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Satire trifft Überzeugung: Als Börner auf Schnitzler traf

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Im April 1997 kam es zu einem bemerkenswerten Zusammentreffen zweier Persönlichkeiten, die auf ihre Weise Fernsehgeschichte geschrieben haben: Hans-Jürgen Börner, bekannt als Moderator der NDR-Satiresendung „Extra 3“, interviewte Karl Eduard von Schnitzler, den legendären Moderator des „Schwarzen Kanals“ im DDR-Fernsehen. Das Gespräch bot tiefe Einblicke in Schnitzlers Arbeitsweise und seine unerschütterlichen Überzeugungen.

Der „Schwarze Kanal“ wird in den Quellen als „die Mutter aller Satiresendungen“ bezeichnet. Doch für Schnitzler war seine Sendung weit mehr als nur Satire im herkömmlichen Sinne. Auf die Frage nach der Dramaturgie oder Methode seiner Sendung erklärte er unmissverständlich: „Ich habe keine Dramaturgie gehabt. Ich habe eine politische Überzeugung gehabt und ich habe Fakten gehabt, die ich dem BRD Fernsehen entnehme“.

Diese politische Überzeugung definierte er klar: „Ich bin Kommunist und das war dann auch das Konzept der Sendung“. Für Schnitzler war dies nicht nur eine persönliche Haltung, sondern eine notwendige Voraussetzung, um sich „mit dem Imperialismus wirklich wirksam und ehrlich auseinanderzusetzen“. Dazu sei eine „materialistische Überzeugung und Bildung“ unerlässlich.

Schnitzler zeigte sich überzeugt von der Richtigkeit seiner damaligen Analysen. Eine Anekdote aus dem Gespräch unterstreicht seine kompromisslose Haltung: Er erwähnte lachende Kameraleute in einer Livesendung des Westfernsehens und betonte, dies wäre bei seiner Sendung „unmöglich“ gewesen.

Ein zentraler Punkt des Interviews war Schnitzlers Sicht auf die Deutsche Wiedervereinigung. Er lehnte den Begriff der Wiedervereinigung vehement ab: „Es gibt keine Wiedervereinigung oder es hat keine gegeben. Es hat auch keine oder wollen Sie sagen das war eine Wiedervereinigung? Was ist denn wieder vereinigt worden? Ein sozialistisches Deutschland ist beseitigt worden, ein kapitalistisches Deutschland hat sich ausgedehnt. Das ist doch keine Vereinigung geschweige denn eine Wiedervereinigung“. Für ihn war der übergeordnete Begriff die „gesellschaftliche Ordnung“, nicht die Nation oder der Staat. In diesem Kontext verwies er auf die Ansichten Erich Honeckers zur Frage der Nation und Staatsangehörigkeit, der zwischen deutscher Nationalität und DDR-Staatsangehörigkeit unterschied.

Das Gespräch zwischen Börner und Schnitzler bot somit nicht nur eine Begegnung zweier Fernsehgrößen, sondern auch einen faszinierenden Einblick in die ideologischen Fundamente, auf denen „Der Schwarze Kanal“ aufgebaut war.

Als die Mauer: Die unerwartete Geste des Pfarrers Uwe Holmer

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Die Wende 1989 brachte nicht nur den Fall der Berliner Mauer und die Hoffnung auf einen Neuanfang, sondern auch die Frage nach dem Umgang mit den ehemaligen Machthabern der DDR. Mitten in dieser Umbruchszeit ereignete sich eine Begebenheit, die das Credo von Frieden und Vergebung auf besondere Weise verkörperte: Der evangelische Pfarrer Uwe Holmer gewährte dem ehemaligen Staats- und Parteichef Erich Honecker und seiner Frau Zuflucht.

Für Uwe Holmer begann die Geschichte des Konflikts mit dem DDR-Staat bereits lange vor 1989. Schon 1953 wurde sein Vater plötzlich arbeitslos, weil Holmers Kinder alle in der Jungen Gemeinde aktiv waren – ein deutliches Zeichen für den damaligen „Höhepunkt des Kampfes des Staates gegen die Kirche“. Als im Herbst 1989 die Unruhen zunahmen, Honecker erkrankte und abgesetzt wurde, herrschte bei Holmer und vielen anderen Erleichterung.

Doch dann kam zwischen Weihnachten und Neujahr 1989/90 ein Vertreter der Kirchenleitung auf Holmer zu mit einer ungewöhnlichen Bitte: Ob er bereit wäre, Erich Honecker aufzunehmen? Honecker sollte am 11. Januar entlassen werden, und es gab keinen Ort, an den er gehen konnte – er wäre obdachlos gewesen. Nach reiflicher Überlegung, so Holmer, traf er eine Entscheidung, die von dem Wunsch nach einem „Neuanfang nicht mit Hass und Verachtung“ geprägt war, sondern von dem Streben nach „Frieden und Vergebung“. „Wir wollen einander vergeben“, war sein Leitgedanke.

Am Abend des 31. Januar wurden Erich Honecker und seine Frau schließlich von drei Stasi-Sicherheitspersonal zu Holmer gebracht. Die Nachricht verbreitete sich schnell. Ein Kirchenleiter aus Thüringen rief Holmer an, nachdem er im Radio gehört hatte, dass Honecker bei ihm untergebracht würde, und äußerte die Befürchtung: „Dann machen wir uns die Karriere kaputt“.

Trotz solcher Bedenken und der polarisierenden Persönlichkeit Honeckers erfuhr Holmers Geste auch breite Unterstützung. In den zehn Wochen, die Honecker bei ihnen verbrachte, erhielt die Familie Holmer rund 3.000 Briefe aus ganz Europa, die ihre Handlung befürworteten.

Rückblickend ist Uwe Holmer froh über sein Handeln: „Ich freue mich über alles, was Freundschaft schafft“, erklärt er. Er sei zudem glücklich, dass Deutschland wieder ein vereintes Land ist, auch wenn Honecker dies vielleicht nicht so empfinden konnte. Holmers Geschichte bleibt ein eindringliches Beispiel dafür, wie in Zeiten des Umbruchs eine individuelle Entscheidung für Menschlichkeit und Vergebung einen tiefgreifenden Einfluss haben kann.

Jürgen Zartmann: Vom Straßenbahnfahrer in Leipzig zum gefeierten DDR-Star

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Jürgen Zartmann, eine der bekanntesten und beliebtesten Persönlichkeiten der DDR-Schauspielszene, blickt auf ein facettenreiches Leben zurück, das ihn vom Straßenbahnfahrer in Leipzig zu einem gefeierten Fernsehstar machte. Im Rahmen eines aktuellen Gesprächs bei „Riverboat“ gewährte Zartmann tiefe Einblicke in seine Karriere, persönliche Entscheidungen und verborgene Talente.

Unerwartete Anfänge und eine Entscheidung für den Osten
Obwohl Jürgen Zartmann heute untrennbar mit der DDR-Filmlandschaft verbunden ist, wurde er in Darmstadt geboren, da sein Vater, der in Leipzig studierte, dort seine erste Arbeitsstelle am Klinikum antrat. Schon früh zeigte sich jedoch Zartmanns Bindung zu Leipzig: Während seines Schauspielstudiums erwarb er den Führerschein für Straßenbahnen und chauffierte in den 1960er Jahren Passagiere durch die Stadt – eine Anekdote, die heute noch für Schmunzeln sorgt. Seine Lieblingslinie war die Linie 4, die ihn wegen ihrer Länge und Durchgängigkeit begeisterte, da er dort „richtig Stoff geben“ konnte. Seine Eltern, die ihn unwissentlich als rasanten Fahrer erlebten, beklagten sich einmal über einen „gefährlichen“ Chauffeur, nur um später herauszufinden, dass es ihr eigener Sohn war.

