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Die WM 1974 im geteilten Deutschland

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Die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in der Bundesrepublik Deutschland war mehr als nur ein Sportereignis; sie war eine Bühne für politische Spannungen, Kalten Krieg und persönliche Schicksale, die sich zwischen Fluchtwunsch und nationaler Rivalität abspielten. Während die westdeutsche Nationalmannschaft sich auf den Titel konzentrierte, planten drei Abiturienten aus der DDR ihre lebensgefährliche Flucht in den Westen, während die Staatssicherheit mit beispielloser Härte gegen sogenannte „Grenzverletzer“ vorging.

Das deutsch-deutsche Duell: Sport vor politischem Hintergrund Die Auslosung der Gruppen am 5. Januar 1974 in Frankfurt am Main sorgte für ein Raunen im Saal: Die DDR wurde in die Gruppe der BRD gelost. Zum ersten Mal sollten die beiden deutschen Staaten bei einer Fußball-WM aufeinandertreffen, was den Kalten Krieg auf den grünen Rasen brachte. Für Paul Breitner, Torschütze des ersten WM-Tores der BRD und bekennender Kommunist, war es lediglich ein Spiel auf dem Weg zum Titel. Anders für Hans-Jürgen Kreische, den damaligen DDR-Fußballer des Jahres, und viele seiner Kollegen, für die das Duell eine besondere Gelegenheit war, sich mit westdeutschen Spielern zu messen. Sie freuten sich auf die WM und mussten die Auslosung annehmen und das Beste daraus machen.

Die politische Dimension war unverkennbar: Willy Brandt, Kanzler der Bundesrepublik, hatte die DDR als souveränen Staat anerkannt, um die Beziehungen zwischen Ost und West zu verbessern. Doch diese Anerkennung rückte eine Wiedervereinigung in weite Ferne und führte nicht zum Abbau der Grenzanlagen. Im Gegenteil: Die deutsch-deutsche Grenze, seit 1961 von der DDR mit einer Mauer und einem Todesstreifen versehen, wurde Anfang der 70er-Jahre durch die Installation von Selbstschussanlagen, den sogenannten SM-70, noch tödlicher. Diese Geräte waren mit Metallsplittern gefüllt und lösten aus, sobald Flüchtlinge einen dünnen, unsichtbaren Draht berührten, was oft zum Tod führte.

Die Schatten der Stasi: „Aktion Leder“ und die Guillaume-Affäre Parallel zu den WM-Vorbereitungen arbeitete die Staatssicherheit der DDR, unter der Leitung von Erich Mielke, auf Hochtouren, um Fluchtversuche zu vereiteln. Die Aktion „Leder“ war eine der größten Stasi-Maßnahmen der Geschichte: Tausende DDR-Bürger, die zu den WM-Spielen nach Westdeutschland reisen durften, wurden lückenlos überwacht und geschult, wie sie sich zu verhalten hatten. Sogar die eigene DDR-Nationalmannschaft und deren Betreuer, insgesamt 48 Personen, standen unter Beobachtung; Telefone wurden abgehört, Briefe gelesen, und es gab fünf inoffizielle Mitarbeiter (Spitzel) unter den Spielern. Die Stasi war sogar bereit, Sonderaufgaben bis hin zu Attentaten und Mordanschlägen zu veranlassen und plante, flüchtende Spieler mithilfe eines westdeutschen Kriminellen mit dem Decknamen „Rennfahrer“ in einer Holzkiste tot oder lebendig in die DDR zurückzubringen.

Doch die Pläne der Stasi wurden durch einen unerwarteten Zwischenfall erschüttert: Kurz vor der WM wurde ihr Topagent in der BRD, Günter Guillaume, Spion im Bundeskanzleramt und persönlicher Referent Willy Brandts, enttarnt. Die Festnahme Guillaumes belastete das Verhältnis zur DDR schwer und stürzte die Bundesregierung in eine Krise, die zum Rücktritt Willy Brandts führte. Guillaumes Sohn, Pierre Boom, war damals 17 und erlebte die Verhaftung seiner Eltern völlig ahnungslos, während er bis heute nach Antworten auf seine vielen Fragen sucht.

Ein gewagter Plan: Die Flucht der drei Abiturienten Inmitten dieser politischen Turbulenzen reifte der Fluchtplan der drei Abiturienten Bernd Herzog (19), Thomas Röthig (20) und Thomas von Fritsch (19). Sie wollten nicht länger „mit der Lüge leben“, die den Alltag in der DDR bestimmte, und sehnten sich nach Freiheit. Ihr Plan war, nach dem Abitur in den Westen zu gehen. Eine Flucht über Mauer und Todesstreifen kam für Thomas von Fritschs Cousin Rüdiger, der Fluchthilfe leistete, nicht infrage. Stattdessen entwickelte Rüdiger von Fritsch einen kühnen Plan: Er wollte die drei Freunde in Bulgarien treffen und sie dort mit drei gefälschten westdeutschen Reisepässen ausstatten, um sie als „Hippies“ auf dem Weg in die Türkei in den Westen zu schleusen.

Die „Fälscherwerkstatt“ war Rudigers eigenes Werk. Er versuchte sich mühsam an der Kunst des Fälschens, bastelte Einreisestempel mit Radiergummis und einem Federmesser, um die komplexen Details bulgarischer Stempel mit ihren kleinen kyrillischen Buchstaben und Farbverläufen nachzuahmen. Er wusste, dass jeder Fehler das Gefängnis bedeuten könnte. Die letzte Besprechung fand am 26. Mai 1974 in Ost-Berlin statt, wo der Zeitpunkt der Flucht auf das WM-Endspiel am 7. Juli 1974 festgelegt wurde – in der Hoffnung, dass alle Grenzbeamten durch das Spiel abgelenkt wären.

Der tragische Alltag an der Grenze und ein folgenschwerer Fehler Die Grausamkeit des Grenzregimes zeigte sich während der WM auf erschütternde Weise: Am Tag nach dem Auftaktsieg der DDR gegen Australien ertrank der Sohn italienischer Gastarbeiter, Giuseppe Savoca, in der Berliner Spree, da DDR-Grenzpatrouillen nicht eingriffen und Westberliner Retter mit Waffen bedrohten. Auch der 38-jährige Czeslaw Kukuczka wurde bei einem Fluchtversuch getötet, als ein Stasi-Offizier ihm in den Rücken schoss – eine Tat, für die der Schütze einen Orden und eine Beförderung erhielt.

Kurz vor ihrer geplanten Flucht, in der Nacht vor ihrer Abreise, begingen die drei Abiturienten jedoch eine schwerwiegende Dummheit. Bei einem Haldenfest warfen sie ein großes DDR-Emblem aus Holz, Hammer und Zirkel mit Ehrenkranz, ins Lagerfeuer. Dieser „dumme Jungenstreich“ war in der DDR ein Straftatbestand: staatsfeindliche Hetze. Wenn sie verpfiffen würden, wären sie in größter Gefahr.

Die WM 1974 war somit nicht nur ein sportliches Großereignis, sondern auch ein Zeugnis der tiefen Spaltung Deutschlands und der verzweifelten Suche nach Freiheit im Schatten des Kalten Krieges, dessen Auswirkungen bis in die persönlichsten Lebensbereiche reichten. Die Frage bleibt: Werden die drei Freunde es trotz ihres folgenschweren Fehlers bis nach Bulgarien und von dort in den Westen schaffen?

