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Die Zwangskollektivierung der DDR-Landwirtschaft

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Berlin – Vor genau einem Jahr meldete der letzte Bezirk in der damaligen Sowjetzone, dem heutigen Mitteldeutschland, den Abschluss der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft. Was die Staatspartei, die SED, als „spontanen, freiwilligen Drang der Massen nach einer gemeinsamen Bewirtschaftung des Bodens“ darstellte, entpuppte sich für viele als eine totale Umwälzung ihres Lebensgefühls und als eine zwangsweise sozialistische Umgestaltung. Helmut Reinhardt und der Landwirtschaftsexperte Friedrich Hoppe ziehen in einer aktuellen Betrachtung Bilanz über die Ereignisse, die vor einem Jahr im Schatten von Major Gagarins Weltraumflug und dem Eichmann-Prozess stattfanden.

Der „große Schritt vom Ich zum Wir“ – Eine Maskerade fällt
Unter der pathetischen Parole „Der große Schritt vom Ich zum Wir“ trieben die deutschen Kommunisten in ihrem Herrschaftsbereich eine gesellschaftliche Umwälzung voran. Bereits 1952 entstanden die ersten Kolchosen, doch im vergangenen Jahr, 1960, fiel endgültig die Maske. Agitationstrupps der Einheitspartei drangen im Stil militärischer Sonderkommandos bis in die guten Stuben der Bauern vor. Versammlungen und Lautsprecherpropaganda wechselten sich ab, und Funktionäre der SED ließen die noch selbstständigen Landwirte wochenlang nicht aus den Klammern der Ideologie. Die Polemik gipfelte in dem gefährlich primitiven Schlagwort: „Wer für die LPG ist, ist für den Frieden, wer gegen die LPG ist, ist für den Krieg“.

SED-Sekretär Ulbricht wischte die schwere seelische Bedrängnis einzelner Bauern einfach vom Tisch und sprach von „einzelnen Fällen von Überspitzungen“. Vor der Ostberliner Volkskammer wurde die zwar unblutige, aber dennoch dramatische Kollektivierungskampagne als „Erfolg für ganz Deutschland“ inszeniert. Ulbricht versprach, die genossenschaftliche Arbeit würde eine höhere Arbeitsorganisation, die Anwendung landwirtschaftswissenschaftlicher Erfahrungen und moderner Technik ermöglichen, den Wohlstand des Volkes erhöhen, die Arbeit erleichtern und ein kulturvolles Leben ermöglichen.

Die harte Realität: Leid, Flucht und wirtschaftliche Probleme
Die Realität sah anders aus. Gab es am 1. Januar 1960 noch rund 300.000 selbstständige Bauern und Gärtner, die 46,9% der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschafteten, so zählte man ein Jahr später bereits 19.000 Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPGs), die 86% der Fläche bewirtschafteten. Von 608.000 landwirtschaftlichen Privatbetrieben im Jahr 1946 waren am 31. März 1960 nur noch 140.000 übrig, und über 90% aller Privatbetriebe wurden liquidiert. „Das hat mit gerechter und sinnvoller Bodenreform nichts zu tun, das ist ihre Vernichtung,“ kommentierte Carlo Schmidt von der Bundesregierung.

Das Ergebnis dieser Maßnahme des Ulbricht-Staates war viel menschliches Leid, erschütternde Einzelschicksale und tausende von Flüchtlingen. Im vergangenen Jahr flohen über 14.000 Bauern und Landwirte, in den ersten drei Monaten dieses Jahres fast 3.000 weitere.

Typen von LPGs: Unterschiedliche Belastungen
Die SED ging den Bauern taktisch entgegen, indem sie nicht nur eine einheitliche Form der Kollektivierung schuf. Es gab zwei Haupttypen von LPGs:

• LPG Typ 1: Eine mildere Form, bei der der Bauer nur seinen Acker einbrachte, das Vieh aber noch selbst behielt. Diese Bauern standen ihren Arbeiten noch relativ besser da.

• LPG Typ 3: Die „Vollkolchose“, in der Acker, Vieh, Wald – alles gemeinsam und kollektiv bewirtschaftet wurde. Der Bauer hatte kaum noch entscheidenden Einfluss auf die Produktion. Die Verhältnisse hier waren oft „geradezu trostlos“. Ein befragter Bauer, nun Rinderpfleger in einer Typ-3-Genossenschaft, schilderte zwar eine Arbeitserleichterung für Frauen, betonte aber auch die ursprüngliche Überlastung und die nun mangelnde Einflussnahme auf die Produktion.

Erntekampf und Versorgungsmängel
Als die Ernte heranrückte, fehlten in den neu gegründeten Genossenschaften Maschinen, Geräte und Ersatzteile. Ulbrichts Prognose, alles würde leichter gehen, erfüllte sich nicht. Eine umfassende Mobilisierung städtischer Arbeitskräfte wurde notwendig; Hunderttausende Arbeiter, Angestellte, Soldaten, Hausfrauen und Jugendbrigaden halfen zumeist unentgeltlich und „freiwillig“ bei der Ernte. Sowjetische Soldaten und Einheiten der Nationalen Volksarmee leisteten ebenfalls Erntehilfe. Trotz dieser Anstrengungen und der offiziellen Losung „Stadt und Land Hand in Hand“, schrieb die Ostberliner Zeitschrift „Neue Justiz“ von einer „tiefen verbrecherischen Gleichgültigkeit und Interessenlosigkeit“ in vielen LPGs zur Erntezeit.

Die Futterwirtschaft erwies sich als „Schmerzenskind des Regimes“. Die Planwirtschaft führte dazu, dass Viehbestände erhöht wurden, ohne dass genügend Futter vorhanden war. Dies führte zu abmagerndem Vieh und sinkender Milch- und Fleischproduktion. Ein „DDR-Futtermeister“ wurde ernannt, um dieses Dilemma zu lösen. Auch der Mangel an Arbeitskräften war gravierend, und die Mechanisierung der Landwirtschaft hinkte hinterher. Der volkswirtschaftliche Plan sah 1961 nur die Zufuhr von 13.000 Traktoren für die gesamte Landwirtschaft vor – im Vergleich dazu wurden in Westdeutschland im Februar desselben Jahres 7.000 bis 8.000 Schlepper zugelassen.

Die Löhne der Genossenschaftsbauern waren, gemessen an der sogenannten „Arbeitseinheit“, gering. Durchschnittsverdienste von 180 bis 230 Mark im Monat führten zu großer Unzufriedenheit.

Kirche und Propaganda im Spannungsfeld
Die evangelischen Landeskirchen Mitteldeutschlands verurteilten die bei der Kollektivierung angewandten Methoden und Übergriffe scharf. Landesbischof Krummacher warnte die Menschen vor Resignation, mahnte aber auch, dass die Kirche die Verantwortung habe, für die Einbringung der Ernte zu sorgen – um der Mitmenschen und des täglichen Brotes willen.

Um von den eigenen Schwierigkeiten abzulenken, konstruierte die kommunistische Propaganda ein trostloses Bild der Lage in der Bundesrepublik Deutschland, berichtete von Bauernlegen und Strukturwandel. Gleichzeitig erfand man „muster-kuh Flora“ und „musterschwein Jolante“, die komisch und zugleich produktionsfördernd wirken sollten – eine Maßnahme, die an die NS-Zwangswirtschaft erinnerte.

Die Bundesregierung protestierte schärfstens gegen die Rechtsverletzungen und die Unmenschlichkeit der Kollektivierung. Eine internationale Juristenkommission stellte fest, dass Grundrechte der Bevölkerung, die in der Verfassung der DDR garantiert waren, verletzt worden waren.

Die „Vernichtung der Bauernschaft“ in der DDR wurde vollzogen. Ein Jahr danach bleibt die Bilanz ernüchternd: Der „Schritt vom Ich zum Wir“ war für viele Bauern ein erzwungener Weg, der von persönlichem Leid, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Aufgabe ihrer Eigenständigkeit geprägt war.

