Damals in der DDR: 1976 – Pioniere sammeln Altpapier

Damals in der DDR 1976 Pioniere sammeln Altpapier

Im Sommer 1976 ging es auf den Straßen der DDR nicht nur um Sommerferien und Sonne, sondern auch um ein ganz besonderes Event: die Pioniere sammelten Altpapier. Es war eine Aktion, die weit über die Schulgärten und Pausenhöhlen hinausging und die Gemeinschaft auf ungewöhnliche Weise zusammenbrachte.

Acht Berliner Oberschulen beteiligten sich an der groß angelegten Sammelaktion. Der Tag begann mit einem lauten „Achtung, Achtung!“ aus den Lautsprechern eines Megaphons, das von den jungen Pionieren getragen wurde. „Wir kommen heute und holen alles ab“, hieß es. Altpapier, Altextilien, Flaschen – alles, was im Haushalt als unnütz galt, konnte abgegeben werden. Die Menschen sollten es vor die Tür legen oder im Hof bereitstellen. Die Pioniere machten ihren Einsatz und sammelten mit Begeisterung, was andere als Abfall betrachteten.

Doch es war mehr als nur das einfache Sammeln von Materialien. Es ging um die Wiederverwertung, um das Bewusstsein für die Wertigkeit scheinbar wertloser Dinge. Altpapier, alte Textilien und Flaschen hatten in der DDR eine wichtige Funktion in der Wirtschaft und Industrie. Das gesammelte Material wurde nicht einfach weggeworfen, sondern in Fabriken weiterverarbeitet. Altpapier wurde in großen Maschinen zu neuem Papier verarbeitet, Textilien zu weichen Polsterungen, Flaschen und Gläser wurden gereinigt und erneut verwendet.

Besonders beeindruckend war der Besuch der Pioniere in der Papierfabrik in Schwedt an der Oder, wo das gesammelte Altpapier zerfasert und mit Wasser zu einem Brei verrührt wurde. Die daraus entstandenen Papierbahnen wurden weiterverarbeitet und fanden später Verwendung für Kartons oder andere Produkte. Es war ein faszinierender Prozess, der den Pionieren deutlich machte, wie wertvoll die Ressourcen waren, die sie sammelten.

Die Erfolge dieser Sammelaktionen wurden nicht nur an der Menge des gesammelten Materials gemessen, sondern auch an der Solidarität, die sie symbolisierten. „Für fast zweitausend Mark wurde an diesem Tag gesammelt“, hieß es stolz. Diese Zahl stand für die Vorstellung, dass das, was man selbst für unnötig hielt, in der DDR zu etwas Großem werden konnte – eine Mischung aus wirtschaftlicher Notwendigkeit und sozialer Verantwortung.

Der Tag endete mit einer Feier im Zentralhaus der Jungpioniere, wo die Schüler stolz auf ihre Leistungen zurückblickten. Und auch wenn die Zukunft des Altpapiers und anderer Altstoffe damals kaum vorstellbar war, so zeigte sich doch, dass in der DDR der Gedanke der Wiederverwertung tief in der Gesellschaft verankert war.

Es war eine Zeit, in der Gemeinschaft, Arbeit und Ressourcenschonung in einem Atemzug genannt wurden – und eine Zeit, in der selbst das Sammeln von Altpapier eine ganz besondere Bedeutung hatte.

Autor/Redakteur: Arne Petrich
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