Verlassene Kinder der DDR: Eine Generation zwischen Sehnsucht und Verrat

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Die Geschichten von Tausenden Kindern, die während der deutschen Teilung und in den Wirren der Wende von ihren Eltern in der DDR zurückgelassen wurden, sind ein oft unausgesprochenes Kapitel der deutschen Geschichte. Zwischen eiserner Vorhang und plötzlicher Freiheit zerbrachen Familien, und Kinder wurden zu stillen Leidtragenden, deren Schicksale tiefgreifende Spuren hinterließen.

Christine Erhard: Ein Abschied am Bahnhof und Jahrzehnte der Trennung
Für Christine Erhard zerbrach das Leben im Sommer 1958. Mit elf Jahren verabschiedete sie ihren Vater auf einem Bahnhof in Sachsen, ohne zu ahnen, dass sie ihn zum letzten Mal sah. Ihr Vater floh hals über Kopf nach West-Berlin, da er zu einem Verhör erwartet wurde. Eine Woche später folgte die Mutter mit nur vier der neun Geschwister. Der Plan war, die vier Kleinkinder am nächsten Tag nachzuholen, doch eine Kontrolle bei der Ausreise und das Risiko, beim Zurückfahren aufzufliegen, hielten die Eltern davon ab. Obwohl man damals über Berlin einfacher fliehen und auch jemanden nachholen konnte, bestand immer die Gefahr, dass die Flucht auffliegt. Christine und ihre beiden kleinen Schwestern Ingrid und Konstanze fanden sich plötzlich allein in ihrer Wohnung wieder. Sie wurden abgeholt und ins Rathaus gebracht – für Christine „das Ende meiner Kindheit“.

Die Kinder landeten in einem Heim in Berbesdorf. Christine glaubte fest daran, dass ihre Eltern sie bald abholen würden, lebte „auf gepackten Koffern“ und wartete täglich. Doch der Mauerbau 1961 machte diese Hoffnung zunichte. Erst 1964 gab es Familienzusammenführungen, doch Christine und ihre Geschwister blieben zurück, eine „Gewissheit“, die Christine als das Schlimmste empfand. Sie fühlte sich nicht nur verlassen, sondern auch „festgehalten“ an einem Ort, an dem sie nicht sein wollte. Es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis sie ihre Mutter wiedersah.

Günther Neumann und die Folgen der Wende: Freiheit um jeden Preis
Ein anderes Schicksal ereignete sich im Herbst 1989. Günther Neumann floh in den Westen und ließ Frau und fünf Kinder zurück. Er wollte einfach „ein freier Mensch sein“, nicht mehr in der Diktatur leben. Seine Tochter Yvon Neumann, heute Kellnerin, sah in ihren Eltern nie ein Vorbild, sondern ein „abschreckendes Beispiel“. Sie wollte nie dorthin gelangen, wo ihre Eltern waren – die Mutter war Alkoholikerin, der Vater Gelegenheitsarbeiter und überfordert, die Familie zusammenzuhalten.

Die fünf Neumann-Geschwister blieben in einem Heim im sächsischen Barratal zurück und zahlten den Preis für die neue Freiheit ihres Vaters. Das Westfernsehen berichtete 1990 über ihr Schicksal. Yvon kam mit der Zeit im Heim besser zurecht als ihre Geschwister, machte einen Schulabschluss und einen Beruf. Obwohl die Sehnsucht nach den Eltern immer da war, wussten Yvon und ihre Geschwister genau, wie schlimm die Zustände zu Hause gewesen waren, geprägt von Arbeitslosigkeit, Alkohol und mangelnder Fürsorge. Für Günther Neumann war die Flucht ein „Gefühl der Freiheit – endlich, endlich frei“, begleitet von der quälenden Frage: „was machen meine Kinder?“.

Claudia Sachsel: Ein Kampf um Anerkennung und Unterhalt
Claudia Sachsel kämpfte vor dem Amtsgericht Leipzig um Unterhalt für ihre Tochter Nadin, nachdem ihr Lebensgefährte sich mit dem Zusammenbruch der DDR einfach „aus dem Staub gemacht“ hatte. Er wählte „Freiheit statt Familienleben“. Bei einem Jugendabend erfuhr Claudia durch Zufall, dass ihr Ex-Freund sechs Kinder von fünf Frauen hatte, für die er nie Unterhalt zahlte.

Als sie ihn Jahre später im Gericht traf, gab sie ihm die Hand und sagte: „Hallo, ich bin die Mutter einer deiner zahlreichen Kinder, falls du es nicht mehr weißt.“ Seine Perplexität verschaffte ihr ein Gefühl der Genugtuung. Claudia Sachsel musste sich und ihre Tochter Nadin alleine durchschlagen. Ihre anfängliche Wut auf ihn, den sie als „Schwein“ bezeichnete, war tief. Sie konnte als Mutter nicht begreifen, dass ein Vater so anders denken konnte, und war wütend und verzweifelt.

Ein tiefes Tabu und niedere Motive
Die Flucht in den Westen riss tausendfach Familien auseinander. Unzählige DDR-Bürger, darunter auch „zehntausende Väter“, konnten der Versuchung einer neuen, unverhofften Freiheit nicht widerstehen. Der Gedanke, die Familie sei eine „Last“, trieb Männer an, im Westen eine neue Existenz aufzubauen. Experten gehen von mehreren zehntausend verlassenen Kindern aus.

Das Thema, dass Mütter oder Väter ihre Kinder verlassen, ist ein „großes Tabu“. Viele der Eltern, die ihre Kinder zurückließen, handelten aus „ganz niederen Motiven“, geblendet vom Wohlstand des Westens und oft die Kinder als „Klotz am Bein“ empfindend. Hierfür gibt es keine Entschuldigung. Die Kinder der Republik wurden zu „Geiseln des Staates“, die die DDR nicht nachreisen ließ. Nadin, die Tochter von Claudia Sachsel, hat heute drei Töchter und mit diesem Kapitel ihres eigenen Vaters abgeschlossen, der vor einigen Jahren starb.

Die Geschichten dieser verlassenen Kinder zeigen auf erschütternde Weise die persönlichen Tragödien hinter politischen Umbrüchen und die tiefen Narben, die durch Entscheidungen entstehen, die für viele unverzeihlich bleiben.

Regiment Robert Urich: Ein Erbe voller Tradition, Leistung und Engagement für den Frieden

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zum Video einfach auf das Bild klickenBad Frankenhausen – Das Robert-Urich-Regiment der Nationalen Volksarmee (NVA) feiert dieser Tage sein 30-jähriges Bestehen und blickt dabei auf eine bewegte Geschichte und eine beeindruckende Entwicklung zurück. Nur wenige Monate jünger als die NVA selbst, hat sich der Truppenteil, der heute unter dem Kommando von Oberst Jürgen Hartmann steht, einen Ruf für herausragende Erfolge und eine vorbildliche Traditionspflege erarbeitet.