Warum die DDR selten „kommunistisch“ genannt wird

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Die Bezeichnung der DDR als „kommunistisch“ ist in Deutschland bis heute ein umstrittenes Thema, obwohl die Begriffe „sozialistisch“ und „kommunistisch“ in der Praxis oft synonym verwendet wurden, sowohl in der DDR als auch in der Sowjetunion und anderen Staaten des Ostblocks. Dr. Stefan Wolle, Wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums, beleuchtet die komplexen Gründe für diese sprachliche Zurückhaltung und die historischen Hintergründe.

Die Vermeidungsstrategie der SED
Einer der Hauptgründe, warum die herrschende Partei in der DDR – die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) – sich nicht explizit als „kommunistische Partei“ bezeichnete, liegt in ihrer Gründungsgeschichte. Am 21. April 1946 schlossen sich in der sowjetischen Besatzungszone die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) zur SED zusammen. Um die Interessen beider Seiten zu wahren, wurde der Begriff „Kommunismus“ oder „Kommunistische Partei“ streng vermieden. Dieser Zusammenschluss von Sozialdemokraten und Kommunisten und die daraus resultierende Benennung als „Sozialistische Einheitspartei“ blieb bis zur Umbenennung in „Partei des demokratischen Sozialismus“ im Januar 1990 bestehen.

Auch wenn die Parteien in der Tschechoslowakei oder der Sowjetunion sich offen als „kommunistische Partei“ bezeichneten, war dies in den meisten anderen Ländern des Ostblocks, wie Polen, Ungarn, Rumänien oder Albanien, nicht der Fall. Dort wurden stattdessen oft Bezeichnungen wie „Arbeiterpartei“ verwendet, wie etwa die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP).

Kommunismus – eine Frage der Definition
Die Schwierigkeit im Umgang mit dem Begriff „Kommunismus“ liegt auch in seiner Doppeldeutigkeit. Zum einen bezeichnet er eine politische Bewegung, Parteien und ein Weltsystem, das in Resten noch heute in Ländern wie Nordkorea und Kuba existiert. Zum anderen steht „Kommunismus“ in der marxistisch-leninistischen Terminologie für eine Zukunftsvision: eine klassenlose Gesellschaft, die nach dem Sozialismus kommen und keine entfremdete Arbeit mehr kennen würde, sondern Arbeit aus Spaß und zur Selbstverwirklichung. Diese Vision wurde jedoch nie erreicht.
Trotzdem kann man vom Gesamtsystem als Kommunismus sprechen und beispielsweise die Sowjetunion als kommunistisch bezeichnen, zumal sie eine „Kommunistische Partei der Sowjetunion“ hatte. Dr. Wolle betont, dass die Begriffe „sozialistisch“ und „kommunistisch“ sehr oft synonym gebraucht und stark durcheinandergegangen sind.

Der positive Beiklang des Begriffs in Deutschland
In anderen ehemaligen Ostblockländern, wie Polen, Ungarn oder der Tschechischen und Slowakischen Republik, gibt es keinerlei Hemmungen, von einer „kommunistischen Diktatur“ zu sprechen. Dort ist es allgemeiner Sprachgebrauch, die Herrschenden als Kommunisten zu bezeichnen.
Im vereinigten Deutschland hingegen tut man sich schwer, von einer „kommunistischen Diktatur“ in der DDR zu sprechen. Stattdessen wird meist der Begriff „SED-Diktatur“ verwendet, und jeder weiß, was damit gemeint ist. Ein psychologischer Faktor spielt dabei eine Rolle: Im deutschen Sprachgebrauch gilt der Begriff „Kommunist“ oft immer noch als etwas Positives, Heldenhaftes, Fortschrittliches oder Gutes. Viele Menschen stolpern daher über den Begriff „kommunistische Diktatur“ und sprechen lieber vom „SED-System“ oder „SED-Regime“.

Diese Sprachregelung ist auch für die Nachfolgerparteien der SED, wie die PDS und die heutige Linkspartei, sehr bequem. Sie können problemlos von der „SED-Diktatur“ sprechen, da die SED als Partei nicht mehr existiert, und so eine tiefere Auseinandersetzung mit der Ideologie vermeiden, in deren Namen bis 1989 gehandelt wurde. Die Konzentration auf die SED als Organisation, statt auf die dahinterstehende kommunistische Ideologie, ermöglicht es, sich von der Vergangenheit abzugrenzen, ohne die ideologischen Wurzeln offen ansprechen zu müssen.

Die Debatte um die Bezeichnung der DDR bleibt somit ein Spiegel der deutschen Erinnerungskultur und des komplexen Verhältnisses zu ihrer kommunistischen Vergangenheit.

Boxlegende Henry Maske ehrt Max Schmeling und fördert den Nachwuchs in Sewekow

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Sewekow bei Wittstock – Großer Andrang herrschte am 9. August in der kleinen Ortschaft Sewekow, als die deutsche Boxlegende Henry Maske die „Max-Schmeling-Halle“ besuchte. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Heimatvereins Sewekow erfüllte sich ein langgehegter Wunsch vieler Anwesender: Maske, bekannt als „Gentleman-Boxer“ und Darsteller Max Schmelings im Film „Max Schmeling – eine deutsche Legende“, gab sich die Ehre. Der Besuch war eine Hommage an Schmeling und bot Maske die Gelegenheit, tiefe Einblicke in seine Karriere, seine Rolle im Film und seine Verbundenheit zum Boxsport zu geben, gekrönt von einer bemerkenswerten Spende an die lokale Jugendarbeit.

Die Max-Schmeling-Halle, deren Grundsteinlegung 2005 erfolgte und die 2007 offiziell in Betrieb ging, trägt den Namen der Boxikone mit dessen Zustimmung aus dem Jahr 2003. Max Schmeling verstarb leider im selben Jahr, noch vor der Grundsteinlegung, im Alter von 99 Jahren. Großformatige Schwarz-Weiß-Fotos in der Halle zeigen Max Schmeling, darunter auch eines im freundschaftlichen Gespräch mit Henry Maske, was die enge Verbindung der beiden Boxer unterstreicht.

Max Schmeling als Filmfigur und Vermächtnis
Der Höhepunkt der Veranstaltung war die Vorführung des Films „Max Schmeling – eine deutsche Legende“, in dem Henry Maske die Hauptrolle spielte. Die Entscheidung, Maske als Schmeling zu besetzen, ging auf einen persönlichen Wunsch Max Schmelings selbst zurück, der bereits 2002 geäußert hatte: „Wenn mich einer spielt, dann spielt mich der Henry“. Diese Empfehlung empfand Maske als Vermächtnis und lehnte die Rolle trotz anfänglicher Zweifel an seinen schauspielerischen Fähigkeiten nicht ab.

Maske bereitete sich acht Monate intensiv auf die Rolle vor, auch wenn er zugab, nicht annähernd die schauspielerische Begabung eines Profis zu besitzen. Für ihn war es entscheidend, den Menschen Max Schmeling authentisch darzustellen und dessen Ernsthaftigkeit zu vermitteln.

Besonders herausfordernd war für den Linkshänder Maske die Darstellung des rechtshändigen Schmeling, doch mit professionellen Boxern als Partner im Ring und angepassten Kampfstilen der 30er Jahre gelang es, die Kämpfe überzeugend darzustellen. Maske gestand jedoch auch, dass die Darstellung der innigen Beziehung Schmelings zu seiner Frau Anni Ondra für ihn der schwierigste Teil des Films war, obwohl es nur einen Kuss gab.

Henry Maskes Blick auf den Boxsport
Im Gespräch mit Heidi Schäfer teilte Maske auch seine persönlichen Erfahrungen und Ansichten zum Boxsport. Er erläuterte, dass ein Boxer vor einem Wettkampf nicht die Angst im herkömmlichen Sinne empfindet, sondern „großen Respekt vor dem, worauf man sich eingelassen hat“. Er beschrieb den Weg vom Umkleideraum zum Ring als einen „Weg zum Schafott“, der jedoch mit dem Gongschlag alle Zweifel vergessen lässt. Die wichtigste Aufgabe eines Boxers sei es, sich selbst zu verteidigen und sicher zu sein.

