhältnissen, fern vom einstigen Glanz.

Prominenz im Kreuzfeuer der Nachwendezeit
Christa Wolf (verstorben 2011) war die wohl bekannteste Schriftstellerin der DDR, verehrt als moralische Instanz. Doch nach der Wende wendete sich das Blatt, als ihre Vergangenheit als inoffizielle Mitarbeiterin der Stasi bekannt wurde. Aus der gefeierten Autorin wurde eine umstrittene Figur, die von Kritikern diffamiert und von Lesern gemieden wurde. Ihre einstige Strahlkraft erlosch, und sie zog sich tief getroffen zurück. Obwohl sie finanziell über die Runden kam, machten ihr die Isolation und die Abkehr der Öffentlichkeit zu schaffen. Sie starb 2011, gebrochen von den Lasten der Vergangenheit.

Der Schriftsteller Erich Loest (1926-2013), dessen Romane das Leben im Osten oft kritisch thematisierten, erhoffte sich nach der Wende einen Neubeginn. Doch die westdeutsche Öffentlichkeit begegnete ihm mit Skepsis, sah in ihm den Staatsautor oder warf ihm alte Verbindungen vor. Statt Anerkennung erlebte er Isolation, seine Bücher fanden kaum noch Leser. Mit wachsendem Alter verschärfte sich seine finanzielle Not, und schließlich nahm sich Erich Loest 2013 in Leipzig das Leben – ein tragisches Ende für einen Mann, der sein Leben lang mit Leidenschaft schrieb.

Vergessenheit, Armut und Einsamkeit – Ein kollektives Schicksal

Weitere Schicksale spiegeln diese Tragik wider:

• Eberhard Esche (verstorben 2006), eine Kultikone des Ostens durch „Die Legende von Paul und Paula“, fand in den neuen Medienlandschaften keine Heimat und verbrachte seine letzten Jahre mit finanziellen Sorgen und Bitterkeit. Er starb einsam an Krebs.

• Inge Keller (1923-2017), die Grande Dame des DDR-Theaters, erlebte nach der Wende eine zunehmend überschattete Karriere. Die Anerkennung aus Westdeutschland blieb verhalten, und sie führte ein immer stilleres Leben. Sie starb 2017 allein in einem Berliner Seniorenheim.

• Kurt Böwe (verstorben 2000), bekannt aus „Polizeiruf 110“, sah seine Karriere abrupt einbrechen. Westdeutsche Sender hatten kein Interesse an den Stars des Ostens, und Böwe stand plötzlich ohne Aufträge da, geplagt von finanziellen und gesundheitlichen Problemen. Er starb in stillen, bescheidenen Verhältnissen, fern von Ruhm.

• Heinz Rennhack (verstorben 2001), ein gefeierter Kabarettist und Schauspieler, fand in der westdeutschen Medienlandschaft keinen Platz. Seine Programme wurden als veraltet abgetan, Engagements blieben aus, was ihn in finanzielle Schwierigkeiten trieb. Einsamkeit führte ihn in eine tiefe Depression, und er starb 2001 verarmt und innerlich zerbrochen.

Die Schicksale dieser zehn Persönlichkeiten zeigen den tiefen Riss, den die Wende in ihrem Leben hinterließ. Einst gefeierte Stars, verloren sie nach 1989 ihre Bühne, ihre Sicherheit und ihr Publikum. Wo früher Applaus herrschte, regierten plötzlich Stille, Armut und Einsamkeit.

Diese Tragödien werfen die bedrängende Frage auf, ob die Gesellschaft mehr hätte tun können, um jene nicht im Stich zu lassen, die ihr einst Ruhm und Orientierung gaben. Ihr Vermächtnis erinnert uns daran, dass Kunst und Künstler nicht am Wert eines Systems gemessen werden dürfen, sondern an dem, was sie für die Menschen bedeuten. Unsere Erinnerung und unser Respekt sind das Mindeste, was wir ihnen schulden.