Von den Anfängen bis zur modernen Kampfstärke
Das Regiment, das mit seinem aktuellen Kommandeur Jürgen Hartmann, der selbst nur wenig älter ist, eine tiefe Verbindung pflegt, wurde vor drei Jahrzehnten aufgestellt und gegründet. Ursprünglich als „kadrierter“ Truppenteil konzipiert, wurde es zu einem Linienregiment aufgebaut und der Offiziersbestand qualifiziert. In den frühen Jahren war die technische Ausstattung noch bescheiden, mit LKWs H3A und SFL 74mm. Die erste große Truppenübung im Rahmen des Warschauer Vertrages, „Quartett“, fand bereits 1963 in der DDR statt, an der das Regiment, damals unter der Führung von Genossen Wöllner (heute Generalmajor der Grenztruppen), zusammen mit der polnischen und tschechoslowakischen Volksarmee teilnahm.

Zwischen 1967 und 1971 führte Genosse Grumpelt, heute Oberst a.D., das Regiment. Eine bedeutende Verlegung erlebte der Truppenteil, als er von Leipzig innerhalb von nur 48 Stunden in einem kombinierten Landmarsch nach Bad Frankenhausen verlegt wurde. Die Region zwischen Harz und Kyffhäuser ist nach 15 Jahren längst zur neuen Heimat geworden, und das Regiment identifiziert sich als das „Frankenhausener Regiment“.

Der Name Robert Urich: Verpflichtung und Erinnerung
Eine besondere Ehre wurde dem Regiment zuteil, als es den Namen „Robert Urich“ erhielt. Robert Urich war ein kommunistischer Widerstandskämpfer, der von den Faschisten ermordet wurde. Diese Namensverleihung, die als gute Tradition der Arbeiterklasse und ihrer bewaffneten Organe gilt, erfüllte die Angehörigen des Regiments mit Stolz und Verpflichtung. Charlotte Urich, die Witwe des Widerstandskämpfers, pflegt enge Beziehungen zum Regiment und nimmt an vielen Veranstaltungen persönlich teil.

Erfolgsrezept: Mischung aus Erfahrung und Jugend, harte Ausbildung
Das Regiment Robert Urich ist bekannt für seine Mischung aus erfahrenen und jungen Berufskadern. Die Kommandeure legen Wert auf das unbedingte Bestreben, Aufgaben zu erfüllen, und bilden ihre Soldaten so aus, dass sie diese auch bewältigen können. Zahlreiche Kommandeursgenerationen haben an diesem Erfolg mitgewirkt. Die Basis für die heutigen Leistungen wurde von Vorgängern gelegt, auf die aufgebaut und die weiterentwickelt wurde. Der Grundsatz lautet: „Die Nachfolger müssen besser werden, weil die Anforderungen höher werden“.
Die harte und gute Ausbildung durch vorbildliche Offiziere ist ein Eckpfeiler des Regimentserfolgs. Junge Offiziere werden von Anfang an von älteren Kameraden unterstützt und sind bestrebt, die Erfolge fortzusetzen und zu übertreffen.

Die Truppenfahne: Symbol und Zeuge der Geschichte
Ein wichtiger Höhepunkt in der Geschichte des Regiments war die Verleihung der Truppenfahne, dem Symbol der sozialistischen Staatsmacht. Diese Fahne, die das Regiment zu vielen gesellschaftlichen Höhepunkten begleitete, darunter der 30. Jahrestag der NVA in Berlin und der 11. Parteitag, ist mit zahlreichen „Fahnenschleifen“ geschmückt. Diese Schleifen zeugen von herausragenden Leistungen, wie der Auszeichnung zum „Besten Regiment“ und „Vorbildlichen Regiment“ durch das Komitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR sowie der Verleihung des „Kampfordens für Verdienste um Volk und Vaterland in Gold“.

Heute verfügt das Regiment über die modernste Kampftechnik und gilt als eines der kampfstärksten Regimenter der Landstreitkräfte der NVA. Dies wurde kürzlich bei einer Inspektion des Vereinten Oberkommandos der Staaten des Warschauer Vertrages unter Beweis gestellt.

Partnerschaften und Friedensverpflichtung
Das Regiment pflegt umfangreiche Beziehungen zum Territorium in Bad Frankenhausen. Es bestehen partnerschaftliche Verbindungen zu 30 Schulen und 25 Betrieben. Eine besondere Beziehung besteht zur Gedenkstätte der frühbürgerlichen Revolution in Deutschland, wo Frankenhausener Soldaten auch bei der Installation des Monumentalgemäldes von Professor Tüpke halfen. Die enge Zusammenarbeit mit den Partei- und Staatsorganen im Kreis ist vorbildlich.

Trotz aller militärischen Stärke und Leistungsbereitschaft betont das Regiment seine tiefe Verpflichtung zum Frieden. Es ist der Überzeugung, dass es dafür da ist, dass die Kinder des Landes immer jünger sein müssen als der Frieden und dass auch die Kunstwerke der Gegenwart jünger sein müssen als der Frieden im Land. Das Motto „In Arbeiterhand bleibt das freie Land“ und die Bereitschaft, jederzeit kampfbereit zu sein, um den Frieden zu erhalten, spiegeln diese Haltung wider.

Der Kommandeurwechsel, bei dem Oberstleutnant Becker kürzlich das Regimentssymbol aus den Händen zweier Vorgänger erhielt, ist ein „normaler, wenn auch nicht alltäglicher Vorgang“, der die Kontinuität und das Fortbestehen der Geschichte dieses traditionsreichen Regiments symbolisiert.

Einblicke in Liebe und Pflicht: Soldaten-Beziehungen im DDR-Alltag 1975

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„Meiner ist bei den Soldaten“ – unter diesem Titel gewährte ein Film aus dem Jahr 1975, produziert im DDR-Chemiefaserwerk, intime Einblicke in das Leben von Frauen, deren Partner ihren Dienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) verrichteten. Der Film erzählte von Bindungen, die stärker sein sollten als „jedes Garn, jede Kunstfaser“. Im Mittelpunkt standen drei Paare, deren Geschichten die Herausforderungen, Freuden und die tiefen emotionalen Verbindungen inmitten der Anforderungen des Armeedienstes beleuchteten.

Ute und Rudolf Ettrich: Eine Liebe unter dem Stern der Armee
Ute Ettrich, eine 23-jährige Laborantin im Chemiefaserwerk, heiratete den Oberfeldwebel und Berufssoldaten Rudolf Ettrich. Rudolf, ursprünglich aus Karl-Marx-Stadt und gelernter Elektroinstallateur, hatte sich auf Jahrzehnte der Armee verschrieben und befand sich zum Zeitpunkt der Dreharbeiten in der Umschulung vom Flugzeugmechaniker zum Fallschirmwärter. Ihr Kennenlernen fand auf unkonventionelle Weise statt: Ute traf Rudolf am Polterabend einer anderen Person und war sofort von seinem Charakter angetan. Sie beschreibt ihn als geschickt, zuvorkommend, hilfsbereit und „flott“.

Die Beziehung ist geprägt von Rudolfs militärischem Engagement. Ute äußert sich stolz über seine Auszeichnungen und Urkunden, die ihn als „guten Soldat“ bestätigen. Doch der Armeedienst bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Utes Arbeitszeiten im Vier-Schicht-System, kombiniert mit Rudolfs Dienst, führen dazu, dass sie sich manchmal nur nachts sehen oder „die ganzen sechs Tage nicht da“ sind. Trotz dieser Hürden konzentrieren sich die frisch Vermählten auf die Einrichtung ihrer ersten gemeinsamen Wohnung, wobei das Möbelangebot in Guben, insbesondere die Schlafzimmermöbel, von großem Interesse sind. Der Staat unterstützte sie möglicherweise finanziell dabei. Der Film lässt offen, wie sich ihre berufliche, persönliche und politische Zukunft gestalten wird.