Maske, der bereits mit sechs Jahren zum Boxen kam, obwohl er mit neun Jahren aufhören wollte, hatte das Glück, stets hervorragende Trainer zu haben, darunter Hans Hörnlein. Diese Trainer erkannten sein Potenzial, obwohl er sich selbst nicht als Naturtalent beschrieb und weder über den idealen Körperbau noch über perfekte Koordination verfügte. Sein Stil, der weniger auf harte Schläge als auf Technik und Verteidigungsbereitschaft setzte, polarisierte anfangs, wurde aber durch seinen Erfolg und die hohe Zuschauerquote bei seinen Profikämpfen schließlich akzeptiert und respektiert.

Überraschend für viele war Maskes Entscheidung, zehn Jahre nach seinem Rücktritt, 2007, erneut gegen seinen einstigen Rivalen Virgil Hill anzutreten. Maske erklärte, dass Hills erneuter Weltmeistertitel im Cruisergewicht 2006 ihn motivierte, da er die Chance sah, einen amtierenden Weltmeister zu schlagen und so die Ernsthaftigkeit seines Comebacks zu untermauern. Seine Frau erkannte dabei seine besonderen „Boxeraugen“, die eine tiefe Entschlossenheit signalisierten. Trotz der Herausforderung und der langen Vorbereitung von 45 Wochen und 6 Tagen vertraute ihm seine Familie voll und ganz, was für Maske entscheidend war. Der schwierigste Kampf seiner Karriere sei der erste gegen Graciano Rocchigiani gewesen, der ihn körperlich und mental an seine Grenzen brachte.

Engagement für den Nachwuchs und die Zukunft des Boxens
Henry Maske setzt sich seit 1999 mit seiner Stiftung „Ein Platz für Kinder“ für benachteiligte Kinder und Jugendliche ein. Im Rahmen seines Besuchs in Sewekow verzichtete er auf sein Honorar und spendete die Einnahmen dem Projekt „Kampfsport ohne Grenzen – Inklusion und Integration“ der SG Einheit Wittstock. Das Projekt, das Jiu-Jitsu in Wittstock und Pritzwald anbietet, wird von Trainer Frank Kallis geleitet. Maske betonte die Bedeutung von Sportangeboten für Kinder und Jugendliche, insbesondere in Kampfsportarten, die Verteidigungsbereitschaft und Selbstkontrolle lehren.

Auf die Frage nach dem aktuellen Zustand des deutschen Profiboxens zeigte sich Maske kritisch. Er bedauerte, dass vieles in der Vergangenheit nicht optimal gelaufen sei, um international an der Spitze zu bleiben. Er schloss jedoch eine Tätigkeit als Trainer für sich selbst aus, da er es nicht verkraften könnte, talentierte Nachwuchsboxer an andere abgeben zu müssen. Dennoch lobte er die Fairness und den Charakter der Boxer und die positiven Resonanzen des Sports in den letzten Jahren.

Henry Maskes Besuch in Sewekow war mehr als nur eine Stippvisite; es war ein bewegendes Zeugnis der Verbundenheit zweier Boxlegenden und ein inspirierender Appell an die Bedeutung von Sport und Engagement für die nächste Generation. Die Veranstaltung endete mit herzlichem Dank an Maske für seine Großzügigkeit und an das Publikum für seine Teilnahme.

Carmen Maja Antoni: Eine Königin der Bühne und des Lebens

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Usedom/Berlin. Wenn Carmen Maja Antoni heute auf Usedum aufs Meer blickt, wo sie seit vielen Jahren ihre Heimat gefunden hat, schließt sich ein Kreis eines Lebens, das von großer Leidenschaft für die Kunst, aber auch von tiefen persönlichen Einschnitten geprägt ist. Die malerische Insel entdeckte sie einst bei Dreharbeiten, doch ihr Weg zur Schauspielikone begann weit entfernt von den ruhigen Küsten Usedoms – in einem Nachkriegs-Berlin voller Trümmer und Entbehrungen.

Der erste Funke in Trümmern und auf der Bühne Carmen Maja Antonis Kindheit war von Sorgen und dem Mangel an Vater und Geld geprägt. Doch schon früh zeigte sich ihr Talent: Im Pionierkabarett des Deutschen Fernsehfunks sammelte die kleine Maja erste Bühnenerfahrungen. Ihre rührenden Auftritte waren der erste Schritt zu ihrem späteren Beruf. Ein Schlüsselerlebnis war, als die Regisseurin einer Kindersendung ihr Talent erkannte und sie ermutigte, die Filmhochschule zu besuchen. Mit gerade einmal 16 Jahren stellte sie sich der Aufnahmekommission der Babelsberger Filmhochschule, damals mitten im Grenzgebiet. Ihre Aufnahmeprüfung war legendär: Sie spielte Lieschen und Grätchen aus Goethes „Faust“, rannte „wie ein Torpedo“ über die Bühne, entriss einem Dozenten die Kaffeetasse und behauptete, es sei der Ziehbrunnen. Das Publikum lachte Tränen, während sie sich über deren vermeintliche Respektlosigkeit ärgerte – und wurde dennoch angenommen.

Vom Potsdamer Hans Otto Theater zur Berliner Volksbühne Bereits während ihres Studiums spielte Antoni ihre ersten Hauptrollen am Potsdamer Hans Otto Theater, darunter die Grusche im „Kaukasischen Kreidekreis“. Für ihre Arbeit erhielt sie erste Ovationen – ein überwältigendes Gefühl der Anerkennung, das sie in ihrer Kindheit oft vermisst hatte. Ihr späterer Kollege Hermann Beer erinnerte sich verblüfft an die junge Darstellerin. In den 60er-Jahren führte ihr Weg von Potsdam an die Berliner Volksbühne, wo sie auf den Schweizer Theaterregisseur Benno Besson traf. Seine fantasievollen und frechen Inszenierungen führten das Ensemble auf abenteuerliche Weltreisen, die sich wie eine „Klassenfahrt“ anfühlten und unvergessliche Begegnungen mit Menschen und Kulturschaffenden brachten. In dieser Zeit entwickelte Antoni auch eines ihrer Markenzeichen im Film: den trockenen Humor.

Eine „Antoni“ am Berliner Ensemble und der Kampf um die Kunst Immer wieder zog es sie jedoch zum berühmten Berliner Ensemble (BE). Helene Weigel hatte ihr einst prophezeit: „Du kommst schon noch, Puppal“. Dort wurde sie endgültig zur „Antoni“, erarbeitete mit dem Theatermann Manfred Karge viele Brecht-Rollen und feierte Erfolge mit seinem Solostück „Jacke wie Hose“, das um die halbe Welt tourte. Ihre charakterstarke Durchsetzungskraft wurde schon damals bewundert.

Das Ende der 80er-Jahre brachte jedoch auch das Ende der DDR. Obwohl Antoni es nicht herbeigesehnt hatte, empfand sie es als unausweichlich. Eine Zeit großer Hoffnungen und Enttäuschungen begann, begleitet von einem „tiefen, traurigen, bluesmäßigen“ Sound. Auch das einst so renommierte Berliner Ensemble geriet in eine Krise: Interne Streitigkeiten und die Auseinandersetzung zwischen alter Leitung und Kultursenat lähmten das Haus, und sogar die Schließung des Theaters wurde öffentlich diskutiert. Der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen erinnerte sich an Berlins enorme wirtschaftliche und finanzielle Probleme nach dem Mauerfall, betonte jedoch den Wunsch, Berlins Stärken in Ost und West als kulturelle Hauptstadt zu erhalten. Antoni appellierte in dieser Zeit an die Verantwortung für das Haus und für Brecht.

Triumph im Film und persönlicher Verlust Mitten in diesen Turbulenzen gelang Carmen Maja Antoni ein kleines Wunder: Die ARD verfilmte Erwin Strittmatters Roman „Der Laden“, und sie erhielt eine „wunderbare Rolle“ als anderthalb Meter große Großmutter. Ihre geringe Körpergröße wurde plötzlich zum Vorteil, und sie spielte eine 25-jährige Familiengeschichte vom 60. bis zum 86. Lebensjahr der Figur, obwohl sie selbst erst 50 war. Die Rolle der Großmutter verlangte ihr viel ab – die Aggression und Wut, die sie darstellte, fielen ihr jedoch „relativ leicht“, da sie aus einem Elternhaus kam, in dem es „heiß herging“.