Sein erstes Engagement führte ihn nach Halle, wo er mit 20 oder 21 Jahren seine erste Rolle als „Jungpionier“ spielte. Schnell wurde jedoch klar, dass er reifere Charaktere verkörperte, und so übernahm er fortan Rollen als Pionierleiter oder Lehrer an einem Jugendtheater.

Kultstatus durch „Zur See“ und „Treffpunkt Flughafen“
Zartmann erlangte immense Popularität durch seine Mitwirkung in den erfolgreichen DDR-Reihen „Nur zur See“ und „Treffpunkt Flughafen“. Diese Serien waren so beliebt, dass sie noch heute Zuschauer an die Bildschirme fesseln. Der Erfolg der Produktionen lag laut Zartmann in der Sehnsucht, dem guten Schauspiel und einem gänzlich neuen Metier begründet. Im Gegensatz zum späteren „Traumschiff“, dessen Vorläufer „Zur See“ war, zeigten die DDR-Reihen den Arbeitsalltag der Menschen und nicht den Luxus. Die Zusammenarbeit mit einem bekannten Ensemble, darunter Günter Schubert und Walter Plathe, unter einem vertrauten Regisseur, trug maßgeblich zum Erfolg bei.

Verzicht auf West-Angebote und ein Kindheitstraum
Erstaunlicherweise hätte Zartmann auch im Westen Karriere machen können. Ihm wurde die Rolle des Kapitäns auf dem „Traumschiff“ angeboten, die er jedoch nicht antreten konnte, da der Produzent Wolfgang Rademann ihn für zu alt hielt – eine Entscheidung, die Zartmann mit leichter Ironie kommentiert, da der schließlich besetzte Siegfried Rauch geschätzt 25 Jahre älter war als er.

Noch tiefgreifender war ein Angebot für die Rolle des Försters in der westdeutschen Serie „Forsthaus Falkenau“, die später Christian Wolf spielte. Der gleiche Regisseur, Wolfgang Luder, der bereits „Zur See“ inszeniert hatte, bot ihm an, „sofort die Fronten zu wechseln“. Zartmann traf die schwere Entscheidung, das Angebot abzulehnen, nachdem sein damaliger Chef ihm klar machte, dass eine Karriere im Westen das Ende seiner Tätigkeit in der DDR bedeuten würde. Er begründete seine Ablehnung mit der Unsicherheit des Erfolgs im Westen und seiner bereits vollen Auslastung in der DDR: „Lieber das Schwarz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Dies war besonders pikant, da Förster sein Kindheitstraum war; als Kind wollte er im Wald wohnen und wurde später Jäger, ein Hobby, das er heute aus Sicherheitsgründen nicht mehr ausübt.

Mehr als nur Schauspiel: Musik und Kabarett
Neben der Schauspielerei ist Zartmann auch ein begnadeter Musiker. Schon als Kind begann er Trompete zu spielen und hätte sogar Berufsmusiker werden können. Er erinnert sich an die immense Disziplin, die dafür notwendig ist, und seine Teilnahme an der Sendung „Glück muss man haben“, für die er „wie ein Wahnsinniger“ übte. Das Üben führte jedoch dazu, dass seine Frau währenddessen lieber im Garten arbeitete, da ein ganztägiges Trompetensolo schwer zu ertragen sei.

Auch im Kabarett war Zartmann aktiv: Er gründete mit Laien zusammen drei verschiedene Kabaretts, darunter „Die Klingen“ der Verkehrsbetriebe Leipzig, die sogar bei den Arbeiterfestspielen auftraten.

Jürgen Zartmann bleibt auch in fortgeschrittenem Alter eine Persönlichkeit, die durch ihre Offenheit, Fröhlichkeit und Direktheit besticht. Seine Geschichten, die von beruflichen Triumphen, schwierigen Entscheidungen und privaten Leidenschaften zeugen, faszinieren sein Publikum bis heute.

Gerhard Löwenthals kompromisslose Vision für die DDR kurz nach dem Mauerfall

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Ein Vierteljahrhundert nach der deutschen Wiedervereinigung blicken wir zurück auf eine Zeit des Umbruchs, die von anfänglichem Chaos und einer Fülle widerstreitender Visionen geprägt war. Direkt nach dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 gab es noch keinen festen Plan für eine Wiedervereinigung; stattdessen rang man in hitzigen Debatten um den besten Weg für die Deutsche Demokratische Republik (DDR). Eine dieser prägenden Diskussionen fand nur einen Tag nach dem Mauerfall statt, mit dem prominenten Publizisten Gerhard Löwenthal im Zentrum, der bereits damals eine klare Vorstellung von der Zukunft der DDR hatte.

Gerhard Löwenthal vertrat die feste Überzeugung, dass der Kalte Krieg gewonnen sei, weil das westliche System dem sowjetisch aufgezwungenen System überlegen war. Er argumentierte vehement, dass ein System, das die Freiheit unterdrückt, nicht auf Dauer existieren kann. Löwenthal wies den Vorwurf zurück, den Menschen in der DDR ein System aufzwingen zu wollen, und betonte: „Die Menschen wollen die Freiheit.“ Als Beleg führte er an, dass die Menschen von Ost nach West kämen und nicht umgekehrt.

Für Löwenthal war klar, dass die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nur dann einen Sinn hatte, wenn sie die Hoffnung auf Freiheit für die Menschen in der DDR am Leben gehalten hat. Er postulierte, die Freiheit sei unteilbar und man sei verpflichtet gewesen, diese Hoffnung zu nähren, damit die Menschen in der DDR eines Tages selbst über ihre Zukunft entscheiden könnten.

Doch nicht alle teilten Löwenthals Sicht. Kritiker fragten, ob die von Löwenthal gemeinte Freiheit auch die Freiheit sei, die die Menschen in der DDR selbst unter Freiheit verstanden. Es wurde hinterfragt, warum Löwenthal den Menschen in der DDR vorschreiben wolle, was für sie das richtige System sei – nämlich das westliche. Eine besonders bemerkenswerte Beobachtung kam aus dem Publikum: Obwohl es auf den Demonstrationen „von Suhl bis nach Rostock und von Dresden bis Berlin“ Rufe nach Freiheit gab, sei nicht einmal ein Schild, nicht einmal ein Wort nach „Wiedervereinigung“ laut geworden.

Löwenthal konterte, dass die Rufe nach Freiheit, wie das Singen des Deutschlandliedes in Leipzig oder der Prager Botschaft, identisch seien mit dem Wunsch nach freier Selbstbestimmung. Er war überzeugt, dass freie Wahlen der erste Schritt seien und sich daraus alles Weitere ergeben werde. Basierend auf Gesprächen mit Tausenden von DDR-Bürgern glaubte er, dass diese unter Freiheit dasselbe verstünden wie die Menschen im Westen: in einem freien, demokratischen Staat selbstbestimmt wählen zu wollen. Seine Prognose war eindeutig: Bei freien Wahlen in der DDR würden die Vertreter des alten Regimes maximal 15 Prozent der Stimmen erhalten, da die anderen die Freiheit wollten. Er betonte, dass über die Form der Wiedervereinigung alle Deutschen eines Tages abstimmen würden, man schreibe ihnen nichts vor.