Elke Wendt und Wolfgang Schmidt: Das seltene „Herz zu Herz“
Eine weitere Geschichte ist die von Elke Wendt und Wolfgang Schmidt. Elke arbeitet ebenfalls im Chemiefaserwerk und gehört zu einer „Patenbrigade“, die Wolfgang und seine Genossen vom diensthabenden System der Luftstreitkräfte besucht. Der 22-jährige Wolfgang hatte sich nach dem Abitur als Soldat auf Zeit verpflichtet. Ihr Zusammentreffen wird als glückliche Ausnahme beschrieben, bei der sich „Herz zu Herz gefunden“ hat – eine Seltenheit zu jener Zeit.

Der Besuch der Mädchen im Stützpunkt der Soldaten bot beiden Seiten die Gelegenheit, Vorurteile abzubauen und einen Eindruck von der Verantwortung zu gewinnen, die die Soldaten tragen. Auch hier stellten sich die typischen Herausforderungen des Armeedienstes ein, die geplante Unternehmungen durchkreuzen konnten. Trotz offener Fragen bezüglich einer möglichen Ehe und des Glücks betonte der Film, dass diese erste Phase ihres gemeinsamen Lebens in einer schönen Zeit begonnen wurde und ihr persönliches Glück auf einer „sicheren sozialen und politischen Basis“ aufbauen kann.

Christine Balon und ihr Verlobter: Bewährungsproben im Alltag
Die dritte Episode widmet sich der 20-jährigen Chemiefacharbeiterin Christine Balon, die kürzlich in die Partei aufgenommen wurde. Ihr Verlobter, dessen Name dem Publikum unbekannt bleibt, ist Unteroffizier bei der Armee. Diese Beziehung steht stellvertretend für die Bewältigung von Enttäuschungen durch den Armeedienst. Christines Verlobter, der als zielstrebig und mit „sicherem Auftreten“ beschrieben wird, kann aufgrund seines Dienstes manchmal nicht zu geplanten Feiern oder Treffen, selbst nicht zu seinem eigenen Kurzurlaub, erscheinen.

Solche Absagen führen zu Traurigkeit und Enttäuschung bei Christine, die sie aber als „Bewährung für beide“ betrachtet. Sie zeigt großes Verständnis für die schwierige Zeit, die der Armeedienst für beide Partner darstellt, und kritisiert Mädchen, die ihre Verlobten verlassen, nur weil diese sich für drei Jahre bei der Armee verpflichtet haben. Trotz der Herausforderungen, die sich oft in Gesprächen über Alltagsprobleme manifestieren – wobei Christine bei ihrer Arbeit mit vielen Mädchen mehr Probleme zu haben scheint als er – freut sie sich sehr auf ihren Verlobten, wenn er Zeit für sie hat.

Der Film „Meiner ist bei den Soldaten NVA Film DDR 1975“ zeichnete ein Bild von jungen Frauen, die ihren Partnern in der NVA zur Seite standen. Er zeigte, dass Liebe und Beziehungen auch unter den besonderen Bedingungen des Armeedienstes Bestand haben können, wenn gegenseitiges Verständnis, Stolz und die Bereitschaft zur Bewältigung von Enttäuschungen vorhanden sind. Die Geschichten von Ute, Elke und Christine geben einen tiefen Einblick in die persönlichen Opfer und die Stärke der Bindungen, die in der DDR zwischen jungen Zivilistinnen und ihren Soldaten geschmiedet wurden.

Heftige Debatten im sächsischen Corona-Ausschuss

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Dresden – Der Corona-Untersuchungsausschuss im sächsischen Landtag wurde kürzlich erneut zum Schauplatz einer intensiven Auseinandersetzung über die deutsche Pandemiestrategie. Im Fokus standen der Virologe Christian Drosten, der in der Vergangenheit die Maßnahmen der Bundesregierung verteidigte und als Architekt der Coronabekämpfungsstrategie gilt, sowie der Datenanalyst Tom Lausen. Während Drosten Falschbehauptungen vehement zurückwies und seine wissenschaftlichen Einschätzungen verteidigte, warf Lausen gravierende Mängel in der Datenerhebung vor und zog die Wirksamkeit vieler Maßnahmen in Zweifel.

Drosten: Impfung verhinderte Tote, Schwedens Weg „grundlegend falsch“
Christian Drosten nutzte seine Befragung, um aus seiner Sicht „Falschbehauptungen“ klarzustellen. Er betonte, dass ein PCR-Test sehr wohl eine Infektion nachweisen könne und dass über die Unterbrechung der Übertragung durch die Impfung nicht diskutiert werden müsse, da die Datenlage hier eindeutig sei. Infektionen seien durch die Impfung zurückgegangen, zumindest bis zur Delta-Variante, und die Impfung habe garantiert Coronatote verhindert.

Die in Schweden verfolgte Pandemiestrategie bezeichnete Drosten als „grundlegend falsch“ und Vergleiche mit diesem Land als unzulässig. Er kritisierte zudem offen die Medien, die ihn seiner Meinung nach „angegriffen“ und „zerstören“ wollten, betonte jedoch, sich nicht kleinkriegen zu lassen und weiterhin zu seinen wissenschaftlichen Einschätzungen zu stehen. Drosten hob hervor, dass Kinder die gleiche Menge Viren ausscheiden könnten wie Erwachsene und jeder positive Coronatest eine Infektion bedeute. Überraschend war jedoch, dass er sich im Untersuchungsausschuss von der Maskenpflicht im öffentlichen Raum distanzierte und angab, eine symptomfreie Testung nie empfohlen zu haben. Zudem kritisierte er Wissenschaftskollegen, die seiner Ansicht nach „unwissenschaftliche Aussagen“ gemacht hätten.

Lausen: Fehlende Impfdaten und „hinterer Platz“ für Deutschland bei Übersterblichkeit
Der Datenanalyst Tom Lausen sah hingegen erhebliche Widersprüche und eine mangelhafte Datengrundlage. Er warf Drosten vor, nicht alles ergebnisoffen zu prüfen. Insbesondere bemängelte Lausen die unzureichende Erfassung von Impfdaten. Obwohl die Kassenärztliche Vereinigung gesetzlich verpflichtet war, Impfdaten – nicht nur zu Schäden, sondern alle relevanten Informationen – an das Paul-Ehrlich-Institut weiterzuleiten, sei dies nicht geschehen. In Sachsen sei der Impfstatus von bis zu 90% der wegen Covid ins Krankenhaus gekommenen Patienten in den Jahren 2021 und 2022 nicht abgefragt worden. Noch gravierender: Eine Anfrage der BSW-Abgeordneten zum Impfstatus bei Coronatoten in Sachsen ergab, dass bei 92,2% der Verstorbenen keinerlei Daten zum Impfstatus vorlagen. Laut Lausen wurden die vorgesehenen Bußgelder für die Nichtmeldung nie erhoben, was die Aussagekraft der Daten erheblich einschränkt. Diese fehlende Datenlage sei in seinen Augen für ein so wichtiges Thema wie eine Pandemie unzureichend gewesen.