In dieser erfolgreichen Zeit traf die Familie jedoch ein schwerer Schlag: Ihr Mann Malte, ein sensibler und gebildeter Journalist, verlor seine Arbeit und verstarb mit Mitte 50 im Jahr 1999. Für Tochter Jenny, ebenfalls Schauspielerin, war es der „schlimmste Moment“ ihres Lebens. Die Familie saß „gelähmt“ da, und nur der Zusammenhalt half, diese unermessliche Wunde zu überwinden.

Die Ära Peymann und der Abschied vom Welttheater Im selben Jahr übernahm der legendäre Klaus Peymann die Leitung des Berliner Ensembles. Die erste Begegnung zwischen Peymann und Antoni war nicht „Liebe auf den ersten Blick“, doch sie arbeiteten 19 Jahre zusammen. Antoni beschrieb Peymann als „wilden Kerl, einen König, einen Schreier, einen Brüller, einen Rebellen, einen verrückten Kerl“. Sie aber war auch „verrückt“, und beide brannten „besessen von der Idee, Theater zu machen“. Peymann schätzte ihren Humor und ihre Disziplin, während sie seine „unglaubliche Klugheit“ bewunderte. Unter seiner Leitung wurde das Berliner Ensemble wieder zu einem Welttheater. Antoni sah sich selbst nie als Untertan, sondern als „Königin“. Peymann gab ihr die Hauptrolle in seiner Brecht-Inszenierung „Die Mutter“, womit sie in bester Tradition des Hauses stand. Es folgten zahlreiche weitere Erfolge, darunter „Die Präsidentinnen“, „Emmanuel Kant“, „Der gute Mensch von Sezuan“ und schließlich die legendäre „Mutter Courage und ihre Kinder“. Sie wurde Publikumsliebling und erhielt zweimal den renommierten Berliner Kritikerpreis. Nach 40 Jahren stand Carmen Maja Antoni zum letzten Mal auf den berühmten Brettern des BE. Intendant Peymann bereitete ihr einen grandiosen Abschied von der Bühne, und das Publikum entließ sie erst nach einer halben Stunde Standing Ovations.

Authentizität vor der Kamera und familiäres Erbe Auch im Fernsehen ist Carmen Maja Antoni nicht mehr wegzudenken. Iris Berben wollte sie aufgrund ihres „authentischen Spiels“ unbedingt für ihre ZDF-Reihe „Rosa Roth“ gewinnen. Berben bewundert Antoni zutiefst: „Sie spielt nicht, sie ist dieser Mensch“, eine „genaue, tiefgründige Schauspielerin“, deren Überzeugungskraft im Spiel sie einzigartig macht. Schließlich erfüllte sich auch ein lang gehegter Wunsch: Carmen Maja Antoni spielte gemeinsam mit ihrer Tochter Jenny in einem der beliebten Krause-Filme. Jenny Antoni, die selbst Schauspielerin wurde, erinnert sich lebendig an ihre Kindheit im künstlerischen Haushalt, die vielen Künstler und Musiker am BE und die Sommer an der Ostsee mit dem Ensemble. Ihre Entscheidung, Schauspielerin zu werden, traf sie mit 13 Jahren ganz bewusst, als sie sich die Haare grün färben ließ und zum Casting ging.

Heute bilden Tochter Jenny, Sohn Jakob (der in Kanada lebt) und ihre Kinder eine kleine, verschworene Gemeinschaft. Carmen Maja Antoni blickt auf ihr Leben zurück und stellt fest: „Eigentlich hatte ich immer Glück im Leben. Ich konnte das tun und kann es immer noch tun, worauf ich Lust habe und was ich kann“. Ob Theater spielen, Filme drehen, lesen, mit Freunden lachen, große Feste feiern, essen oder fröhlich sein – sie hofft, dies noch eine ganze Weile tun zu können, „wenn uns die Welt nicht im Stich lässt“. Nach solchen Erlebnissen braucht es den Blick aufs Meer und den Wind im Gesicht, um innezuhalten – ein Moment der Ruhe für eine Künstlerin, die die deutsche Bühnen- und Fernsehlandschaft nachhaltig geprägt hat.

Historischer 1.1 Pickup kehrt ins August Horch Museum Zwickau zurück

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Zwickau – Der lang ersehnte 1.1 Pickup, von den Mitarbeitern des Fördervereins August Horch Museum e.V. liebevoll als „Schmückstück“ und „herrliches Auto“ bezeichnet, ist in die museumseigene Werkstatt in Zwickau zurückgekehrt. Nach umfangreichen Vorarbeiten steht nun die Endmontage an, mit dem ambitionierten Ziel, das Fahrzeug ab dem kommenden Jahr als offiziellen Dienstwagen des Fördervereins bei Veranstaltungen einzusetzen.

Die Ankunft des „Goldstecks“ war ein Ereignis, das Präzision und Teamarbeit erforderte. Der Pickup wurde von einem Transporter entladen und musste vorsichtig in die Werkstatt manövriert werden. „Die Lenkung ist nicht gerade“, bemerkte einer der Helfer während des komplizierten Rangiervorgangs, bei dem auch die Handbremse eine Rolle spielte. Wolfgang, ein Mitarbeiter, nahm die „ganze Last“ des noch innenlebenlosen Fahrzeugs auf.

Trotz des fehlenden Interieurs hat das Fahrzeug bereits eine beeindruckende Transformation durchlaufen. Die Stoßstangen und Lampenringe sind „wieder hübsch gemacht“ und sehen aus „wie neu“. Auch Motor und Getriebe sind bereits eingebaut, wobei diese Arbeiten voraussichtlich im Autohaus Floss in Hüdelsgrün durchgeführt wurden. Achsen sind ebenfalls verbaut, wobei Teile davon vom Verein selbst bearbeitet wurden.

Besonderheiten des Pickups
Der 1.1 Pickup birgt einige historische Details. Auffällig ist das „Blech, was den Rüssel dann abdeckt“, ein spezielles Abdeckblech für einen bestimmten Bauteil, den sogenannten „Rüssel“. Eine weitere Besonderheit ist die Heckklappe: Es war tatsächlich möglich, den 1.1 Pickup mit geöffneter Heckklappe zu fahren. Hierfür konnte das Kennzeichen abgeklappt werden, sodass es inklusive Beleuchtung weiterhin lesbar war – eine Einzigartigkeit, die nur der originale, in der Sachsenring-Werbung genutzte Pickup besaß.

Ein weiteres interessantes Detail liefert Falk Wanhof, der probeweise ein schwarzes Blech aus V4A nachproduzieren ließ, das ursprünglich aus Sachsenringzeiten stammt. Wer Interesse an solchen Teilen hat, kann sich über die Kommentare des begleitenden Videos mit Herrn Wanhof vernetzen.

Zukunftspläne im Förderverein
Die Werkstatt des Fördervereins ist bereit für das Projekt. Um Platz zu schaffen, wird der aktuell dort stehende P70 bald zum Lackierer überführt, um ebenfalls fertiggestellt zu werden. Der 1.1 Pickup wird nun „komplettiert“, was bedeutet, dass „das ganze Innenleben“ eingesetzt wird.

Die Vorfreude auf das fertiggestellte Fahrzeug ist groß. „Da können wir uns schon mal freuen für nächstes Jahr, da werden wir schon echt die ersten Auftritte machen mit dem Auto“, heißt es aus dem Förderverein. Der 1.1 Pickup ist als „Dienstwagen“ vorgesehen, der es dem Förderverein ermöglichen soll, zu Treffen zu fahren und ein „eigenes Auto“ zu präsentieren. Die Fertigstellung ist ein weiterer Meilenstein in der Bewahrung der automobilen Geschichte des August Horch Museums.

Die Stille Tragödie der DDR-Stars: Als die Scheinwerfer nach der Wende erloschen

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Es ist eine kaum ausgesprochene Wahrheit, die sich in den Biografien vieler ostdeutscher Künstler nach dem Mauerfall widerspiegelt: einst gefeierte Helden der DEFA, des Fernsehens und der großen Bühnen des Landes, die nach dem Ende der DDR in den Hintergrund gedrängt wurden. Millionen bewunderten sie, doch für viele bedeutete die politische Wende das Ende ihrer künstlerischen Existenz. Der Glanz verblasste, das Publikum wechselte, und mit der Zeit auch das Gedächtnis der Nation.

