Potsdam, 1985 – Ein Ausbildungsfilm des Filmstudios der Nationalen Volksarmee (NVA) gewährt tiefe Einblicke in die hochkomplexe Ausbildung zum Überwinden von Wasserhindernissen mit Schützenpanzern (SPz). Unter dem Titel „Wasserfahrt mit SPz – Ausbildungsfilm der NVA“ wird die akribische Vorbereitung und Durchführung dieser Manöver gezeigt, die für die geografischen Gegebenheiten Mitteleuropas als entscheidend für die militärische Meisterschaft galten.
Der Film, der die Ausbildung einer Kompanie bei der Überwindung von Wasserhindernissen in Kolonnenform dokumentiert, verdeutlicht die Ernsthaftigkeit und Präzision, mit der die NVA ihre Besatzungen schulte. Das Ziel: Jedes Besatzungsmitglied sollte seine Kenntnisse der Vorbereitungsarbeiten an Land vertiefen, im kollektiven Handeln die erforderlichen Fertigkeiten erwerben und Erfahrungen sammeln. Jede Arbeit musste exakt durchgeführt werden, denn diese Ausbildung war eine direkte Vorbereitung auf das Gefecht.
Der Weg zum Wasser: Akribische Planung und Vorbereitung
Der Ausbildungsprozess begann lange vor dem eigentlichen Eintauchen ins Wasser. Pioniere klärten im Vorfeld die Strömungsgeschwindigkeit auf, und die Strecke wurde in mehrere Abschnitte unterteilt:
• Vorbereitungsraum: Dieser musste so weit vom Wasserhindernis entfernt liegen, dass Schutz vor gegnerischer Sicht und Waffenwirkung gewährleistet war. Hier wurde auch das gesamte Material (z.B. Ballast) bereitgestellt.
• Ablauflinie und Kontrolldurchlassstelle: Auch dieser Bereich durfte vom Wasserhindernis nicht einsehbar sein.
• Kontrollstelle: Direkt vor oder unmittelbar am Wasserhindernis eingerichtet.
• Übersetzstelle: Der eigentliche Punkt der Wasserüberquerung.
Die Vorbereitung war in zwei Etappen gegliedert. Die erste umfasste die Arbeiten im Vorbereitungsraum und die Überprüfung in der Kontrolldurchlassstelle. Die zweite Etappe beinhaltete abschließende Vorbereitungen und die Endkontrolle unmittelbar vor der Wasserfahrt. Der Stellvertreter des Kompaniechefs für Technik und Bewaffnung war verantwortlich für die Einweisung der Besatzungen und die Vorbereitung der Fahrzeuge.
Perfektion bis ins Detail: Die Aufgaben der Besatzung
Die Verantwortung für die sachgemäße und exakte Vorbereitung der Kampftechnik lag bei jedem Besatzungsmitglied, wobei der Kommandant die Gesamtverantwortung trug. Die Checks waren umfassend:
• Flüssigkeitskontrolle: Der Fahrer prüfte Ölstände im Motor und Getriebe sowie die Kraftstoff-, Schmier- und Kühlanlage.
• Dichtheitsprüfung: Der Kommandant kontrollierte die Luftzufuhr- und Auspuffanlage auf Undichtigkeiten bei der Hauptnutzungsdrehzahl von 2000 bis 2600 Umdrehungen pro Minute. Besonders kritisch war der feste Sitz aller Lukendeckel und Verschlüsse im Wannenboden, wie des Lukendeckels unter dem Motor, der Vorwärmerluke und der Ablassschraube für den Kraftstoff. Undichte Stellen hätten den sofortigen Ausfall des Fahrzeugs bedeutet.
• Sicherungen: Abschleppseile mussten korrekt ausgelegt und mit speziellen Bolzen gesichert sein, um eine schnelle Bergung im Havariefall zu garantieren. Holzkeile dienten als zusätzliche Sicherung gegen das unbeabsichtigte Lösen der Seile am Abschlepphaken.
• Funktionstests: Die Funktion der Motorschutzventile, die das Eindringen von Wasser bei Motorstillstand verhindern, wurde ebenso geprüft wie die Dichtungen der Hecktüren und das ordnungsgemäße Verschließen von Kampf- und Paradeluken. Ein funktionstüchtiger Wellenabweiser und das ausgefahrene Luftansaugrohr waren essenziell, um ein Überspülen oder Ansaugen von Wasser durch den Motor zu verhindern. Wichtige Ventile, wie zum Wasserablassen aus dem Ejektor und die Lenzpumpenventile, wurden auf Sauberkeit und Gängigkeit überprüft.