Demgegenüber stand die Hoffnung auf einen „deutschen Weg“ zu einem anderen Sozialismus. Es gab die Ansicht, dass der „reale Sozialismus“ zwar gescheitert sei, aber immer noch „viele kluge Leute“ – darunter das Neue Forum und Genossen der SED – einen anderen, interessanten Weg gehen könnten, der nicht zwangsläufig mit den Vorstellungen Löwenthals einhergehe. Löwenthal begrüßte zwar die Existenz von Oppositionsgruppen in der DDR, äußerte jedoch sein Bedauern darüber, dass manche von ihnen noch Illusionen von einem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ hegten.

Für ihn war klar: „Einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz kann es nicht geben.“ Er argumentierte, dass alle Versuche in diese Richtung, wie der Prager Frühling, gescheitert seien, und forderte auf, ihm einen einzigen „Quadratkilometer“ auf der Erde zu nennen, auf dem Sozialismus je funktioniert habe.

Diese Debatten, wie die von Gerhard Löwenthal geführte, zeigen die tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten und die Unsicherheit, die die Zeit unmittelbar nach dem Mauerfall prägten, und wie sich die Vorstellungen von Freiheit und zukünftiger Staatsform erst nach und nach zu einem festen Plan herauskristallisierten.

Veronika Fischer und Mario Wollnys außergewöhnliche Heilungsgeschichte

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In einer Zeit, in der die Suche nach Sinn und Gesundheit viele Menschen umtreibt, erzählen die renommierte Sängerin Veronika Fischer und der Geistheiler Mario Wollny eine Geschichte, die weit über das Alltägliche hinausgeht. Ihre Reise ist ein beeindruckendes Zeugnis von tiefgreifender Heilung, spirituellem Erwachen und einer karmischen Verbindung, die sie als Dualseelen bezeichnen.

Die Not und die Vorsehung: Eine schicksalhafte Begegnung im Jahr 2014 Für Veronika Fischer schien 2014 das Ende ihrer Karriere zu bedeuten. Seit 20 Jahren litt sie unter multiplen Allergien, chronischer Bronchitis und schwerem Asthma, ein Zustand, der für eine Sängerin existenzbedrohend war. Ihre Krankheitsgeschichte begann nach dem traumatischen Tod ihrer Mutter durch einen Ärztefehler, ein Ereignis, das sie tief prägte. Nach Jahren erfolgloser schulmedizinischer Behandlungen war sie überzeugt, dass nur noch geistige Heilung ihr helfen könnte.

Zur selben Zeit arbeitete Mario Wollny als Sanitäter und befand sich noch in der Ausbildung zum geistigen Heiler. Zufällig brachte er einen Patienten in dieselbe Pneumologie-Praxis, in der Veronika auf ihren Arzttermin wartete. Obwohl Mario musikalisch ganz anders orientiert war, erkannte er Veronika sofort. Eine innere Stimme, die er als klaren Befehl wahrnahm – „Sprich sie an!“ – drängte ihn vehement dazu, sie anzusprechen. Veronika empfand ihn ebenfalls sofort als vertraut, ohne zu wissen, woher, war aber zunächst skeptisch und zurückhaltend bezüglich ihrer Krankheit. Doch Mario spürte intuitiv, dass er ihr helfen konnte, auch wenn sie selbst die Hoffnung bereits aufgegeben hatte.

Zwei parallele Wege zu spirituellem Erwachen Beide hatten unabhängig voneinander einen langen spirituellen Weg hinter sich. Veronikas Suche war geprägt von der Überzeugung, dass Gott nicht in der Kirche, sondern im Inneren zu finden ist. Bücher brachten ihr die revolutionäre Erkenntnis: „Du bist Gott“. Eine frühere Geistheilerin namens Friede Dampmann hatte ihr erste Einblicke in vergangene Leben und ungelöste Traumata gegeben, doch eine vollständige Auflösung blieb aus. Veronika glaubte fest an Inkarnation und daran, dass traumatische Erlebnisse über Leben hinweg in den Zellen gespeichert werden können.

Marios Erwachen begann bereits in der Kindheit mit übernatürlichen Erfahrungen, wie dem Erscheinen eines Wesens neben seinem Bett, das er als seinen „Schutzmeister“ identifizierte. Auch eine wundersame Rettung vor einem Motorradunfall in seiner Kindheit bestärkte ihn in der Gewissheit, einen Beschützer zu haben. Sein tiefes Interesse an religiösen und philosophischen Texten führte ihn zu vedischen Schriften, den Upanischaden und buddhistischen Lehren. Ein Buch von Tilko Kirportche über Meditation half ihm, eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung zu heilen – ein Schlüsselerlebnis, das ihn zur ernsthaften Meditationspraxis inspirierte. Nach dreijähriger, intensiver Meditation erlebte Mario ein tiefgreifendes Erwachen: Er sah ein inneres Licht, konnte Gedanken aus dem Licht entstehen und vergehen lassen und trat schließlich in ein „absolutes Licht“ ein, in dem alles um ihn herum aus sich selbst heraus strahlte und die Zeit bedeutungslos wurde. Später traf er Yogis und eine Heilerin, die ihn als Heilmedium erkannte und bei der er lernte, seine Fähigkeiten als Geistheiler zu entwickeln.

Die Heilung: Auflösung karmischer Traumata Marios Heilmethode basiert auf der Verbindung mit dem göttlichen Geist, um traumatische Erlebnisse und deren Ursachen aus früheren oder dem aktuellen Leben aufzudecken. Während Veronika sich hinlegte, meditierte Mario und bat den „Vater“, ihm die relevanten Geschichten zu zeigen. Die ihm gezeigten Bilder von vergangenen Traumata – wie dem Ertrinken als Kind, oder einem verheerenden Unfall in Italien, der zu Behinderung und Verlassenwerden führte – wurden durch Vergebung, Erkenntnis und das Einfließen von göttlichem Licht aufgelöst. Diese Auflösung manifestierte sich oft in starken körperlichen Empfindungen, „wie Schauer durch den Körper“, und führte zu einer Neuordnung der Zellen. Veronika erkannte, wie Traumata aus früheren Leben im Unterbewusstsein Reaktionen im jetzigen Leben auslösen können, beispielsweise Allergien nach einem Verlassenheitsgefühl.

Wunderbare Heilung und die Entdeckung einer tiefen Liebe Die Ergebnisse der Heilbehandlungen waren für Veronika revolutionär: Ihre Allergien, einschließlich der Pollenallergie, verschwanden vollständig. Auch ihre langjährigen chronischen Rückenschmerzen, die sie seit ihrer Kindheit plagten, lösten sich auf. Darüber hinaus erfuhr Veronikas Sohn durch Marios Heilung eine wundersame Besserung seiner schlimmen Schulterschmerzen, die eine Operation überflüssig machten, und konnte Impfnebenwirkungen ausleiten.

Neben der körperlichen Heilung entwickelte sich zwischen Veronika und Mario eine tiefe, magnetische Liebe. Beide waren zum Zeitpunkt ihrer Begegnung frei. Sie erkannten, dass sie sich aus vielen Leben kannten und sich nun als Dualseelen wiedergefunden hatten – zwei Teile einer Seele, die sich trennten und wiedervereinigen, um einen gemeinsamen Weg zu gehen. Veronika erlebte sogar dreidimensionale Visionen von Marios früheren Leben und seinem Sterben, die sie zutiefst erschütterten und ihr die Existenz anderer Ebenen verdeutlichten.