Lausen stellte auch die schwedische Strategie in einen anderen Kontext: Während Drosten Vergleiche ablehnte, bemerkte Lausen, dass Deutschland, ein großes Land mit vielen Einwohnern, am Ende bei der Übersterblichkeit auf einem „ziemlich hinteren Platz“ gelandet sei. Er visualisierte, dass viele Länder mit weniger Impfungen am Ende mit weniger Übersterblichkeit davongekommen seien als Deutschland. Dies führte Lausen zu dem Gefühl, dass Deutschland langsam aufwache und merke, dass die Maßnahmen „eher schlecht gewesen“ seien.

Krankenhausüberlastung, Kinder als Pandemietreiber und die Rolle des RKI
Weitere strittige Punkte waren die Behauptung einer drohenden Krankenhausüberlastung und die Rolle von Kindern in der Pandemie:

• Krankenhausüberlastung: Drosten sah 2021 die sächsischen Intensivstationen überfüllt und brachte dies mit einer geringen Impfquote in Verbindung. Andere Sachverständige widersprachen, dass Patientenverlegungen in andere Kliniken und Bundesländer eine Überlastung belegen würden. Zudem kam zutage, dass die Krankenhäuser insgesamt nicht überlastet gewesen seien.

• Kinder als Pandemietreiber: Laut Drosten wurden hierüber „Scheindiskussionen“ in den Medien geführt. Im sächsischen Landtag hatten jedoch bereits andere Sachverständige entgegengesetzte Meinungen geäußert, nämlich dass Kinder und Jugendliche keine Pandemietreiber waren und Kita- sowie Schulschließungen nicht notwendig gewesen wären.

• Robert Koch-Institut (RKI): Verschiedene Sachverständige kritisierten, das RKI habe nicht auf eine breite Basis unterschiedlicher Meinungen gesetzt, sondern ausschließlich ausgesuchte Meinungen abgewogen, was Fragen nach der Steuerung der Pandemiebekämpfung aufwirft.

Die Befragung wurde als sehr intensiv empfunden, wobei insbesondere bei den Datenanalysen die Interpretationsfähigkeit der Daten erklärungsbedürftig sei. Lausen warf Drosten vor, Aussagen anderer Wissenschaftler, die nicht mit seinen Erkenntnissen übereinstimmten, schlichtweg „negiert“ zu haben, was als sehr überraschend empfunden wurde, da den anderen Sachverständigen nicht unterstellt werde, weniger Ahnung von ihren Fachgebieten zu haben.

Die AfD, die den Antrag auf den Corona-Untersuchungsausschuss stellte, pocht auf die Veröffentlichung der Zeugenprotokolle und fragt, was es angesichts öffentlicher Anhörungen zu verbergen gäbe. Für dieses Jahr sind noch zwei weitere Sitzungen in Sachsen geplant, zu denen auch Christian Drosten erneut geladen werden soll, ebenso wie weitere Sachverständige. Damit dürfte die Debatte um die deutsche Corona-Strategie und ihre Folgen noch lange nicht abgeschlossen sein.

Rügen: Wo kaiserlicher Glanz auf mahnende Geschichte trifft

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Von den eleganten Seebrücken der Bäderarchitektur über den monumentalen „Koloss von Prora“ bis hin zu leuchtenden Rapsfeldern – eine Reise über Deutschlands größte Insel offenbart ein Reiseziel voller faszinierender Kontraste und unvergesslicher Eindrücke.

Aus der Vogelperspektive entfaltet sich die Ostseeinsel Rügen wie eine Landkarte der Gegensätze. Türkisblaues Wasser umspült strahlend weiße Kreidefelsen, mondäne Villen säumen Promenaden, während nur wenige Kilometer entfernt ein gigantisches Bauwerk aus der NS-Zeit als stummer Zeuge der Geschichte in den Himmel ragt. Rügen ist weit mehr als nur ein Idyll – es ist ein Ort, der Geschichten von Glanz, Naturwundern und tiefgreifenden historischen Umbrüchen erzählt.

Die Eleganz der Küste: Ein Hauch von Kaiserzeit in Sellin
Das Herz der historischen Bäderkultur schlägt unübersehbar in Sellin. Die fast 400 Meter lange Seebrücke ist nicht nur ein Steg ins Meer, sondern ein architektonisches Juwel. Mit ihrem prachtvollen Brückenhaus, den verspielten Türmchen und dem Restaurant über den Wellen versetzt sie Besucher zurück in eine Zeit, als der Adel und das gehobene Bürgertum hier ihre Sommerfrische verbrachten. Von der prächtigen Wilhelmstraße, gesäumt von sorgfältig restaurierten Villen im Stil der Bäderarchitektur, führt eine steile Treppe – die sogenannte Himmelsleiter – oder ein moderner Panorama-Aufzug hinab zum Strand und diesem Wahrzeichen zeitloser Eleganz.

Zeitreise auf Schienen und aus Stein
Kontrastprogramm zur mondänen Ruhe bietet eine Fahrt mit dem „Rasenden Roland“. Die historische Dampflok-betriebene Schmalspurbahn schnauft seit über 125 Jahren gemächlich durch die Landschaft und verbindet die bekanntesten Seebäder miteinander. Es ist eine entschleunigte Reise in die Vergangenheit, vorbei an dichten Buchenwäldern und leuchtend gelben Rapsfeldern, die im Frühling das Inselinnere in ein goldenes Meer verwandeln.

Einen weitaus ernsteren Einblick in die deutsche Geschichte gewährt der „Koloss von Prora“. Der über 4,5 Kilometer lange Gebäudekomplex wurde von den Nationalsozialisten als gigantisches „Kraft durch Freude“-Seebad geplant, aber nie vollendet. Nach Jahrzehnten als militärisches Sperrgebiet der NVA wird das monumentale Bauwerk heute schrittweise umgestaltet. Neben einem Dokumentationszentrum und Museen entstehen moderne Ferienwohnungen – ein umstrittenes, aber beeindruckendes Beispiel für die Transformation eines Ortes mit schwerem Erbe.

Naturschauspiele und maritimes Flair
Ganz im Norden, am Kap Arkona, zeigt sich Rügen von seiner rauen Seite. Die 43 Meter hohe Steilküste, gekrönt von zwei markanten Leuchttürmen, bietet einen atemberaubenden Ausblick über die Weite der Ostsee. Der ältere, von Karl Friedrich Schinkel entworfene Backsteinturm und sein jüngerer, noch aktiver Nachbar sind ikonische Symbole für die Seefahrt und die ungezähmte Natur an der Nordspitze der Insel.

Das maritime Zentrum Rügens ist die Hafenstadt Sassnitz. Hier treffen Fischkutter auf Segelyachten und Ausflugsschiffe, die zu den berühmten Kreidefelsen des Nationalparks Jasmund aufbrechen. Ein Spaziergang auf der über 1,4 Kilometer langen Außenmole bis zum grün-weißen Leuchtturm ist ein Muss für jeden Besucher. Abends, wenn sich die Lichter im Hafenbecken spiegeln und das Riesenrad seine Runden dreht, entfaltet die Stadt eine ganz besondere, fast magische Atmosphäre.

Rügen ist somit ein Reiseziel, das seine Besucher auf mehreren Ebenen fesselt. Es ist die perfekte Symbiose aus erholsamem Strandurlaub, aktiver Naturerkundung und einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, die diese Insel so einzigartig und unvergesslich macht.