Viele dieser Persönlichkeiten verloren nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihre Anerkennung, ihre Stimme und ihre künstlerische Heimat. Einige verschwanden aus der Öffentlichkeit, andere kämpften mit Krankheit, Demenz oder dem Vergessenwerden. Was bleibt, ist die drängende Frage, wie es geschehen konnte, dass diese Namen, einst so hell leuchtend, plötzlich ins Dunkel fielen.

Einige dieser Schicksale, die exemplarisch für eine ganze Generation stehen, umfassen:

Peter Reuße (1941-2022): Einer der gefragtesten DEFA-Schauspieler der 1960er und 70er Jahre, das Gesicht einer Generation, prägte Filme wie „Ich war 19“. Nach der Wiedervereinigung wurde es still um ihn, Rollen blieben aus. Er zog sich krankheitsbedingt zurück und starb 2022 im Alter von 81 Jahren fast unbemerkt von der medialen Welt, die ihn einst gefeiert hatte.

Helger Göring (1922-2010): Mit über 300 Film- und Fernsehrollen, darunter in Serien wie „Polizeiruf 110“, war sie eine feste Größe im kulturellen Leben des Ostens. Das neue Deutschland nach der Wende bot ihr keinen Platz mehr. Sie kämpfte in ihren letzten Lebensjahren mit Demenz und starb 2010 leise und fast vergessen in einem Pflegeheim.

Christel Bodenstein (1938-2024): Das „Märchengesicht“ einer ganzen Generation, bekannt als Prinzessin im Kultfilm „Das singende klingende Bäumchen“. Nach der Wiedervereinigung zog sie sich bewusst aus der Öffentlichkeit zurück. Sie starb 2024 in aller Stille, fernab großer Schlagzeilen.

Bodo Krämer (1945-2003): Ein Charakterdarsteller der Volksbühne Berlin und zahlreicher DEFA-Filme. Er blieb der Kunst treu, arbeitete in kleineren Projekten, doch der große Ruhm blieb aus. Er erkrankte an Krebs und verstarb 2003 mit nur 58 Jahren, sein Talent oft übersehen.

Klaus Peter Thiele (1940-2011): Als jugendliches Idol wurde er 1965 mit dem Antikriegsfilm „Die Abenteuer des Werner Holt“ über Nacht berühmt. Nach dem Mauerfall blieben die großen Rollen aus, und er zog sich in kleinere Projekte zurück. Er starb 2011 an einer schweren Krebserkrankung, beinahe unbemerkt.

Martin Eckermann (gest. 2005): Als Schauspieler und Regisseur jahrzehntelang für das Fernsehen der DDR tätig, war er ein beständiger Pfeiler der DDR-Kulturlandschaft. Nach dem Zusammenbruch des Systems kehrte er auf die Theaterbühne zurück und starb 2005 in Frieden, nicht im Rampenlicht, aber auch nicht im vollständigen Vergessen.

Rolf Römer (1935-2000): Eine Leinwandikone der DEFA durch Filme wie „Die Söhne der Großen Bärin“. Nachdem er sich 1976 offen gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns stellte, wurde er von der DDR-Kulturpolitik ausgegrenzt. Nach der Wende gelang ihm kein großer Neustart. Er starb 2000 bei einem tragischen Haushaltsunfall.

Margot Ebert (1926-2009): Über Jahrzehnte das vertraute Gesicht des DDR-Fernsehens, bekannt für ihre festlichen Weihnachtsprogramme. Nach der Wiedervereinigung verschwanden ihre Sendungen, und ihre Popularität fand im Westen keinen Widerhall. Die Einsamkeit lastete schwer auf ihr. 2009 setzte sie ihrem Leben selbst ein Ende – ein tragisches Finale, das zeigt, wie gnadenlos Ruhm vergehen kann.

Jan Spitzer Kasa (1947-2022): Ein vertrautes Gesicht des DDR-Fernsehens und Synchronsprecher mit markanter Stimme. Trotz seiner Vielseitigkeit verlor er den Kontakt zum großen Publikum und wurde kaum noch wahrgenommen. Er verstarb 2022 nahezu lautlos.

Alfred Müller (1926-2010): Zu DDR-Zeiten ein Superstar mit über 120 Film- und Theaterrollen, unvergessen seine Darstellung als Geheimagent in „Das unsichtbare Visier“. Nach der Wende verfielen seine Rollen in Vergessenheit, und er verlor das breite Publikum. Er starb 2010 an Krebs in einem Deutschland, das sich nicht mehr an seinen größten Fernsehstar erinnerte.

Die Lebensgeschichten dieser Künstler offenbaren ein kollektives Muster des Verschwindens. Sie waren einst Symbole einer Kultur, Träger von Hoffnung, Gesicht und Stimme einer ganzen Generation. Das neue Kapitel des Erfolgs blieb für viele aus, stattdessen folgten Rückzug, Stillstand, Einsamkeit bis zum leisen Tod.

Diese Namen sind nicht bloß Fußnoten der Filmgeschichte; sie sind eine Mahnung und Erinnerung zugleich. Denn wer das kulturelle Erbe eines Landes vergisst, verliert mehr als nur Geschichte – er verliert ein Stück Identität. Es ist an der Zeit, nicht nur zu gedenken, sondern ihre Werke, ihre Stimmen und ihre Gesichter wiederzuentdecken.

Sommer 1990: Die DDR im Aufbruch – Zwischen Tanzflächen, Trümmern und Tischen

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Der Sommer 1990 ist in der DDR eine Zeit des radikalen Wandels. Die D-Mark ist eingeführt, der Westen frei bereisbar, und die einst strikt getrennten Welten vermischen sich. Überall im Land ist der Umbruch spürbar – auf den Tanzflächen Ost-Berlins, in den zerfallenden Städten und an den Runden Tischen, wo ein neuer politischer Alltag beginnt.

Die mobile Disco: Ein DJ im Operncafé zwischen Ost und West
In Ost-Berlin legt DJ Jul, bürgerlich Ulrich Schleusner, im Operncafé unter den Linden auf. Die Zeiten, in denen er eine strikte Ost-West-Quote beachten musste, sind vorbei. Doch sein Job unterscheidet sich noch immer stark von dem seiner westdeutschen Kollegen. Jul ist ein „mobiler Diskjockey“. Er schleppt seine gesamte Ausrüstung – Verstärker, Mischpulte, Mikrofone, Abspielgeräte, Boxen, sogar Lichtanlagen – jeden Abend selbst an, da er sie aus Sicherheitsgründen nicht vor Ort lassen kann. In der DDR war der Begriff „Diskothek“ nicht wie international üblich ein fest installierter Raum, sondern ein Ort, der für eine Veranstaltung temporär vom DJ mit eigener Technik ausgestattet wurde.

Vor der Wende war der Beruf des Diskjockeys stark reglementiert. Man brauchte eine Berechtigung, die man durch Lehrgänge erwarb, die nicht nur technisches und musisches Wissen, sondern auch kulturpolitische Grundsätze vermittelten. Diskjockeys unterlagen staatlicher Kontrolle, und Agenten der Konzertagentur überprüften die Einhaltung der berüchtigten 60:40-Regel, die das Verhältnis von DDR- zu Westmusik vorschrieb. Doch angesichts eines „dünnen und flauen“ heimischen Musikmarktes umging man diese Vorgabe oft großzügig. Die Diskotheken dienten als Ventil für die Jugendlichen, eine Möglichkeit zur „Kanalisierung“, wo man über die Musikquote hinwegsehen konnte, um sie nicht „mit dem Kofferradio“ auf der Straße zu sehen.

Nach dem Fall der Mauer erlebt auch das Operncafé Veränderungen. Das „Niveau“ habe sich gesenkt, stellen die Mitarbeiter fest. Viele Besucher kommen nun, um „billig zu essen und billig zu trinken“, während andere neugierig „gucken“ kommen, wie es im Osten ist, so wie viele Ostdeutsche zuvor den Westen erkundeten. Auch für die DDR-Unterhaltungskünstler ändert sich viel. Während Helga Hanemann, eine bekannte Künstlerin, noch ihre Fans hat, kämpfen viele Kollegen mit „Dumpingpreisen“ aus dem Westen und müssen sich in einem neuen Umfeld von Kommerz und Konkurrenz zurechtfinden.