Diese außergewöhnliche Verbindung wurde kürzlich durch eine Online-Lesung aus einer Palmblattbibliothek in Chennai bestätigt. Die Palmblätter enthielten detaillierte Beschreibungen ihrer Lebenswege, ihrer Kindheit, ihrer spirituellen Entwicklung und sogar spezifische Ereignisse aus ihren Heilmeditationen, was ihre Erfahrungen eins zu eins bestätigte.

Neues Leben, neue Musik: Das Album „Woher Wohin“ Die Heilung und die wiedergewonnene Lebensfreude inspirierten Veronika, ihre musikalische Karriere fortzusetzen, die sie schon aufgeben wollte. Mario, der sich in ihre Musik verliebte, ermutigte sie, ein neues Album aufzunehmen. Sie erkannte, dass ihre Stimme ein Spiegelbild ihres Immunsystems ist und mit der Genesung ihre Kraft zurückgewann. Das Album „Woher Wohin“ entstand mit viel Liebe und Freude, finanzieller Unterstützung einer Freundin und der Zusammenarbeit engagierter Musiker. Es ist ein Konzeptalbum mit verschiedenen musikalischen Einflüssen, das Veronikas gereifte Persönlichkeit und ihre gewonnene Tiefe widerspiegelt.

Die Geschichte von Veronika Fischer und Mario Wollny ist ein eindrückliches Zeugnis für die Kraft spiritueller Heilung und die tiefen Verbindungen, die über Leben hinweg bestehen können. Sie zeigen, wie das Erkennen und Auflösen alter Traumata nicht nur körperliche Heilung, sondern auch ein erfülltes Leben und eine tiefe Liebe ermöglichen kann.

DDR-Kommunalwahl 1989: Die Wahlfälschung, die zum Anfang vom Ende wurde

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Am 7. Mai 1989 verkündete die Deutsche Demokratische Republik ein scheinbar triumphales Wahlergebnis: 98,85 Prozent der Stimmen für die Kandidaten der Nationalen Front, bei einer Wahlbeteiligung von 98,77 Prozent. Doch diese Zahlen waren eine dreiste Lüge, die viele Bürger und selbst ranghohe Funktionäre durchschauten – ein Betrug, der den Weg für den Herbst ’89 ebnete.

Im letzten Jahr der DDR hatten Bürgerrechtler landesweit zur Kontrolle der Stimmauszählung aufgerufen, monatelang vorbereitet durch Flugblätter und Aufrufe. In Leipzig organisierte Michael Arnold diese Aktion und stellte fest: „Das war offensichtlich Betrug. Wir mussten das nur versuchen nachzuweisen.“ Ihre Beobachtungen zeigten, dass etwa zehn Prozent der Wähler mit Nein stimmten oder sich den Kandidaten widersetzten, und weitere zehn Prozent gar nicht zur Wahl gingen. Offiziell wurde lediglich ein Widerstand von ein bis maximal zwei Prozent zugegeben, was den Wahlbetrug offensichtlich machte.

20 Prozent Wahlverweigerer – ein Akt des Mutes in der SED-Diktatur
Aus heutiger Sicht mögen 20 Prozent wie eine kleine Zahl erscheinen, doch vor 30 Jahren bedeutete die Verweigerung des Gehorsams in der SED-Diktatur erhebliche Nachteile. Brigitte Bielke, damals Berufsschullehrerin aus Möllensdorf, erlebte dies am eigenen Leib. Weil sie ihr gesetzlich verbrieftes Recht nutzte und nicht zur Wahl ging, wurde sie innerhalb weniger Stunden von Funktionären aufgesucht und ihr wurden Konsequenzen angedroht. Kurz darauf verlor sie ihren Arbeitsplatz fristlos, da sie angeblich gegen die Arbeitsordnung für Pädagogen verstoßen hatte, die die Vertretung der SED-Politik vorschrieb. Brigitte Bielke stellte einen Ausreiseantrag und landete schließlich im Gefängnis.

Die Stasi führte sogar eine eigene Kartei für Nichtwähler. In Leipzig umfasste diese Kartei 32.000 Personen, die wortwörtlich abgestempelt wurden. Spitzel der Staatssicherheit, wie der unter dem Decknamen „Wolfram“, saßen überall in den Wahllokalen und erfassten Wähler, die die Wahlkabine nutzten.

Protest auf den Straßen und manipulierte Protokolle
Aus Protest gegen diese „Wahlfarce“ organisierten Bürgerrechtler in Leipzig am Wahlabend eine Demonstration. Flugblätter wurden heimlich in Briefkästen gesteckt, wobei Michael Arnold improvisieren musste, da ihm wichtige Buchstaben fehlten. Am Wahlabend standen mehr als 2.500 Sicherheitskräfte etwa 700 Demonstranten gegenüber; es gab 72 vorläufige Festnahmen. Einer der Fotografen, dessen Name in den Quellen nicht genannt wird, hielt die Verhaftungen fest, bis er selbst von der Volkspolizei weggezerrt und verhaftet wurde.

Doch die Manipulation fand nicht nur auf der Straße statt. Günter Polauke, damals Bezirksbürgermeister von Berlin-Treptow, sollte für die gewünschten Wahlergebnisse sorgen. Er erhielt im Roten Rathaus eine klare Vorgabe auf einem Zettel – eine präzise Prozentzahl mit zwei Stellen hinter dem Komma. Das Wahlergebnis stand also schon lange vor der Wahl fest. Polauke versuchte mehrfach, die Zentrale über die realen Ergebnisse zu informieren, als er feststellte, dass die Vorgaben nicht mit den tatsächlichen Stimmen übereinstimmten. Er unterschrieb das manipulierte Wahlprotokoll erst am nächsten Morgen, in der Hoffnung, dass sich die Situation über Nacht ändern würde.

Ein Wendepunkt: Die Regierung ignorierte Warnungen
Die Staatssicherheit war sich der wahren Wahlergebnisse und der Überwachung durch die Bürgerrechtler bewusst. Sie warnte die Regierung vergeblich vor dem offenkundigen Betrug. Doch die SED und der DDR-Staat konnten oder wollten nicht von einem Ergebnis abweichen, das mit dem „Aufbruch des Sozialismus und allen Errungenschaften“ verbunden war. Diese selbstgestellte Falle führte dazu, dass die Regierung die Warnungen ignorierte.

Die gefälschte Kommunalwahl war ein wichtiger Schritt zum Umsturz im Herbst 1989. Sie führte dazu, dass selbst Parteimitglieder an der Richtigkeit der offiziellen Politik zu zweifeln begannen und trug maßgeblich zum Vertrauensverlust in das System bei, der letztlich zum Ende der DDR führte.

Anklam – Wie eine Zuckerfabrik eine ganze Region verbindet

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Anklam – Inmitten von Mecklenburg-Vorpommern, in der charmanten Stadt Anklam, schlägt das Herz einer Region im Takt einer traditionsreichen Zuckerfabrik. Was vor fast 140 Jahren begann, hat sich heute zu einem komplexen Netz aus Wirtschaft, Landwirtschaft, Naturschutz und lokaler Gemeinschaft entwickelt, das weit über die reine Zuckerproduktion hinausgeht. Eine gemütliche Runde im Hofcafé von Stefan Krüger bringt alle Akteure an einen Tisch und verdeutlicht eindrucksvoll die tiefen Wurzeln der Fabrik in ihrer Heimat.