Die faszinierende und zwiespältige Reise eines Westdeutschen in die DDR

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1976 reist Zeitzeuge Herr Dörfler (*1959) zum ersten Mal in die DDR, dem früheren Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone. Er ist 17 Jahre jung. Gemeinsam mit seiner Mutter besucht er einen Teil seiner Familie in Dresden. Er ist fasziniert von der Stadt und von Ostdeutschland – von den Menschen, der Landschaft und der Kultur – und beginnt, regelmäßig in den Osten zu reisen.

Herr Dörfler unternahm als 16-Jähriger seine erste Reise in die Deutsche Demokratische Republik (DDR), eine Erfahrung, die sich über Jahrzehnte hinzog und sein Bild vom „anderen Deutschland“ maßgeblich prägte. Was als Besuch bei Verwandten begann, entwickelte sich zu einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit einem politisch und wirtschaftlich völlig unterschiedlichen System, das ihn zugleich anzog und herausforderte.

Das Exotische am Osten und der erste Grenzübertritt
Für Herrn Dörfler lag das „Exotische am Osten“ im Vergleich zweier unterschiedlicher Systeme innerhalb eines geteilten Landes. Trotz der politischen Trennung gab es eine gemeinsame Sprache, Mentalität und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das ihm entgegengebracht wurde. Dieses Gefühl wuchs mit jeder seiner zahlreichen Besuche, bei denen er sowohl „überwältigend viele schöne“ als auch „zwiespältige, zweifelhafte und problematische Eindrücke“ sammelte.

Sein erster Kontakt mit der DDR, etwa 30 Jahre vor dem Interview, führte ihn als 16-Jährigen mit dem Interzug von Frankfurt am Main nach Dresden-Neustadt. Die Grenzüberquerung im Bereich Bebra, Gerstungen, Eisenach war für ihn „sehr beeindruckend“. Er sah Sperranlagen und unfertige Sandsteinbrückenpfeiler, die „optisch sehr herausstachen“. Am Grenzbahnhof Gerstungen traf er erstmals auf offizielle Vertreter des anderen deutschen Staates. Die Kontrolle durch Angehörige der Grenztruppe der DDR und die Zollorgane – Pass-, Visum- und Gepäckkontrolle – war „kühl, nüchtern, nicht unfreundlich, aber unterschwellig hat man das auch als 16-Jähriger gemerkt, diese Herrschaften […] können sehr unangenehm werden“.

Die Motivation für wiederkehrende Besuche
Herr Dörfler entwickelte ein starkes Interesse daran, „sehr viel über dieses andere deutsche System erfahren“ zu wollen, sei es das politisch-ideologische oder das wirtschaftliche. Er wollte als Teenager einen Beitrag zum Gefühl der Zusammengehörigkeit leisten. Seine Reisen führten ihn nicht nur zu Verwandten, sondern er lernte auch immer wieder neue Menschen kennen, was zusätzliche Gründe für weitere Reisen schuf. Besondere Anziehungspunkte waren auch die landschaftliche Schönheit und kulturelle Highlights, wie Ausflüge ins Elbsandsteingebirge mit Besuchen der Bastei und der Festung Königstein sowie mehrmalige Besuche der Porzellanmanufaktur Meißen. Die gesamte Landschaft um Dresden faszinierte ihn sehr.

Herzliche Gastfreundschaft und unerfreuliche Begegnungen
Einer der schönsten Eindrücke war die große Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die er von vielen Bürgern Mitteldeutschlands erfuhr, oft sogar von Fremden. Ob es die Frage nach einer Sehenswürdigkeit, einer Straße oder der richtigen Straßenbahn war – er wurde nie unfreundlich behandelt, was sein Gefühl der Zusammengehörigkeit bestärkte.

Dem standen allerdings zwiespältige Erfahrungen mit offiziellen Vertretern des Staates gegenüber. Er störte sich oft am „rüden Ton“ und empfand diesen als „unpassend und auch als sehr unhöflich“, was dem Staat die Möglichkeit nahm, Sympathien zu erwerben. Konkrete Erlebnisse waren beispielsweise Begegnungen auf den sogenannten Volkspolizeikreisämtern, wo man sich anmelden musste. Dort herrschte ein „bellernder Umgangston“ mit Fragen wie: „Geben Sie mal Ihren Reisepass her. Wie lange wollen Sie bleiben? Da haben Sie das Feld nicht ausgefüllt!“.

Solch ein Verhalten schürte Aversionen und war den meisten DDR-Bürgern, die hilflos zuschauen mussten, selbst unangenehm und peinlich.

In seltenen Fällen erfuhr Herr Dörfler auch Ablehnung von Personen, etwa von einem FDJ-Gruppenleiter, der ihn als „unerwünschte Person“ oder „Gegner aus dem kapitalistischen Ausland“ ansah. Er bemerkte, dass mit diesen Menschen, die eine „vorgefertigte Meinung“ hatten, nicht zu reden oder zu diskutieren war. Er bedauerte, dass diese Personen eine Gelegenheit verpassten, etwas über das andere Deutschland aus der Sicht eines jungen Mannes zu erfahren, was zur „gegenseitigen Horizonterweiterung“ beigetragen hätte. Solche Begegnungen, wie eine kurze am Esstisch in einer Lokalität in Gera, waren jedoch selten. Letztlich respektierte er die damals geltenden Vorschriften, die „ungesetzliche Kontaktaufnahme“ seitens der Staatsbediensteten untersagten und Konflikte vermieden.

Das Erbe des Mauerfalls: Die Kinder, die zurückblieben

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Der Fall der Berliner Mauer im November 1989 war für viele ein Moment der Freude und des Aufbruchs. Doch für Hunderte Kinder in der ehemaligen DDR bedeutete er den Beginn eines Traumas, das bis heute nachwirkt: Ihre Eltern nutzten die neu gewonnene Freiheit zur Flucht in den Westen und ließen ihre Kinder zurück. Eine offizielle Statistik über diese „verlassenen Kinder der DDR“ gibt es nicht, doch schon einen Monat nach der Wende gab es allein in Berlin 50 solcher Fälle.

Katharina Ferner war zweieinhalb Jahre alt, als ihre Mutter in den Westen verschwand und sie zurückließ. „Man kann es gar nicht wirklich sagen, wie man sein muss, um so zu sein. Einfach nur kalt, abgeklärt und egoistisch“, reflektiert die heute 31-jährige Katharina. Ihr Leben begann im Kinderheim Makarenko in Berlin-Treptow-Köpenick, dem größten Kinderheim der untergegangenen DDR. Bei den Aufnahmen des Spiegel TV-Teams am Nikolaustag 1989 war Katharina eines der Heimkinder.

Lisa Hübner, Leiterin der Säuglingsstation, kümmerte sich damals auch um Katharinas neun Monate alten Bruder Steffen. Die Großmutter der Kinder informierte sie, dass die Mutter in der Bundesrepublik sei und ihre Kinder allein gelassen hatte. Da die Großeltern zu alt waren, um die Kinder aufzunehmen, blieben Katharina und Steffen vorerst im Heim. Die Mutter meldete sich nie wieder.

Die kleine Katharina war zu diesem Zeitpunkt „schwer traumatisiert“ und „sehr verstört“. Sie litt besonders unter der Abwesenheit der Mutter und verlangte immer wieder nach ihr. Die Heimleitung sprach von einem „verwaisten Kind, dessen Mutter nicht tot, sondern abgegangen ist“. Das Schlimmste für Katharina war der Verlust des Urvertrauens, dass Mütter nur das Beste für ihr Kind wollen.