Der Palast der Republik im Zentrum Berlins, der ebenfalls ums Publikum und seine Zukunft kämpft, versucht mit zusätzlichen Angeboten die Menschen anzulocken. Er will seine ursprüngliche Vision als „Haus des Volkes“ verwirklichen, muss aber feststellen, dass das bisherige Publikum andere Dinge vorhat und das westberliner Publikum aufgrund eines „gespaltenen Images“ noch nicht gewonnen werden konnte.

Zerfall und Neuanfang: Görlitz kämpft um sein Erbe
Während sich das kulturelle Leben neu sortiert, offenbart sich in Städten und Dörfern der fortschreitende Verfall. Ein Beispiel ist Görlitz an der polnischen Grenze. Die einst stolze Stadt spiegelt heute die Tristesse einer geteilten Grenzstadt wider. Der von Kriegen weitgehend verschonte mittelalterliche Stadtkern und die repräsentativen Gründerbauten bilden ein „europaweit einmaliges Flächendenkmal“. Doch das, was Jahrhunderte überlebt hat, ist in nur 40 Jahren realem Sozialismus „verfallen, verkommen und buchstäblich verdreckt“.

Eine überparteiliche Bürgerbewegung, der „Aktionskreis Rettet die Stadt Görlitz“, hat sich gebildet, um dem Verfall entgegenzuwirken. Ihr Ziel ist es, Görlitz wieder zu einer Kultur- und Kongressstadt zu machen und Denkmäler wie das älteste Renaissancehaus Deutschlands, den Schönhof, zu rekonstruieren, um ein Zeichen zu setzen.

Runde Tische: Ein Vorgeschmack auf den demokratischen Alltag
Neben kulturellen und baulichen Umbrüchen vollzieht sich auch ein fundamentaler politischer Wandel. Bürgerinnen und Bürger verhandeln an Runden Tischen auf Augenhöhe mit Staatsvertretern – ein Novum und Vorgeschmack auf den demokratischen Alltag. In Quedlinburg im Harz verfolgt der Deutschlandfunkreporter Hansjürgen Fink die Arbeit eines solchen Runden Tisches. Moderiert von Pastorin Ursula Meckel aus Thale, spiegeln sich hier die Konfrontationen zwischen den alten Parteien und neuen Gruppierungen wider.

Diskussionen um den Bau eines Wasserbehälters zeigen die klassischen Fronten zwischen Umweltschützern und Technokraten. Das Misstrauen gegenüber Entscheidungen aus der Honecker-Zeit ist groß: „Gilt denn heute noch, was in der Honekerzeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Rücksicht auf die Umwelt genehmigt wurde?“. Die PDS, die Nachfolgepartei der SED, hat es schwer, Akzeptanz zu finden. Die Vorsitzende fühlt sich isoliert und muss sich Fragen nach der Herkunft von Parteieigentum wie dem „Haus der Einheit“ stellen lassen.

Trotz dieser Herausforderungen ermöglichen die Runden Tische den Bürgern erstmals Einblick in den Staatsapparat und die Verwaltungsangelegenheiten. Für Ludwig Müller vom Neuen Forum haben die Runden Tische einen „Übergangscharakter“, bis demokratische Wahlen stattfinden. Sie bewirken, dass die alten Strukturen nicht mehr „frei entscheiden können“ und jemand „ein Auge drauf hat“. Wolfgang Döcke vom Neuen Forum betont die „ganz neue persönliche Erfahrung“ im Umgang mit den Staatsorganen, nachdem die Bürger zuvor immer als „unmündig“ behandelt wurden.

Blick in die ungewisse Zukunft
Der Schriftsteller Erich Loest blickt bereits in die nahe Zukunft und misstraut den „Westimporten“ für die Führung der künftigen Landesparlamente und -regierungen. Die Personaldecke der Parteien ist dünn, und die Aufgaben in Ländern wie Mecklenburg-Vorpommern – mit bröckelnder Landwirtschaft, Schiffbau und Tourismus – sind gigantisch. Persönliche Opfer sind gefragt, und die Frage nach Lebensqualität und Karriere im Umbruchland ist allgegenwärtig.

Doch trotz aller Schwierigkeiten und Unsicherheiten ist klar: Die DDR im Sommer 1990 ist ein Land, das aufbricht. Freiheit und Demokratie müssen gelernt werden, nicht nur von den Ostdeutschen, sondern im Miteinander. Es ist eine Zeit des Abschieds vom Alten und des vorsichtigen Betretens eines noch unbekannten neuen Weges.

Wo Goethes Geist auf Waldwandel trifft – Eine Reise mit der Harzer Schmalspurbahn

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Der Harz, das höchste Mittelgebirge Norddeutschlands, zieht seit Jahrhunderten Reisende in seinen Bann. Doch während Johann Wolfgang von Goethe einst die unberührte Natur als Forschungsreisender erkundete, erwartet heutige Besucher eine Landschaft im Wandel. Eine Fahrt mit der Harzer Schmalspurbahn zum sagenumwobenen Brocken offenbart nicht nur historische Pfade, sondern auch die dramatischen Spuren des Klimawandels und menschlicher Eingriffe.

Auf Goethes Spuren: Der Brocken als Inspirationsquelle
Johann Wolfgang von Goethe war zweifellos einer der berühmtesten Harzbesucher. Er kam nicht als Urlauber, sondern als Forschungsreisender, der sich den Bereichen Geologie und Bergbau widmete. Der Brocken, auf 1141 Metern Höhe gelegen, faszinierte ihn besonders, und er bestieg den Berg dreimal, erstmals am 10. Dezember 1777. Die Eindrücke und Erlebnisse seiner Harzreisen inspirierten ihn tief und fanden Eingang in sein literarisches Schaffen. So setzte er dem Brocken mit der berühmten Szene der Walpurgisnacht in seinem „Faust“ ein literarisches Denkmal, in der Hexen und der Teufel auf dem Brockenwipfel ein rauschendes Fest feiern.

Die Fahrt zum Gipfel: Eine technische Meisterleistung
Heute erreicht man den Brocken bequem mit der Harzer Schmalspurbahn. Ihre Lokomotive, eine Dampfmaschine, wiegt 60 Tonnen und verfügt über eine Leistung von 700 PS. Sie wird mit Wasser und Koks betrieben und schafft die Steigung zum Brocken als reine Adhäsionsbahn ohne zusätzliche Hilfsmittel wie ein Zahnrad. Die Spurbreite der Bahn beträgt 1000 Millimeter. Oben angekommen, lädt ein Rundwanderweg zum Spazieren ein, bevor es nach etwa zwei Stunden zurück nach Schierke geht. Dabei gilt: Die Bahn auf dem Brocken hat Vorfahrt, Züge müssen gegebenenfalls auf dem Abstellgleis oder einer Ausweichstelle warten.

Waldwandel: Ein „Trauermärchen“ für Goethe?
Doch der Blick aus dem Zugfenster und auf dem Gipfel offenbart ein erschütterndes Bild: kahlstehende Bäume. Dies ist das Ergebnis eines umfangreichen Waldsterbens, dessen Ursachen vielfältig sind. Neben der Monokultur von schnellwachsenden Kiefern und Fichten, die früh Gewinn versprechen, tragen auch zu wenig Niederschläge, der Klimawandel und der Borkenkäfer zu diesem Zustand bei. Um der Erosion vorzubeugen, lässt man die kahlen Bäume stehen.

Angesichts dieser Bilder drängt sich die Frage auf: Was würde Wolfgang von Goethe dazu sagen? Würden ihm noch Gedichte oder Verse einfallen? Vielleicht sogar eine Oper unter dem Titel „Das Trauermärchen“? Die Quellen reflektieren die Trauer über den Verlust von Jahrzehnten der Sauerstoffproduktion, der Freude und Gesundheit, die dieser Wald den Menschen einst spendete, und die ungenutzte Energie, die nun als totes Holz daliegt.

Die Reise zum Brocken ist somit heute nicht nur eine Hommage an Goethes Erbe, sondern auch eine mahnende Konfrontation mit den Herausforderungen unserer Zeit und dem dringenden Bedarf an Waldschutz und nachhaltigen Praktiken.

