ver.di fordert acht Prozent mehr für den öffentlichen Dienst und ein „Meine-Zeit-Konto“

Am 9. Oktober 2024 hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in einer Pressemitteilung ihre Forderungen für die bevorstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen bekannt gegeben. Die Gewerkschaft fordert für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten eine Entgelterhöhung von acht Prozent, mindestens jedoch 350 Euro mehr monatlich. Darüber hinaus verlangt ver.di eine bessere Vergütung für besonders belastende Tätigkeiten sowie weitere Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Entlastung durch mehr freie Tage und flexiblere Arbeitszeitmodelle
Ein zentrales Anliegen der Tarifrunde ist die Entlastung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. ver.di schlägt deshalb neben der Entgelterhöhung auch drei zusätzliche freie Tage vor, um die zunehmende Arbeitsbelastung auszugleichen. Diese Forderung resultiert aus der Tatsache, dass der öffentliche Dienst seit Jahren mit Personalmangel und unbesetzten Stellen kämpft, was die verbleibenden Beschäftigten zunehmend belastet.

Zur weiteren Entlastung soll ein sogenanntes „Meine-Zeit-Konto“ eingeführt werden, das den Beschäftigten mehr Flexibilität in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit ermöglichen soll. Auf diesem Konto können Beschäftigte beispielsweise Überstunden, Zuschläge oder Teile der Entgelterhöhungen in Form von zusätzlicher Freizeit ansammeln. Dies würde eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit, zusätzliche freie Tage oder auch längere Freistellungsphasen ermöglichen.

Frank Werneke, Vorsitzender von ver.di, betonte die Bedeutung von flexiblen Arbeitszeitmodellen für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes: „Die Beschäftigten von Bund, Kommunen und kommunalen Unternehmen spüren immer stärker die Folgen von unbesetzten Stellen und Personalknappheit. Daher muss alles getan werden, um den öffentlichen Dienst wieder attraktiver zu machen. Und dazu gehören neben mehr Geld vor allem mehr Zeitsouveränität und mehr Entlastung.“

Forderungen für Auszubildende und junge Beschäftigte
Ein weiterer wichtiger Punkt im Forderungskatalog von ver.di betrifft die jungen Beschäftigten. Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte um 200 Euro monatlich. Zudem sollen junge Beschäftigte nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung unbefristet übernommen werden. Diese Maßnahme zielt darauf ab, den Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst langfristig zu bekämpfen und jungen Menschen eine sichere berufliche Perspektive zu bieten.

Darüber hinaus fordert ver.di, dass junge Beschäftigte in die Erfahrungsstufe 2 eingruppiert werden, um ihre Berufserfahrung besser zu honorieren. Werneke betonte, dass gerade in Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels der öffentliche Dienst auf junge, gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen sei.

Verbesserungen für Beschäftigte in besonders belastenden Berufen
Besondere Aufmerksamkeit widmet ver.di den Beschäftigten in besonders belasteten Berufen, wie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Für diese Berufsgruppen fordert die Gewerkschaft nicht nur eine angemessene Entgelterhöhung, sondern auch eine bezahlte Pause in der Wechselschicht, um die physische und psychische Belastung zu reduzieren.

Zudem strebt ver.di einen neuen Tarifvertrag zur Altersteilzeit an, der insbesondere Beschäftigten in belastenden Berufen den frühzeitigen Übergang in den Ruhestand erleichtern soll. Dies soll sicherstellen, dass Beschäftigte in körperlich oder emotional fordernden Arbeitsbereichen, wie im Gesundheitswesen, eine faire und würdige Ausstiegsmöglichkeit aus dem Berufsleben erhalten.

Zeit- und wirkungsgleiche Übertragung auf Beamtinnen und Beamte
Die Forderungen von ver.di gelten nicht nur für die Tarifbeschäftigten, sondern sollen auch zeit- und wirkungsgleich auf Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter übertragen werden. ver.di fordert, dass deren Arbeitszeit von derzeit 41 Stunden pro Woche um zwei Stunden reduziert wird, um das bestehende Tarifniveau anzugleichen. Auch Soldatinnen und Soldaten sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger sollen von den Verhandlungsergebnissen profitieren.

Bedeutung der Tarifrunde für die deutsche Wirtschaft
ver.di sieht die anstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst nicht nur als wichtig für die Beschäftigten, sondern auch für die deutsche Volkswirtschaft insgesamt. Frank Werneke machte deutlich, dass die Kaufkraft der Beschäftigten gestärkt werden müsse, um die Binnennachfrage anzukurbeln und das Wirtschaftswachstum zu unterstützen: „In der Tarifrunde im öffentlichen Dienst geht es – wie in allen bevorstehenden Tarifrunden – insbesondere darum, die Kaufkraft und damit die Binnennachfrage zu stärken. Das ist wichtig für das Wirtschaftswachstum in Deutschland.“

Durch höhere Löhne im öffentlichen Dienst könnten nicht nur die individuellen Lebensbedingungen der Beschäftigten verbessert, sondern auch ein positiver Impuls für die gesamte Volkswirtschaft gesetzt werden.

Gemeinsame Verhandlungsführung mit anderen Gewerkschaften
ver.di führt die Tarifverhandlungen gemeinsam mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) sowie dem dbb beamtenbund und tarifunion. Diese breite gewerkschaftliche Allianz unterstreicht die Dringlichkeit der Forderungen und die Entschlossenheit, in den Verhandlungen ein starkes Ergebnis zu erzielen.

Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll nach den Vorstellungen von ver.di zwölf Monate betragen. Dies soll sicherstellen, dass die Beschäftigten regelmäßig von den wirtschaftlichen Entwicklungen profitieren können und nicht über längere Zeiträume hinweg mit stagnierenden Löhnen konfrontiert sind.

Insgesamt steht ver.di vor einer herausfordernden Tarifrunde, in der es darum geht, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu sichern und den Beschäftigten eine angemessene Vergütung und mehr Zeitsouveränität zu bieten.

Autor/Redakteur: Arne Petrich
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