Ein Leben gezeichnet von Misstrauen und dem Wunsch nach Kontrolle
Katharina wuchs später mit ihrem Bruder bei einer Adoptivfamilie auf, doch auch dort ging sie irgendwann auf Distanz, und der Kontakt brach ab. Von ihrer leiblichen Mutter weiß sie heute nicht viel, nur dass sie angeblich in Bayern auf einer Kinderstation gearbeitet haben soll. Gesucht hat Katharina sie nie.

Heute, 31 Jahre später, sieht Katharina Ferner die einzigen Kinderbilder aus jener Zeit zum ersten Mal. Ihre Reaktion ist geprägt von Unverständnis: „Wie kann man das ein Kind einfach [verlassen]? Ich verstehe es nicht“. Die Erfahrung der frühen Verlassenheit prägt ihr gesamtes Leben: „Ich kann also keine Nähe zulassen, ich kann sie nicht geben. Ich kann auch keinen an mich ranlassen, ich vertraue niemandem“. Besonders in Beziehungen fällt es ihr schwer, die Kontrolle abzugeben: „Ich brauche die Kontrolle, dass ich die Kontrolle nicht verliere, weil natürlich immer die Angst für mich da ist, dass, wenn ich mich nicht drum kümmere, dass es keiner macht“.

Weitere Schicksale und ein Appell an die Politik
Katharinas Geschichte ist kein Einzelfall. Im ehemaligen Kinderheim Fritz Weineck in Berlin-Friedrichsfelde landeten drei weitere Geschwister, die ebenfalls von einer Mutter zurückgelassen wurden, die den Westen spannender fand als ihren Nachwuchs. Fünf Tage nach der Maueröffnung hatte die Volkspolizei die Kinder in einer verlassenen Wohnung im Prenzlauer Berg entdeckt. Wie lange sie dort allein waren, konnte nicht mehr festgestellt werden. Der achtjährige Mag fühlte sich verantwortlich für seine jüngeren Brüder Steve (5) und Martin (3). Martin litt am meisten unter der Abwesenheit der Mutter und sprach kaum noch.

Christine Brand, ehemalige Leiterin eines Säuglingsheims in Erfurt, erinnert sich, wie auch ihre Einrichtung nach dem Exodus der Eltern Zulauf bekam – allein zwölf Kinder waren es bei ihr. Sie hat viel über die Ursachen nachgedacht: „Ursache war damals das, ja, die Grenzen offen waren, ein freudiges Ereignis für alle DDR-Bürger, und mancher waren dann so überschwänglich und sind verschwunden, haben aber das Beste, was sie hatten, hier gelassen“. Sie betont die Hilflosigkeit und Fassungslosigkeit der Kinder, für die „eine Welt zusammengebrochen“ sei.

Schon damals richtete die Leiterin eines Säuglingsheims einen dringenden Appell an die Politik: „Ich bitte deswegen dringend einmal unsere beiden Staaten gegenseitig aufeinander zuzugehen, um mit den örtlichen Organen der Jugendhilfe ein Rechtshilfeabkommen abzuschließen, um für diese Kinder eine Lösung zu finden“.

Ein Trauma, das bis heute nachwirkt
Katharina Ferner lebt heute selbst in Bayern und hat fünf Kinder. Das erste kam, als sie 18 war. Sie kümmert sich pflichtbewusst, fragt sich aber immer wieder: „Warum setzt man ein Kind in die Welt, wenn man es nicht will? Wenn man nicht mit allen Konsequenzen sich um dieses Kind kümmern möchte?“. Sie arbeitet hart an sich, um eine liebevolle Mutter sein zu können, die sie selbst nie hatte. Doch emotionale Nähe zu zeigen, fällt ihr schwer: „Ich unterdrücke ihre eigentlichen Gefühle unterdrückt und das ist halt ein auch manchmal ein Problem“. Sie bedauert, dass sie in manchen Situationen „kalt“ oder „abweisend“ reagiert, obwohl sie gerne anders handeln würde, aber nicht kann.
Die verlassenen Kinder der DDR – eine Geschichte, die auch 31 Jahre später noch nachwirkt und fassungslos macht.

Die vergessenen Kinder der Wende: Ein Mauerfall mit bitterem Nachgeschmack

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Der Fall der Berliner Mauer im November 1989 wird oft als ein Moment überschwänglicher Freude und Wiedervereinigung gefeiert. Doch für Tausende von Kindern in der DDR bedeutete er etwas ganz anderes: Trennung, Verlassenheit und eine Kindheit im Heim. Während Familien im Westen willkommen geheißen wurden, nutzten manche Eltern die Öffnung der Grenzen, um ihre „ungeliebten Kinder“ einfach zurückzulassen. Zwei dieser Kinder, Andreas und Thomas, erzählen ihre bewegenden Geschichten.

Andreas‘ Suche nach Halt und Familie
Für Andreas, der 1989 zwölf Jahre alt war, brachte der Mauerfall das Schlimmste, was einem Kind passieren kann. Seine Mutter, die ihn als Baby adoptiert hatte, ging in den Westen und ließ ihn in einem Erfurter Kinderheim zurück. Auch sein Vater wollte nichts mehr von ihm wissen. Andreas wünschte sich sogar, die Mauer wäre nie gefallen, denn dann hätte seine Mutter nicht gehen und er seinen Bruder behalten können, und es wäre nicht zu den späteren Streitigkeiten gekommen.

Die Zeit im Heim beschreibt Andreas als „beschissen“: Er wurde gehänselt und hatte anfangs keine Freunde. Er versuchte verzweifelt, den Kontakt zu seiner Mutter wieder aufzunehmen, schrieb Briefe und Karten, erhielt aber nie eine Antwort. Ihre Rechtfertigung, er sei schon im Kindergarten bockig gewesen und hätte in der Schule seine Hausaufgaben nicht gemacht, kann Andreas auch nach zehn Jahren nicht verstehen. Die Abwesenheit seines Bruders Christian schmerzte ihn besonders.

Mit 16 Jahren zog Andreas in ein Jugendheim in Hermannsburg bei Celle, wo er endlich Freunde fand. Er begann erfolgreich eine Lehre zum Tischler, kämpft jedoch seit drei Jahren vergeblich mit der Arbeitsplatzsuche. Ohne Arbeit und Kollegen fühlt er sich oft allein und seelisch nicht gut. Das Vertrauen zu anderen Menschen fällt ihm bis heute schwer.

Trotz allem hat Andreas den Mut gefunden, sich seiner Mutter erneut zu stellen. Er reiste nach Nordhausen in Thüringen, wo sie inzwischen wieder lebt. Die Angst vor dem Wiedersehen war groß – würde sie ihn annehmen oder die Tür vor der Nase zuschlagen? Nach jahrelanger Trennung war das Gespräch zunächst schwer, doch sein kleiner Bruder Christian freute sich riesig, Andreas endlich wieder umarmen zu können. Andreas hofft, dass sie den Streit vergessen und über alles reden können und dass es „nur besser werden kann“.

Thomas‘ Neuanfang und innere Stärke
Auch Thomas erlebte die Wende als schreckliches Ereignis. Wenige Monate nach dem Mauerfall ließen seine Eltern den damals fünfjährigen Jungen in einem Erfurter Kinderheim zurück. Er erinnert sich, wie er eines Freitags nicht mehr vom Kindergarten abgeholt wurde. Im Heim fehlte die direkte, individuelle Betreuung, und man wurde oft „in der großen Gruppe behandelt“.