Spuk im Hochhaus: Der DDR-Kult, der mehr als nur Geisterjagden bot

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Lange bevor übernatürliche Elemente die amerikanische Kleinstadt Hawkins in Stranger Things heimsuchten, gab es in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bereits einen Kult, der Realität und Übernatürliches auf einzigartige Weise verband: „Spuk im Hochhaus“. Dieser ostdeutsche Fernsehstreich, der 1982 Premiere feierte, ist bis heute ein Phänomen, das Generationen begeistert und sich tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat.

Von kriminellen Wirten zu guten Geistern im Plattenbau
Die Handlung von „Spuk im Hochhaus“ beginnt im frühen 19. Jahrhundert, wo die gewissenlosen Wirtsleute Jette und August Deibelschmidt Gäste betäuben, ausrauben und töten. Als der Polizeikommissarius Friedrich Wilhelm Licht ihren betrügerischen Machenschaften auf die Schliche kommt, sterben alle drei in einem Brand. Doch der Kommissar belegt das Gaunerpärchen mit einem Fluch: 200 Jahre später, im Jahr 1982 der DDR, erwachen Jette und August als Geister in einem modernen Plattenbau.

Statt Schnaps und Bratpfanne erwarten sie nun Aufzüge, Wäscheleinen und lärmende Nachbarn. Ihre Aufgabe: Sie müssen Gutes tun, um Erlösung zu finden. Dabei steht ihnen der Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel des Kommissars Licht zur Seite, der zum heimlichen Verbündeten wird. Mit jedem Erfolg ertönt ein mysteriöser Gong, der als „Sound der Erlösung“ fungiert. Die Serie entfaltet sich über sieben Folgen, in denen Jette und August durch sieben Etagen und sieben Schicksale spuken. Der wahre Zauber liegt darin, dass sie als Geister bessere Menschen werden, als sie es je zu Lebzeiten waren. Es ist, wie es in der Reportage heißt, „sozialistisches Ghostbusting mit Bratpfanne und Gewissen“.

Die Geburt eines Spuk-Universums
„Spuk im Hochhaus“ war keine isolierte Idee, sondern die konsequente Weiterentwicklung der äußerst erfolgreichen Vorgängerserie „Spuk unterm Riesenrad“ aus dem Jahr 1979. Regisseur Günther Mayer und Drehbuchautor C.U. Wiesner hatten bereits mit dem ersten „Spuk“ ein Millionenpublikum begeistert. Die Idee zur ersten Serie entstand, als das DDR-Fernsehen Anfang der 1970er Jahre nach fantasievollen Kinderformaten suchte, die Unterhaltung und pädagogischen Wert vereinten. Wiesner orientierte sich an klassischen Märchenmotiven, doch statt Rittern und Prinzessinnen sollten moderne Kinder mit übernatürlichen Erscheinungen konfrontiert werden.

Für „Spuk im Hochhaus“ setzten Mayer und Wiesner bewusst auf ein neues Setting – ein Hochhaus im Osten Berlins – um den bewährten Zauber mit frischen Figuren und Alltagszenen zu verbinden. Die Serie wurde bewusst als Siebenteiler konzipiert, mit einer guten Tat pro Episode.

Tricktechnik made in DDR: Rauch statt Rechner
Mit einem Budget, das kaum für ein Walkie-Talkie in einer modernen Hollywood-Produktion reichen würde, musste „Spuk im Hochhaus“ auf handgemachte Filmtricks setzen. Die Trickabteilung des DDR-Fernsehens, geleitet von Heinz Goldmann, realisierte verblüffende Effekte:

Der Rückwärtstrick: Ein Schraubenzieher, der wie von Geisterhand in die Hand zurückschwebt, war einfach ein Werkzeug, das fallen gelassen und dann rückwärts abgespielt wurde.

Draht und Angelschnur: Unsichtbare Angelschnüre bewegten Tassen, Türen und Stühle.

Doppelbelichtung: Um transparente Geister darzustellen, wurde eine Szene zweimal gefilmt (einmal leer, einmal mit Schauspielern) und dann übereinandergelegt.

Spiegeltricks (Pepper’s Ghost): Ein schräg gestellter Spiegel reflektierte eine versteckte Szene ins eigentliche Bild, sodass Geister scheinbar durch Wände traten. Besonders eindrucksvoll war der Trick, bei dem Jette und August den Kopf durch eine Wand steckten. Die Schauspieler standen stundenlang auf einer Kiste, während eine Wand um ihre Köpfe herum tapeziert wurde, und wurden hinter der Wand gefüttert, da ihre Arme blockiert waren.

Miniaturen: Für verzauberte Häuserfronten kamen im Studio präparierte Modelle zum Einsatz.

Geräuschkulisse: Knarrende Türen, flüsternde Stimmen und Poltern aus dem Off schufen eine Atmosphäre, die die Geister im Kopf des Publikums zum Leben erweckte.

Ikonen des DDR-Fernsehens und der Geist der Serie
In den Hauptrollen glänzten Katja Parüla als Jette Deibelschmidt und Heinz Rennhack als August. Parüla, bereits gefeierte Bühnenkünstlerin, brachte als Jette eine grantige, warmherzige und herrlich übertriebene Darstellung auf den Bildschirm. Rennhack, bekannt als Komiker und Musiker, verkörperte August als liebenswerten Wichtigtuer mit perfektem Timing und Slapstick-Charme. Heinz Rennhack war auch für seinen Humor hinter den Kulissen bekannt, wie ein Vorfall im Schneideraum zeigt, als er nach der fünften Synchronisationsaufnahme für das Wort „Australien“ scherzhaft drohte, gar nichts mehr zu sagen, wenn er noch einmal die „rote Lampe“ sähe.

Auch andere bekannte Gesichter des DDR-Fernsehens waren dabei, wie Stefan Liszewski als Hausmeister Kegel, der als einziger Schauspieler in allen drei „Spuk“-Serien von Günther Mayer eine feste Rolle innehatte. Gary Wolf spielte sowohl den Kommissar Licht als auch dessen Ur-Ur-Ur-Urenkel. Sogar Regisseur Günther Mayer und Drehbuchautor C.U. Wiesner hatten Cameo-Auftritte in ihren Werken.

Durch das Zensurlabyrinth der DDR
Trotz seiner märchenhaften Verpackung musste die „Spuk“-Reihe einige Hürden der DDR-Zensur nehmen. Der ursprüngliche Titel für „Spuk unterm Riesenrad“, „Die Ausreißer“, wurde wegen der Assoziation mit „Ausreiseranträgen“ (Ausreiseanträgen) schnell verworfen. Auch der Dreh von Szenen auf dem Dach des HO-Kaufhauses am Alexanderplatz führte zu Problemen, als die Crew Fahnen zum 1. Mai entfernte und die Volkspolizei einschreiten musste.

Der wohl drastischste Eingriff betraf eine Szene in „Spuk unterm Riesenrad“, in der der Riese Würste um den Hals trug und volle Wurstauslagen zu sehen waren. Aufgrund einer „Fleisch- und Wurstknappheit“ in der Republik wurde diese Szene zensiert und elektronisch um 30 Sekunden gekürzt, da sie in der DDR „nicht gezeigt werden konnte“. Doch C.U. Wiesner setzte sich beim ZK dafür ein, sodass die Kürzung nur auf Matzband erfolgte und die ungeschnittene 35mm-Fassung später bei Wiederholungen gezeigt wurde. Insgesamt passierte die Serie die staatliche Kontrolle jedoch weitgehend unproblematisch, da ihre Kritik im Gewand des Märchens daherkam und nicht als direkte politische Botschaft wahrgenommen wurde.

Der Gong klingt weiter: Ein bleibendes Erbe
Der Soundtrack von „Spuk im Hochhaus“, komponiert von Thomas Natschinski, prägt die Serie akustisch entscheidend mit dem markanten Gong als Erkennungszeichen. Die Musik bewegt sich zwischen mystischen Klangteppichen, schrägen Themen und Spannungsmomenten, stets passend zur Mischung aus Grusel, Komik und Alltagsabsurdität.

