Im Zuge des starken Anstiegs der Energiepreise im Jahr 2021 informierten die Stadtwerke Jena ihre Kunden über bevorstehende Vertragsänderungen. Wie das Landgericht Gera nun entschieden hat, geschah dies jedoch in unzureichender Weise. Wesentliche Informationen, darunter ein Sonderkündigungsrecht, wurden im Kleingedruckten versteckt und waren somit schwer auffindbar. Das Gericht folgte der Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) und urteilte, dass die Stadtwerke gegen das Energiewirtschaftsgesetz verstoßen haben.
Konkret bemängelte das Gericht, dass das Sonderkündigungsrecht lediglich auf der zweiten Seite eines Schreibens klein gedruckt und zwischen hervorgehobenen Passagen untergebracht war. Dies sei leicht zu übersehen, so das Landgericht. Kunden hätten damals nur über das Internet die Möglichkeit gehabt, die geänderten Vertragsbedingungen vollständig einzusehen. Laut Fabian Tief, Referent im Team Rechtsdurchsetzung des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, sei es jedoch zwingend notwendig, dass Kunden auf einfache und verständliche Weise über Preiserhöhungen, Vertragsänderungen sowie ihre Kündigungsrechte informiert werden. Das Urteil macht deutlich, dass Transparenz und Verständlichkeit in der Kommunikation mit den Verbrauchern oberste Priorität haben müssen.
Die Klage des Verbraucherzentrale-Bundesverbands gegen die Stadtwerke Jena folgte auf eine vorhergehende Unterlassungsforderung. Während des Anstiegs der Energiepreise ab Sommer 2021 untersuchte der vzbv die Preiserhöhungen zahlreicher Energieversorger und stellte fest, dass viele Anbieter ihren Informationspflichten nicht ausreichend nachkamen. Zwischen Oktober 2021 und April 2022 analysierte der Verband über 180 Schreiben von rund 70 Energieanbietern. Bei einigen dieser Schreiben stellten die Verbraucherschützer Verstöße gegen die gesetzlichen Vorgaben fest, was in mehreren Unterlassungsforderungen resultierte.
Die Stadtwerke Jena gaben jedoch keine Unterlassungserklärung ab, woraufhin der vzbv rechtliche Schritte einleitete. Mit dem Urteil des Landgerichts Gera wurde nun klargestellt, dass die Stadtwerke ihren Informationspflichten nicht in angemessener Weise nachgekommen sind. Kunden hätten ein Recht darauf, umfassend und klar verständlich über alle relevanten Vertragsänderungen und Preiserhöhungen informiert zu werden. Dies umfasst auch das deutlich sichtbare Hinweisen auf ein etwaiges Sonderkündigungsrecht.
Das Urteil hat nicht nur für die Stadtwerke Jena, sondern auch für andere Energieversorger Signalwirkung. Es zeigt, dass Unternehmen ihren Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern konsequent und transparent nachkommen müssen. Für die Verbraucher bedeutet dies, dass sie in Zukunft besser über Vertragsänderungen informiert werden und ihre Rechte klarer und verständlicher dargestellt bekommen sollten. Der Fall der Stadtwerke Jena verdeutlicht, dass die Überwachung durch Verbraucherschutzorganisationen eine wichtige Rolle dabei spielt, Verbraucherinteressen zu wahren und Missstände im Umgang mit Kundeninformationen aufzudecken.
Datum der Urteilsverkündung: 16.07.2024
Aktenzeichen: 2 O 881/22
Gericht: Landgericht Gera – nicht rechtskräftig