Thomas hatte jedoch Glück: Eine Erzieherin namens Frau Werner hatte Mitleid mit ihm und nahm ihn als Pflegesohn auf. Für Thomas ist seine Pflegemutter „klasse“, weil sie ihn aus dem Heim holte, liebevoll und respektvoll ist und ihm Freiheiten lässt. Er empfindet, dass sie „beides“ für ihn ist – Mutter und Vater. Frau Werner, die selbst nicht verstehen kann, wie Mütter ihre Kinder wie Müll wegwerfen konnten, empfindet für Thomas die gleiche tiefe Liebe wie eine leibliche Mutter.

Von seiner leiblichen Mutter will Thomas heute nichts mehr wissen. Er empfindet „Abscheu“ und würde ihr „die Meinung sagen“. Seine Mutter hat sich bis heute kein einziges Mal bei ihm gemeldet. Jugendämter schätzen, dass einige Tausend Kinder nach dem Mauerfall von ihren Eltern einfach in Heimen „entsorgt“ wurden, viele von ihnen mussten bis zur Volljährigkeit dort ausharren.

Trotz seiner schwierigen Vergangenheit und einer körperlichen Behinderung – er musste neu laufen lernen und hatte keine Muskulatur auf dem rechten Bein – hat Thomas eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht. Er spielt Basketball, fährt Fahrrad und kann mit seinen Freunden mithalten. Der heute 15-Jährige ist ein selbstbewusster junger Mann, der stolz auf seine Leistungen ist. Er weiß, dass er Glück gehabt hat und was es bedeutet, geliebt zu werden.

Die Geschichten von Andreas und Thomas sind Mahnungen, dass der Mauerfall für viele Menschen auch eine dunkle Seite hatte und die Wunden der Vergangenheit oft noch lange nachwirken. Sie zeigen aber auch die immense Widerstandsfähigkeit von Kindern und die Bedeutung von bedingungsloser Liebe und Unterstützung.

Dessau fordert sofortige Vernichtung von Kampfgruppenwaffen unter Bürgerkontrolle

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Dessau – In einer hitzigen Debatte fordert die Bevölkerung Dessaus, vertreten durch den lokalen Runden Tisch, die sofortige und transparente Vernichtung der Waffen der Kampfgruppen. Die Stimmung ist angespannt, da die lokalen Akteure, gestärkt durch regelmäßige Demonstrationen tausender Bürger, eine Gefahr unbedachter Handlungen sehen, falls die Vernichtung weiterhin verzögert wird. Während Dessau entschlossen vorangeht, werden Verzögerungen und Untätigkeit seitens des Rates des Bezirkes Halle und der Berliner Regierung kritisiert.

Die Bürger in Dessau betonen, dass die Bevölkerung die Waffen vernichtet sehen will. Diese seien „ausgesonderte Armeewaffen“ und nur noch der Verschrottung zuzuführen. Es handelt sich in Dessau um 1538 Handfeuerwaffen, darunter Maschinenpistolen, leichte Maschinengewehre, Pistolen und Panzerfäuste. DDR-weit werden die Bestände der Kampfgruppen auf 400.000 bis 500.000 Waffen geschätzt, zuzüglich der Waffen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit.

Zentrale Forderungen und Kritik aus Dessau:

• Dezentrale Aufbereitung: Die Bürger schlagen vor, die Waffen dezentral in einem kostenlosen Arbeitseinsatz unbrauchbar zu machen, um dem Staat erhebliche finanzielle Mittel und Arbeitszeit zu sparen.

• Trennung von Waffen und Munition: Dies sei bisher nur in Dessau geschehen und müsse sofort in allen VPKA’s (Volkspolizeikreisämtern) der DDR angeordnet werden, um eine große Gefahrenquelle zu eliminieren.

• Irreversible Unbrauchbarmachung: Die Kreise sollen die Aufgabe erhalten, die Waffen dezentral und unwiderruflich unbrauchbar zu machen, bevor sie zentral zur Verschrottung abgeführt werden.

• Ablehnung der „Kampftruppen der Arbeiterklasse“: Die Bezeichnung wird als irreführend abgelehnt; es seien „Kampftruppen der SED“ gewesen, da der Arbeiter von Hause aus ein friedliebender Mensch sei.

• Historische Belastung: Viele junge Menschen wurden in der Vergangenheit gezwungen, mit solchen Waffen auf Menschenscheiben zu schießen, was ihre Zukunft verbaut habe. Diese Waffen waren dazu gedacht, auf Menschenmassen gerichtet zu werden.

Die lokale Seite sieht die zögerliche Auflösung des MfS und die verschleppende Haltung der Regierung bei den Kampfgruppen als Vertrauensbruch. Die „Tiefgruppe der Magnetbandfabrik“ hatte diese Angelegenheit überhaupt erst ins Rollen gebracht.

Herausforderungen und Entscheidungen der zentralen Organe:
Ein Vertreter des Ministeriums für Innere Angelegenheiten, Generalmajor Simon, wurde beauftragt, gemeinsam mit dem Runden Tisch in Dessau eine Lösung zu finden. Die Regierung betonte zunächst, dass die Waffen zentralen Objekten zur Vernichtung zugeführt werden sollen. Es wurde auch der Bedarf für eine landesweite „Signallösung“ diskutiert, die alle Waffen unbrauchbar machen würde, wobei jedoch Unsicherheit bestand, ob dies von der Regierung und dem Zentralen Runden Tisch in Berlin gewünscht sei.

Die Sorge der zentralen Stellen galt auch der Möglichkeit, dass Teile der Waffen möglicherweise von der NVA und Volkspolizei benötigt werden könnten, weshalb ein symbolischer Beginn der Vernichtung vorgeschlagen wurde, anstatt alle Waffen sofort zu zerstören.

Kompromiss und Einigung in Dessau:

Nach intensiven Beratungen, an denen auch Vertreter des Ministeriums für Innere Angelegenheiten und der Arbeitsgruppe Sicherheit des Runden Tisches in Berlin (SPD) teilnahmen, konnte eine Einigung erzielt werden. Es wurde festgehalten:

• Sofortiger Abtransport: Die Waffen werden sofort unter Aufsicht des Runden Tisches nach Dessau-Altenburg abtransportiert.

• Unschädlichmachung aller Kampfgruppenwaffen: Es wurde die Zustimmung eingeholt, dass alle Waffen der Kampfgruppen unschädlich gemacht werden. Dabei handelt es sich ausdrücklich um die Kampfgruppenwaffen, nicht um die Bewaffnung der Volkspolizei.

• Präzisierung des Vernichtungsbeginns: Der genaue Zeitpunkt des Beginns der Vernichtung soll noch präzisiert werden, um Sicherheit zu gewährleisten.

Der Runde Tisch in Dessau hatte zuvor den Beschluss gefasst, die Waffen unter Bürgerkontrolle in einem NVA-Objekt in Altenburg unbrauchbar zu machen. Diese nun getroffene Übereinkunft spiegelt den dringlichen Wunsch der Bevölkerung nach Handeln und Transparenz wider. Es ist ein wichtiger Schritt zur Wahrung der Gewaltfreiheit und zur Beendigung eines Kapitels, in dem Waffen auf Menschenmassen gerichtet waren.