„Spuk im Hochhaus“ wurde sogar international verkauft, unter anderem in die Sowjetunion, nach Polen, Kuba und andere „befreundete Staaten“, wo es oft als pädagogisch wertvoll galt. Das „Spuk-Universum“ wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt mit „Spuk von draußen“ (1987), das Science-Fiction-Elemente einführte, und nach der Wende mit „Spuk aus der Gruft“ (1998), „Spuk im Reich der Schatten“ (2000) und „Spuk am Tor der Zeit“ (2002). Das Motiv des vermenschlichten Roboters „Opa Rudelwald“ aus „Spuk von draußen“ wurde zu einer der beliebtesten Figuren, so sehr, dass Schauspieler Uwe Detlef Jessen noch Jahre später von Fans in Springerstiefeln um Autogramme gebeten wurde.

Zuletzt kehrte die Spukwelt 2024 mit dem Kinofilm „Spuk unterm Riesenrad“ auf die Leinwand zurück, einer modernen Fortsetzung des Originals.

Für viele, die in der DDR aufwuchsen, ist „Spuk im Hochhaus“ ein Stück Kindheit, ein popkultureller Geisterzug durch Plattenbauten und Alltagsbeobachtungen. Während die Effekte für heutige Streaming-Generationen „eher kurios als kultig“ wirken mögen, bleibt die Serie ein „Zeitdokument mit Herz, Humor und Haltung“. Ihre Mischung aus absurder Komik, fantastischen Elementen und unterschwelliger Systemkritik trifft auch Jahrzehnte später einen Nerv. Der Spuk lebt weiter, ganz ohne Algorithmen und TikTok-Trends.

Erinnerungen an die Hochseefischerei der DDR

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Für viele, deren Arbeitsleben beendet ist, verblassen die Erinnerungen an Berufe, die einst das Leben prägten. Doch beim Anblick alter Filme oder Erzählungen werden diese Geschichten wieder lebendig und erzählen von einer Zeit, in der die Männer der DDR-Hochseefischerei auf den Weltmeeren zu Hause waren. Es waren Geschichten, die von Abenteuer, harter Arbeit und einem einzigartigen Zusammenhalt zeugen.

Ein Leben auf See: Vom Heimathafen zu fernen Fanggründen
Seit den 1970er Jahren zog es junge Männer in diesen anspruchsvollen Beruf. Nach einer anstrengenden 24-Stunden-Reise befanden sich die Seeleute auf dem Weg in den Südwestatlantik. Ihr Arbeitsplatz waren die Meere der Welt, oft weit entfernt von Rostock, dem Heimathafen. Die Reisen führten sie unter anderem nach Las Palmas, Namibia, Angola, in den Südwestatlantik, nach Kanada, zu den Inseln Südgeorgiens, in die Antarktis und die Tropen Namibias.

Eine typische Reise dauerte 100 Tage Fangzeit. Ein Beispielschiff war die „Rudolf Leonard“, ein Fang- und Verarbeitungsschiff, das vier Tage dämpfen musste, um 1000 Seemeilen südlich, über 200 Seemeilen vor der argentinischen Küste, zu den Fanggründen zu gelangen. Dort versammelten sich in der Hochsaison oft bis zu 300 Schiffe aus aller Welt, darunter elf Schiffe aus der DDR.

Der Fang: Kalamar und die globalen Märkte
Ein wichtiger Fang war der Kalamar (Tintenfisch), eine Delikatesse für Feinschmecker weltweit. Doch warum so weit fischen? Kapitän Fritz Suhrbier erklärte, dass die Ausdehnung der ökonomischen Zonen der Küstenstaaten auf bis zu 200 Seemeilen die Fischerei dazu zwang, Verträge und Lizenzen zu erwerben. Der Kalamar-Fangplatz im Westatlantik lag außerhalb dieser 200-Meilen-Zone. Der Kalamar war für die DDR von großer Bedeutung, da Haupabnehmer wie Japan und Spanien mit Devisen bezahlten, womit wiederum andere Materialien wie Hering oder Trawl in Schottland gekauft werden konnten. Neben Kalamar wurden auch Rotbarsch und Seehecht gefangen.

Die Fischerei war intensiv: Nach fünf Stunden wurde oft der erste Fang eingeholt. Die Arbeit war schwer, und Befehle mussten sofort verstanden und ausgeführt werden, um das beste Ergebnis zu erzielen. Neben der Schleppnetzfischerei bei Tag kam auch die Lichtangelei zum Einsatz, bei der riesige, über 1000 Quadratmeter große Fallschirme als Treibanker das Schiff stabilisierten und Stützsegel gehisst wurden, um Kalamar mit hakenbestückten Angelschnüren nach Sonnenuntergang anzulocken.

Leben und Karriere an Bord: Eine Gemeinschaft auf See
Die Besatzung eines Schiffes wie der „Rudolf Leonard“ zählte rund 90 Mann, darunter sechs Vollmatrosen oder Lehrlinge. Die Ausbildung zum Matrosen-Fischer dauerte drei Jahre. Nach einer theoretischen Grundausbildung erhielten die Lehrlinge an Bord den „letzten Schliff“. Ein guter Matrose benötigte etwa zwei bis drei Jahre Erfahrung.

Die Aufstiegsmöglichkeiten waren vielfältig. Matrosen konnten nach dem Wehrdienst eine Ingenieurschule für Seefahrt besuchen, ein vier- bis viereinhalbjähriges Direktstudium absolvieren und als nautischer Offizier in die Flotte zurückkehren. Auch eine Qualifikation an Deck als Netzmacher oder Bestmann war möglich, oder ein Studium zum Lebensmittelingenieur, um als Leitender Ingenieur für Produktion zu arbeiten. Kapitän Fritz Suhrbier selbst begann 1953 als Lehrling und wurde nach Seefahrtschulen und verschiedenen Positionen ab 1972 durchgehend Kapitän. Im Grunde konnte jeder Matrose mit entsprechendem Engagement Kapitän werden.

Das Leben an Bord war jedoch nicht nur Arbeit. Während eine Hälfte der Besatzung in Produktion, auf der Brücke oder im Maschinenraum arbeitete, hatte die andere Hälfte freie Wache. In der Mannschaftsmesse gab es täglich Video- und Filmvorführungen, und die Bücherschränke waren gut gefüllt. Die Verpflegung war ausgezeichnet; Kameramann und Tonmeister nahmen nach einigen Wochen an Bord sogar zu. Die Stimmung an Bord war gut, und die Arbeit in der Kombüse trug dazu bei.

Begegnungen auf hoher See waren keine Seltenheit. Die Schiffe der DDR-Hochseefischerei trafen sich, tauschten Güter wie Frischgemüse, Obst oder Fangzubehör aus und versorgten sich gegenseitig. Auch Besatzungswechsel fanden oft auf See statt, wie bei der „Jungen Garde“, dem Flaggschiff der DDR-Flotte im Südwestatlantik.

Motivation und Heimkehr: Der Reiz der Ferne
Was trieb diese Männer an? Viele wollten die „große weite Welt sehen“ und erlebten einen Beruf, in dem „jeder Tag anders“ war, ohne den gleichen Trott. Der Verdienst spielte ebenfalls eine Rolle. Und trotz der langen Abwesenheit vom Zuhause, manchmal 100 Tage, hatten Hochseefischer paradoxerweise oft mehr zusammenhängende Zeit für die Familie als „normale“ Landarbeiter, da sie über 30 Tage Grundurlaub hatten, plus Sonntage und Feiertage. Diese Zeit wurde für Familienausflüge, Hobbys und Urlaub genutzt. Die Heimkehr war für viele das Beste an allem.

Auch wenn sich der Winter im Südwestatlantik ankündigte, während zu Hause Sommer war, blieben die Hochseefischer ihren Aufgaben treu. Sie bereisten vier Kontinente in 100 Tagen. Andreas Lehmann, ein Matrose, der auf dieser Reise zum Vollmatrosen avancierte, schätzte die Fachkenntnisse der nautischen Offiziere und Matrosen – es waren alles „ganze Kerle“, die ihren Mann standen.

Diese Geschichten sind ein lebendiges Zeugnis einer Zeit, in der das Meer nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern ein Lebensraum voller Abenteuer und harter Arbeit für die Männer der DDR-Hochseefischerei war.