Eine Lebensader für Anklam und die Region
Die Zuckerfabrik Anklam ist nicht nur ein Unternehmen, sondern eine wahre Lebensader für die Stadt und die umliegende Region. Im kommenden Jahr, 2023, feiert sie ihr 140-jähriges Bestehen und ist damit das wichtigste oder zumindest eines der wichtigsten Unternehmen Anklams. Sie ist die letzte Zuckerfabrik in Mecklenburg-Vorpommern und ein bedeutender industrieller Arbeitgeber, dessen Fortbestand für die Region von immenser Bedeutung ist. „Wenn ein Unternehmen 140 Jahre an einem Standort ist, ist es sicherlich zu den wichtigsten Unternehmen oder das wichtigste Unternehmen der Stadt eigentlich“, fasst Herr Galander, einer der Gäste der Kaffeerunde, zusammen.

Mehr als nur Zucker: Innovation und Diversifizierung
Die Bedeutung der Zuckerrübe reicht in Anklam weit über die klassische Zucker- und Futterproduktion hinaus. Bereits seit 2008 stellt die Fabrik Bioenergie aus Reststoffen her. Diese Weitsicht führte zu einer umfassenden Diversifizierung: Mittlerweile ist die Fabrik nicht nur auf Zucker, sondern auch auf Bioethanol und Biogas spezialisiert. Herr Fink, Produktionsleiter für Bioethanol- und Biogasanlage, betont, dass diese drei Säulen – Zucker, Bioethanol, Biogas – eine unauflösliche Symbiose bilden und die Existenz des Standortes sich nur so aufrechterhalten lässt. Man habe hier bereits vor seiner Zeit, also vor 2008, sehr visionär gedacht, um Anklam zu einem ganzheitlichen Standort zu machen. Aktuell laufen sogar Forschungsaktivitäten für die Entwicklung von Fleischersatzprodukten in Zusammenarbeit mit einem Berliner Unternehmen.

Regionale Verbundenheit: Vom Bäcker bis zum Imker

Die enge Verbindung zur Region zeigt sich in zahlreichen Facetten:

Hofcafé Krüger: Stefan Krüger, der Betreiber des Hofcafés, bezieht seinen Zucker direkt von der Fabrik, die nur einen Steinwurf entfernt liegt. Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit, mit Produkten aus der Region zu arbeiten und diesen Vorteil für seine Torten zu nutzen.

Landwirtschaft im Wandel: Frau Schäfer, eine Landwirtin aus Groß Kieso, betreibt einen sogenannten Hybridbetrieb, der auf eine Ökologisierung der Produktion abzielt und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln minimiert. Ihr Betrieb baut seit 1990 Zuckerrüben für die Anklamer Fabrik an, und die Beziehung intensivierte sich mit der Idee der Biorüben. Frau Koppe, eine Gemüselandwirtin aus Blesewitz, nutzt ebenfalls den regionalen Zucker für ihre eingeweckten Produkte wie Rote und Gelbe Bete. Sie legt Wert auf Regionalität und kurze Wege, auch wenn sie keine Bio-Zertifizierung anstrebt, die sie zu Biozucker von weiter her zwingen würde.

Die Schnittstelle zur Landwirtschaft: Agronomin Sabine Kromwijk bildet die wichtige Schnittstelle zwischen den Landwirten und der Fabrik. Sie kümmert sich um Vertragswesen, Saatgutbegleitung, Logistik während der Kampagnenzeit und die stetige Verbesserung des Rübenanbaus, insbesondere im Biobereich. Das Ziel sei, den Rübenanbau langfristig und angepasst an politische Rahmenbedingungen zu betreiben, sowohl konventionell als auch biologisch.

Naturpark Peenetal und Zuckerfabrik als Partner: Der Naturpark Flusslandschaft Peenetal, der jüngste Naturpark Mecklenburg-Vorpommerns, kooperiert seit 2015 eng mit der Zuckerfabrik. Die Fabrik stellt finanzielle Mittel zur Verfügung, die zu 50 Prozent die An- und Abreise von Schulklassen, benachteiligten Gruppen oder Selbsthilfegruppen zu den Bildungsangeboten des Naturparks mitfinanzieren.

Historische Verbindung der Imker: Auch die Imker der Region, vertreten durch Herrn Dr. Schulz, den ersten Vorsitzenden des Imkervereins Anklam, pflegen eine über 100 Jahre alte Beziehung zur Zuckerindustrie. Der Zucker wird traditionell als Winterfutter für die Bienen verwendet, eine Praxis, die seit Generationen besteht.

Ein Blick in die süße Zukunft
Die Gesprächsrunde im Hofcafé Krüger hat eindrucksvoll die vielfältige Bedeutung der Zuckerfabrik für Anklam und die gesamte Region beleuchtet. Sie ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie ein großes Industrieunternehmen sich nicht nur wirtschaftlich diversifiziert, sondern auch tief in der lokalen Gemeinschaft verwurzelt ist und zu einem Motor für regionale Wertschöpfung und Zusammenarbeit wird. Mit den Worten von Stefan Krüger, nach dem Genuss der Torte: „Vielen Dank für diese nette, gesellige Runde. Es hat mir ganz viel Spaß gemacht, Euch alle kennenzulernen.“. Diese gemeinsamen Anstrengungen versprechen eine weiterhin süße und erfolgreiche Zukunft für Anklam.

Holmers Gnade für Honecker: Ein Akt der Vergebung, der die DDR-Geschichte prägte

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Lobetal. Anfang 1990 rückte Pastor Uwe Holmer über Nacht ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Der Grund: Er gewährte dem früheren DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker und dessen Ehefrau Margot Obdach in seinem Haus. Diese Entscheidung war umso bemerkenswerter, als Holmers eigene Familie unter dem DDR-Regime schwer gelitten hatte.

Holmer, tief verwurzelt in seinem Glauben, erinnert sich an die stetige Botschaft seiner Kindheit: Das Leben ist ein Weg zum Himmel, und wahre Freude liegt im inneren Besitz und in der Liebe, nicht im Äußeren. Seine Mutter lehrte ihn bereits als Fünfjährigen, keine Angst vor dem Tod zu haben, wenn man dem Herrn Jesus angehört, denn „dort ist viel schöner als hier“. Dieser Wunsch, in den Himmel zu kommen und viele mitzubringen, begleitete ihn sein ganzes Leben und gab ihm Klarheit über seinen Weg.

Leid unter dem Regime und die Kraft des Glaubens
Trotz seiner Überzeugung, dass die DDR als „Schaufenster“ des Sozialismus noch Vorteile gegenüber anderen östlichen Ländern bot, blieb Holmer und seiner Familie persönliches Leid nicht erspart. Seine Kinder, selbst mit guten Leistungen, wurden der Oberschule verwiesen, und er selbst war mit Gefängnis bedroht. Als Christ war er jedoch überzeugt, dass man die DDR mit einer solchen Ausrüstung gut bestehen konnte, wenn man sich auf inneren Besitz und die Liebe konzentrierte.