• Rettungsvorkehrungen: Im Havariefall musste eine Boje aufschwimmen, um Rettungskräften den Ort eines gesunkenen Fahrzeugs anzuzeigen. Auch die Einsatzbereitschaft der Lenzpumpen und des Gebläses war von großer Bedeutung, um geringe Wassermengen im Fahrzeug zu beherrschen.
Während der Ausbildung wurde zur Simulation des Gefechtsgewichts Ballast in Form von Sandsäcken geladen, da im Ernstfall die Mot-Schützen an Bord säßen.
Probebergungen und Dichtproben: Garant für Sicherheit
Vor jeder Wasserfahrausbildung war eine Probebergung obligatorisch, bei der Rettungs- und Bergungskräfte ihre Einsatzbereitschaft und ihr Können unter Beweis stellten. Dies sollte den Besatzungen die Sicherheit geben, dass für ihre Sicherheit gesorgt war.
Ein weiterer entscheidender Sicherheitsaspekt war die Dichtprobe, die in der Ausbildung bei jedem Fahrzeug durchgeführt wurde. Sie erfolgte in zwei Phasen: Zuerst bei Grundberührung und laufendem Motor, dann in der Schwimmlage. Ein Schützenpanzer galt als ausreichend dicht, wenn in zwölf Minuten nicht mehr als 20 Liter Wasser eindrangen. Im Gefecht hingegen entfiel diese Dichtprobe – hier lag es allein an der Besatzung, durch exakteste Arbeit vermeidbare Havarien zu verhindern.
Die Wasserfahrt: Fahren mit Gefühl und Technik
Beim eigentlichen Überwinden des Wasserhindernisses kam es darauf an, theoretisches Wissen mit der Praxis zu vereinen. Der Stellvertreter des Kompaniechefs für Technik und Bewaffnung leitete die Kontrolle in der Kontrolldurchlassstelle, während das Überwinden selbst vom Kommandanten der Übersetzstelle geführt wurde. Zu dessen Sicherungseinrichtungen gehörten Rettungs- und Sicherungsboot, Bergefahrzeug, Panzerzugmaschine und ein Sanitätsfahrzeug.
Die Fahrtechnik war genau festgelegt: Mit dem zweiten Gang und leicht schrägem Anstellwinkel sowie einer Motordrehzahl zwischen 1000 und 1200 Umdrehungen pro Minute wurde ins Wasser gefahren. In der Mitte des Flusses musste das Fahrzeug entgegen der Stromrichtung positioniert werden, um eine gerade Ausfahrt zu ermöglichen. Auf dem Wasser erfolgte die Fahrt im dritten Gang bei etwa 2400 Umdrehungen pro Minute, wobei sich der Fahrer am linken Winkelspiegel und einem Orientierungspunkt am jenseitigen Ufer orientierte.
Besondere Aufmerksamkeit galt den Wasserleiteinrichtungen. Bei intakten Einrichtungen waren die Strömungsverhältnisse über den Ketten normal, was gutes Manövrieren und eine Geschwindigkeit von etwa 7 km/h gewährleistete. Ohne diese Einrichtungen reduzierte sich die Geschwindigkeit auf nur 3 km/h und die Lenkbarkeit war stark eingeschränkt.
Nach dem Passieren des Wasserhindernisses wurden der Wellenabweiser gesenkt und der Luftansaugstützen eingefahren, bevor beschleunigt und hochgeschaltet wurde.
Gefechtsmäßiges Überwinden: Schnelligkeit und Überraschung
Das ultimative Ziel dieser Ausbildung war das schnelle und für den Gegner überraschende Forcieren eines Wasserhindernisses im Gefecht. Auch hier wurde ein Vorbereitungsraum bezogen. War ausreichend Zeit vorhanden, konnte eine Überdruckdichtprobe durchgeführt werden: Am hermetisierten Fahrzeug wurde ein U-Rohr-Manometer angeschlossen, und das Gebläse eingeschaltet. Ein Überdruck von etwa 30 mm Wassersäule zeigte an, dass der Schützenpanzer ausreichend dicht war.
Die Kontrolldurchlassstelle wurde auch im Gefecht analog zur Fahrübung eingerichtet und schnell, aber besonders gründlich kontrolliert. Ein nochmaliger Halt entfiel jedoch, da es später keine Möglichkeit gab, Versäumtes nachzuholen. Beim Forcieren führte der Kompaniechef seine Kompanie über das Wasserhindernis, wobei die Besatzungen die unmittelbaren Vorbereitungen in eigener Verantwortung durchführten.
Die Ausbildung der NVA verdeutlichte, dass von der Einsatzbereitschaft und der Exaktheit jedes Einzelnen – selbst bei den kleinsten Handgriffen – der Sieg im Gefecht abhing. Es war ein umfassendes Training, das die Bedeutung von Präzision, Teamarbeit und technischem Verständnis im Umgang mit anspruchsvollen geografischen Herausforderungen betonte.