Das unerwartete Ersuchen
Die Wiedervereinigung Deutschlands war für Holmer ein Wunder, besonders nachdem Honecker noch im Januar 1989 verkündet hatte, die Mauer werde 100 Jahre stehen. Doch die größte Überraschung kam zwischen Weihnachten und Neujahr 1989/90, als ihn ein Vertreter des Konsistoriums in Berlin fragte, ob er bereit sei, Erich und Margot Honecker aufzunehmen. Honecker hatte seine Wohnung in der aufgelösten Funktionärssiedlung Wandlitz nicht angenommen, aus Furcht, eine Stadtwohnung in Berlin könnte von wütenden Bürgern gestürmt werden.

Die Entscheidung für die Vergebung
Die Direktorenrunde in Lobetal beriet drei Stunden lang über das Ansinnen. Die erste Reaktion war Ablehnung, aus Sorge vor Unruhen und Protesten. Doch dann erinnerte sich Holmer und seine Kollegen an ein zentrales Gebot ihres Glaubens: „Wir beten jeden Sonntag in unserer vollbesetzten Kirche: Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern“. Jesus‘ Worte, dass der himmlische Vater denen nicht vergeben wird, die selbst nicht vergeben, wogen schwer. Nach drei Stunden war die Entscheidung klar: Sie mussten der Bitte nachkommen.

Das Zusammenleben mit Honecker
So zogen die Honeckers bei Familie Holmer ein. Beim ersten gemeinsamen Abendessen bat Holmer um ein Tischgebet, dem Honecker zustimmte. Ein Arzt riet Holmer, täglich mit Honecker spazieren zu gehen, da dessen Nieren geschädigt waren und er frische Luft brauchte. Bei diesen Spaziergängen, oft abends oder wenn Journalisten das Haus belagerten, sprach Honecker gerne über private Dinge, vermied aber Gespräche über religiöse oder politische Themen. Als Holmer einmal äußerte, der Sozialismus sei gescheitert, reagierte Honecker wütend. Holmer beschrieb Honecker als keinen brutalen, sondern einen empfindsamen, aber fanatischen Typen, der überzeugt war, der Sozialismus sei die Lösung für die Probleme seiner Zeit. Honecker war fest davon überzeugt, dass der Sozialismus wiederkehren würde.

Ein Zeichen setzen für den Frieden
Die Reaktionen auf Holmers Entscheidung waren gemischt; einige Freunde brachen den Kontakt ab. Doch Holmer war sich gewiss, dass es richtig war, dieses Zeichen zu setzen. Es ging ihm nicht nur um Honecker selbst, sondern auch um andere Funktionäre in den Dörfern. Holmer betonte: „Ich habe Honecker nur vergeben, was er mir angetan hat“. Für ihn ist Vergebung der einzige Weg, den Hass aus dem Herzen zu vertreiben und Frieden zu schaffen. Die Vergebung Jesu, wenn man sie weitergibt, löse Verkrampfungen im Herzen und zwischen Menschen auf.

Uwe Holmers Geschichte ist ein eindringliches Zeugnis dafür, wie tief verwurzelter Glaube und die Bereitschaft zur Vergebung selbst in den schwierigsten Situationen einen Weg zu innerem Frieden und zur Heilung gesellschaftlicher Wunden ebnen können.

Markus Wolf im Gespräch über die DDR, Mielke und seine eigene Rolle

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Berlin, 1990 – Im Jahr des Umbruchs, kurz nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch der Deutschen Demokratischen Republik, blickt einer der geheimnisvollsten Geheimdienstchefs Europas, Markus Wolf, zurück auf sein Leben und das System, dem er über Jahrzehnte diente. In einem bemerkenswerten Interview mit Günter Gaus stellt sich der ehemalige Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), des Auslandsnachrichtendienstes der DDR, der Öffentlichkeit und dem Misstrauen, das ihm als „Meister der Tarnung“ und „Mischer“ entgegengebracht wird.

Zwischen Misstrauen und Wahrheitsanspruch Wolf, 1923 geboren in eine bekannte kommunistische Intellektuellenfamilie, war jahrelang stellvertretender Minister für Staatssicherheit und eine Ikone der Spionage. Gaus konfrontiert ihn direkt mit dem Vorwurf der Doppelzüngigkeit, doch Wolf sieht dies anders: Er müsse um Vertrauen werben, wie er es schon in seiner Tätigkeit als Geheimdienstchef tat, um Menschen zu gewinnen, die der DDR politisch fernstanden. Er betont, dass er Doppeldeutigkeit als seinen größten Fehler ansieht und Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit am meisten schätzt. Wolf will sich so darstellen, wie er ist, und dem Zuschauer die Meinungsbildung überlassen.

Die „Elite“ der Auslandsaufklärung Die Auslandsnachrichtendienstler, so Wolf, nahmen eine besondere Stellung ein – nicht nur im Staat, sondern auch innerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Die Auswahl des Personals war streng: Es waren oft sehr junge FDJ-Funktionäre, die Vertrauen genossen und keine West-Verwandtschaft ersten Grades hatten. Sie wurden speziell geschult, mit einer Grundausbildung, die durchschnittlich ein Jahr dauerte. Wolf ist überzeugt, dass das Gros dieser Mitarbeiter im Glauben handelte, „etwas Gutes zu tun“, im Interesse des Friedens und der Verteidigung des Sozialismus. Er räumt ein, dass vieles im Rückblick pathetisch klinge und individuelle Karriereaspekte eine Rolle spielten, aber der Glaube an die gute Sache überwog für die Mehrheit.

Die „Ideologische Diversion“: Ein „Größtes Übel“ Auf Gaus‘ Frage nach der moralischen Rechtfertigung einer Trennung zwischen der „rüden“ Repression im Inland und der vermeintlich „nobleren“ Auslandsaufklärung, geht Wolf auf die Integration des Dienstes in das MfS ab 1953 ein. Er bezeichnet das Konzept der „ideologischen Diversion“, das Minister Erich Mielke zugeschrieben wird, als das „größte Übel“, das in der DDR eingeleitet wurde. Dieses Konzept habe es ermöglicht, Andersdenkende zu kriminalisieren und wurde zur zentralen Aufgabe des gesamten Ministeriums.

Wolf bestätigt, dass die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) zwar auf die Abwehr von äußeren Gefahren wie militärische, wissenschaftlich-technische oder politische Überraschungen ausgerichtet war, aber dennoch Teil dieses Systems war. Er habe vom Kern der zunehmenden Repression gewusst, auch wenn er das Ausmaß der Einzelheiten erst nach den Ereignissen von Oktober/November 1989 erfuhr. Wolf beschreibt, wie er sich eine „sehr große Nische“ im Nachrichtendienst schuf, um seine Arbeit, die er für richtig und notwendig hielt, fortzusetzen. Jeder Versuch, von diesem Pfad abzuweichen, hätte seinen sofortigen Ausschluss bedeutet.

Erich Mielke und die Tragödie der Inkompetenz Erich Mielke charakterisiert Wolf als tief misstrauisch und den „Träger, Verantwortlichen, Verfechter dieser verhängnisvollen Sicherheitsdoktrin“. Mielke sei flexibel gewesen, besonders bei „Hofintrigen“ innerhalb der Führung, und stets seinen Vorgesetzten (Ulbricht, Honecker) gegenüber absolut loyal. Wolf stuft Mielkes Intelligenz nicht in die oberen Ränge ein.

Das Jahr 1989 markierte für Wolf eine Zäsur. Nach einem letzten Gespräch mit Erich Honecker Anfang 1989 wurde ihm klar: Honecker verstand die Welt nicht mehr und war „fest entschlossen, einen anderen Weg zu gehen“, als den der dringend notwendigen Veränderungen im Sinne von Perestroika und Glasnost. Wolfs Hoffnung auf Reformen zerbrach. Er stimmt dem Dramatiker Heiner Müller zu, der von einer „Tragödie der Inkompetenz“ bei Honecker sprach, obwohl Honecker in außenpolitischen Fragen durchaus kompetent war. In Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik treffe diese Einschätzung jedoch voll zu.

Familienbande und die Ferne zur Arbeiterklasse Als Spross des „kommunistischen Hochadels“ – sein Vater, Friedrich Wolf, war ein gefeierter kommunistischer Dramatiker und Intellektueller – wuchs Markus Wolf in der Sowjetunion auf und kehrte 1945 mit der Gruppe Ulbricht nach Deutschland zurück. Obwohl sein Vater eine enge Bindung zur Arbeiter- und Bauernschaft förderte, gibt Wolf zu, dass ihm die Arbeiterklasse „im Grunde doch fremdartig“ blieb und es eine „intellektuelle Ferne“ gab. Er habe selbst nie an der Werkbank gearbeitet. Nach 1945 wünschte er sich eine Tätigkeit, die ihn näher an die Menschen gebracht hätte, wie etwa als Parteifunktionär.

Das Festhalten am Ideal und die fatalen Fehler Wolf reflektiert über das Festhalten seiner Vätergeneration am kommunistischen Ideal, auch nach den Schrecken des Stalinismus. Der Antifaschismus war ein stärkeres Motiv als die Eindrücke der sowjetischen Prozesse. Wolf selbst sah den Weg der Abkehr vom Ideal nicht als Alternative, sondern eher als „Verrat an der Idee“. Die Parteidisziplin bezeichnet er als „unser Übel“, die viele davon abhielt, ihre abweichenden Ansichten in die Tat umzusetzen.

Die entscheidenden Fehler des untergegangenen Regimes lagen für Wolf in der fehlenden Bindung zum Volk und dem Nichtvertreten der tatsächlichen Interessen des Volkes. Er räumt ein, dass er die Sehnsucht nach nationaler Einheit in der Bevölkerung falsch eingeschätzt hat. Den größten Fehler, der in Richtung Verbrechen des Stalinismus ging, sieht er in der bereits erwähnten Sicherheitsdoktrin der „ideologischen Diversion“ und der Mystifizierung des Machtbegriffs.

Wolf glaubte bis Oktober 1989 an eine Erneuerung aus der SED heraus und wollte an ihr teilnehmen. Im Rückblick hält er dies jedoch für unmöglich, da die SED eine Folge der Wurzeln des Stalinismus war und die Mischung aus Parteidisziplin, Gläubigkeit, Opportunismus, Arroganz und Ignoranz von Apparaten zu stark war.

Späte Einsichten und das Schicksal der Agenten Wolf räumt ein, dass er „zu wenig Widerstand geleistet“ hat. Er gesteht auch, dass er auf der Suche nach Verbündeten für Reformen war, aber letztlich niemand, auch nicht in den oberen Etagen, etwas tat – er schließe sich selbst dabei ein.

Als oberstes Anliegen betrachtet Wolf es, seinen ehemaligen Mitarbeitern, die er in „gutem Glauben“ für eine „gute Sache“ angeworben hatte, einen Platz im vereinigten Deutschland zu sichern, der sie vor Strafverfolgung, Ausgrenzung und Diffamierung schützt. Er schätzt die Zahl der bedeutenden Quellen in der Bundesrepublik, die tatsächlich Zugang zu Geheimnissen hatten, auf unter 500, möglicherweise um die 500.

Auf die Frage nach der menschlichen Seite der Spionage, etwa nach tragischen Fällen wie dem Suizid der Sekretärin von Günter Gaus, betont Wolf, dass er sich oft Gedanken gemacht habe über die Konsequenzen wie lange Haftstrafen, auch wenn es nicht immer um den Tod gehe. Er befürwortet das „Aussteigen“ ehemaliger RAF-Terroristen aus dem Terrorismus als „auf jeden Fall richtig“, auch wenn er die individuellen Beweggründe nicht nachvollziehen kann.

Sorge um die Sowjetunion und persönliche Bilanz Markus Wolf, der die Sowjetunion kennt und liebt, zeigt sich in großer Sorge über die Entwicklungen dort und in Osteuropa, die ganz Europa destabilisieren könnten. Er befürchtet, dass die Hoffnung, Sozialismus mit Demokratie und Humanismus zu verbinden, aufgegeben werden muss. Gorbatschow stehe vor einer Fülle von Problemen – Nationalitäten, Demokratie, Wirtschaft – und es gebe „keine echte Alternative“ zu seinem eingeschlagenen Weg. Ein Auseinanderfallen der Sowjetunion, auch wenn er es sich nicht vollständig vorstellen kann, würde zu „echter Instabilität und konventioneller Kriegsgefahr“ führen.

Am Ende des Interviews zieht Wolf eine persönliche Bilanz. Viele seiner Vorsätze und Ideale seien gescheitert, das Entscheidende sei nicht erreicht worden. Doch er glaube nicht, dass sein Leben „umsonst gelebt“ war. Er habe viel Gutes und Schönes erfahren und hofft, dass die Ideale und besonders die „negativen Erfahrungen“ an die jüngeren Generationen weitergegeben werden können, um daraus zu lernen.

Geteilte Welt, geteilte Wahrheiten: Zwei Journalisten im Kalten Krieg

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Die Geschichte der deutschen Teilung und des Kalten Krieges ist reich an unterschiedlichen Lesarten und Interpretationen, die bis heute nachwirken. Zwei prägende Journalistenpersönlichkeiten dieser Ära, Klaus Bölling und Karl Eduard von Schnitzler, verkörpern wie kaum andere die tiefen Gräben zwischen Ost und West, sowohl in ihren Biografien als auch in ihren beruflichen Überzeugungen. Ihre Lebenswege und Ansichten sind ein Spiegel der politischen und ideologischen Konflikte eines Jahrhunderts.

Klaus Bölling: Vom überzeugten Kommunisten zum Sozialdemokraten und kritischen Staatsdiener
Klaus Bölling, Jahrgang 1928, wuchs als Sohn eines preußischen Beamten in Berlin auf. Die Schrecken des Nationalsozialismus und des Krieges bewegten ihn, sich von 1945 bis 1947 den Kommunisten anzuschließen, da er glaubte, der Kommunismus könne alle Ungerechtigkeiten der Welt überwinden und die Welt einfach erklären. Doch schon bald wurde er desillusioniert: Er erkannte, dass an die Stelle einer faschistischen Diktatur eine neue Art von Diktatur trat, die den Menschen willenlos machen und Freiheit als „totale Unterordnung unter eine Ideologie“ definierte. Diese Erkenntnis führte ihn dazu, die KPD und später die SED zu verlassen und Sozialdemokrat zu werden, nicht aber ein „wütender Antikommunist“.

Böllings journalistische Laufbahn führte ihn zunächst zum Berliner Tagesspiegel, dann zu Hörfunk und Fernsehen. Ein Höhepunkt war seine Zeit als ARD-Korrespondent in Washington von 1969 bis 1973, bevor er sieben Jahre lang Regierungssprecher der Regierung Helmut Schmidt wurde. Seine journalistischen Vorbilder waren Karl von Ossietzky und Kurt Tucholsky.

Prägend waren für Bölling persönliche Erlebnisse: Seine Mutter wurde ins Konzentrationslager Auschwitz verbracht, sein Vater mehrfach verhaftet und bei einem Verhör misshandelt, weil er mit einem der wichtigsten Männer des 20. Juli befreundet war. Diese Erfahrungen bestärkten ihn in dem Wunsch, dazu beizutragen, dass sich die Schrecken der Vergangenheit in Deutschland niemals wiederholen.

Kritische Wendepunkte seiner politischen und journalistischen Sichtweise waren mehrfach in den Quellen zu finden:

• Der 17. Juni 1953 in der DDR, bei dem er in Berlin miterlebte, wie die Volkspolizei auf demonstrierende Arbeiter schoss, bestätigte seine Abkehr vom Kommunismus.

• Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 weckte zunächst „ungeheuren Zorn“ und „ohnmächtige Wut“ in ihm. Er sah die Mauer als „Bankrotterklärung des Kommunismus“ und als Reaktion auf die tiefe Existenzkrise des „Kommandosozialismus“ in der DDR, der bereits zwei Millionen Menschen entlaufen waren.

• Der Vietnamkrieg: Anfangs glaubte er als „Mauerberliner“, dass die USA die Freiheit West-Berlins in Vietnam verteidigen würden. Erst während seiner Zeit in Amerika und nach einem dreiwöchigen Aufenthalt in Vietnam 1971, wo er das Elend der Bevölkerung und das Leid der US-Soldaten sah, wurden ihm „buchstäblich die Augen geöffnet“. Besonders beeindruckten ihn Demonstrationen von Vietnamveteranen, die ihre Auszeichnungen als Zeichen des Protests gegen einen ungerechten Krieg über Zäune warfen.

• Als Regierungssprecher während der RAF-Terrorwelle im Herbst 1977 erkannte Bölling zwar die idealistischen Beweggründe vieler RAF-Terroristen, betonte aber, dass der Staat „keine andere Wahl“ hatte, als dem Terrorismus mit „aller Härte entgegenzutreten“ und lehnte die Einschätzung ab, der Staat sei dadurch repressiv geworden.

• Während seiner Zeit als Ständiger Vertreter in Ost-Berlin (1981-1982) interpretierte er die Politik der „friedlichen Koexistenz“ zunächst positiv. Später erkannte er jedoch, dass diese in Wirklichkeit ein „Klassenkampf auf allen Gebieten“ war, eine leninsche Strategie, die bei manchen westlichen Führungsfiguren fälschlicherweise zu einem „Revisionismus“ und zu echter Zusammenarbeit führte.

Bölling sah seine journalistische Pflicht in der „Aufklärung und in der Verteidigung der Freiheit der Meinungsfreiheit“, nicht im Agitieren oder Aufreden einer Doktrin, sondern im Erklären der Welt. Nach dem Ende der DDR bemühte er sich, im Gespräch mit ehemaligen DDR-Bürgern zu bleiben, und stellte fest, dass die Kontakte damals oft intensiver waren als heute.

Karl Eduard von Schnitzler: Der „Frontoffizier“ und schärfste Polemiker des Ostens
Karl Eduard von Schnitzler, Jahrgang 1918, beschritt einen völlig anderen Weg. Schon mit 13 oder 14 Jahren wurde er Sozialist, beeinflusst von seinem älteren Bruder, der als Student Marx widerlegen sollte, aber zum überzeugten Marxisten wurde. Er trat mit 14 Jahren der sozialistischen Arbeiterjugend bei. Als Kind hatte er sogar auf den Knien Konrad Adenauers gesessen, der aufgrund seiner Bekanntschaft mit Schnitzlers Vater oft in ihrem Haus in Dahlem verkehrte.

Ende 1947 wurde Schnitzler beim von den Alliierten gegründeten Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) entlassen, wo er als Mitarbeiter der ersten Stunde tätig war. Er hatte Illusionen über Antifaschismus und Demokratie in Westdeutschland, wurde jedoch schnell desillusioniert durch die aus seiner Sicht „Nazibande in Hamburg“, die den Sender aufbaute und in der er keine Zukunft sah.

In der DDR stieg Schnitzler zum Topjournalisten auf und betreute jahrzehntelang „Der Schwarze Kanal“, die berühmt-berüchtigte Hetzsendung des Ostens gegen die westlichen Medien. Ende Oktober 1989 wurde er fristlos entlassen, ein „Hinauswurf“ und eine „Rache“ für seine kompromisslose Haltung.

Schnitzlers Sicht auf die Geschichte und seine Rolle:

• Die Berliner Mauer war für ihn das „humanistischste Bauwerk dieses Jahrhunderts“, da sie einen Krieg verhindert habe. Er sah sie als „Zeichen der Stärke“ und als notwendige Konsequenz von Adenauers Verfassung, die zur Spaltung Deutschlands führte, und der „Frontstadt Westberlin“.

• Konrad Adenauer war für ihn ein „Feind“, da er Deutschland gespalten, die Westbindung, die Militarisierung und vor allem die von Schnitzler „besonders übel genommene“ „Renazifizierung“ betrieben habe.

• Den Einmarsch der Warschauer Paktstaaten in Prag 1968 verteidigte er als notwendig, um eine „Konterrevolution“ zu verhindern, die er mit dem 17. Juni 1953 in Berlin und 1956 in Ungarn verglich. Er sah darin eine Niederlage des Imperialismus.

• Sein journalistisches Selbstverständnis beschrieb er als „Frontoffizier“ im Kalten Krieg. Dieser sei in Deutschland ein „Bürgerkrieg“ gewesen, der von den Aktionen des Westens verursacht wurde, während der Osten nur reagiert habe. Er bezeichnete sich als den „konsequentesten“ und „schärfsten Polemiker“ gegen das westdeutsche Gesellschaftssystem.

• Die Sendung „Der Schwarze Kanal“ sah er als Beitrag zur „Hygiene im Äther“ für die DDR-Bürger, die der Berieselung westlicher Fernsehstationen ausgesetzt waren. Er betonte, niemals zu Streiks oder zum Sturz der Kohl-Regierung aufgerufen zu haben.

• Nach dem Ende der DDR bedauerte er, den Kapitalismus nicht „dreckig genug dargestellt“ zu haben. Er war der Meinung, dass der Kalte Krieg und der Klassenkampf auch nach dem 3. Oktober 1990 fortgesetzt wurden, sowohl innerhalb als auch zwischen Ost und West.

Die Mauer in den Köpfen
Während Klaus Bölling die Mauer als Bankrotterklärung des Kommunismus erlebte und seine journalistische Arbeit als Aufklärung im Dienste der Freiheit verstand, sah Karl Eduard von Schnitzler sie als Notwendigkeit zum Krieg verhindern und sich selbst als „Frontoffizier“ im permanenten Klassenkampf. Die Geschichten dieser beiden Männer zeigen, wie tief die ideologischen Gräben des Kalten Krieges waren und wie unterschiedlich ein und dasselbe historische Ereignis wahrgenommen und interpretiert werden konnte. Die „Mauer in den Köpfen“, so die Quellen, ist bis heute längst nicht überwunden.